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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Brust zu spüren.
    Hernando erreichte das Feldlager, wo er zu Barrax’ Zelt ging. Er musste keine sonderlichen Vorsichtsmaßnahmen treffen: Nur ein einziger Barbareske hielt Wache und versuchte vergeblich, sich mit Schlägen an den Kopf wach zu halten. Die übrigen Männer schliefen sich nach dem rauschenden Fest neben den Lagerfeuern aus. Wo sollte er Fatima und seine Mutter suchen? Er ließ den Blick über das Gelände schweifen und sah … Nein! Ein Schmerz durchzuckte seinen Körper. Er sackte zusammen und fiel auf die Knie, dann musste er sich übergeben. Gleich darauf überwältigte ihn der Brechreiz noch einmal und danach noch ein drittes und viertes Mal. Schließlich sah er wieder zu Barrax’ Zelt: Auf dem Pfosten am Eingang, an dem die beiden Waffen gehangen hatten, steckte jetzt Jusufs Kopf. Nase und Ohren waren abgerissen und unter den Kopf genagelt. Zuerst ein Ohr, dann das andere und schließlich das, was von Jusufs Nase übrig war. Hernando wurde erneut vom Brechreiz erfasst, aber er konnte den Blick einfach nicht abwenden. Wie oft hatte Barrax damit gedroht! Natürlich hatten sie dem Jungen die Schuld für seine Flucht gegeben. Zudem fehlte ja auch noch die Alte … Jusuf hatte schließlich die Maultiere versorgt. Hernando hielt nach Ubaid Ausschau, konnte ihn aber nirgends entdecken. Bestimmt war der Maultiertreiber so schlau gewesen und war geflohen. Er sah noch einmal zu den Überresten von Jusuf. Dann stand er langsam auf und zog den Krummsäbel.
    Mit äußerster Vorsicht schlich er am Rand der Schlucht entlang, bis er sich hinter den einzigen wachhabenden Barbaresken stellen konnte.
    »Dein alter Krummsäbel wird dir nichts nützen! Du hast nicht genug Kraft, um ihn richtig zu führen«, hatte der Janitschar damals in Ugíjar gesagt.
    Wenn er jetzt versagte, fiel er Barrax erneut in die Hände. Hernando umklammerte konzentriert den Griff und spannte alle Muskeln an, dann schlug er dem wachhabenden Soldaten mit aller Kraft den Krummsäbel in den Nacken. Der Mann sackte zu Boden. Dann ging Hernando zwischen den Zelten und Verschlägen hindurch, ohne die schlafenden Barbaresken weiter zu beachten. Mit verkniffenem Gesicht, angespannten Muskeln und starrem Blick steuerte er geradewegs auf das Zelt des Korsarenanführers zu. Er schob die Plane zur Seite und ging hinein. Barrax schlief auf einem Strohsack. Hernando ließ seinen Augen Zeit, sich an das Zwielicht zu gewöhnen, und trat dann zu ihm. Er hob den Krummsäbel über den Kopf. Seine Finger schmerzten, die Muskeln an Armen und Rücken waren zum Zerreißen gespannt. Da lag er! Völlig wehrlos! Barrax’ Hals war noch dicker als der des Wachpostens, den er nicht vollständig hatte durchtrennen können. Er wollte gerade zum Schlag ausholen, als ihm etwas einfiel. Warum eigentlich nicht? Der Korsar sollte sehen, wer seinem Leben ein Ende bereitete! Das war er Jusuf schuldig! Er stieß Barrax mit einer Fußspitze hart in die Rippen. Der Korsarenanführer murmelte etwas, drehte sich um und schlief weiter. Daraufhin versetzte Hernando ihm einen heftigen Fußtritt in die Seite. Barrax richtete sich verwirrt auf, und Hernando gewährte ihm einige Augenblicke, um sich zu orientieren. Genügend Zeit, um ihn zu erkennen, genügend Zeit, um den Krummsäbel zu sehen. Der Korsar wollte gerade losschreien, als der Säbel auf seinen Hals zuschnellte. Mit einem einzigen Hieb war Barrax enthauptet.
    Hernando lief nun als Türke verkleidet durchs Lager. Er hatte sich die Sachen angezogen, die er im Zelt vorfand: einen Turban, der sein Gesicht zur Hälfte verdeckte, eine weite Pluderhose und eine Marlota, die bis zu den Knöcheln reichte. Die Eisenfesseln hatte er mit Seidentüchern umwickelt und unter dem Hosensaum verborgen. Am Gürtel trug er neben Hamids Waffe einige Dolche und eine kleine Arkebuse. In der rechten Hand hielt er einen Beutel – darin lag der abgetrennte Kopf des Korsarenanführers. Hernando fragte sich zu Ibrahims Zelt durch, zückte den Krummsäbel und trat ohne zu zögern ein. Diesmal würde ihn Aischas Flehen nicht davon abhalten, seinen Stiefvater zu … Aber die Unterkunft war vollkommen leer. Er ließ die Waffe gerade sinken, als ihn ein Geräusch hinter sich zusammenzucken ließ.
    »Was hast du hier zu suchen?«, fragte Aischa.
    Im Eingang stand seine Mutter. Hernando schob den Turban zur Seite.
    »Mein Sohn!« Aischa machte einige Schritte auf ihn zu, aber zum ersten Mal wich Hernando ihrer Umarmung aus.
    »Wo ist Ibrahim?«, fragte er

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