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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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würde nicht aufgeben, das wusste er plötzlich. Aber wenn er jetzt mit Fatima und seiner Mutter floh und sie sich zusammen ergaben, könnten sie diesen Albtraum vielleicht beenden.
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagte der Adlige.
    »In der Dunkelheit bin ich ohnehin keine große Hilfe für dich. Du brauchst nur die Alte. Ich muss jetzt meine Mutter suchen … und die Frau, die ich liebe! Verstehst du? Ich kann nicht zulassen, dass ihr sie umbringt oder zu Sklavinnen macht.«
    Von diesem Entschluss angetrieben, wollte er durch den Bach waten, aber er stolperte und fiel ins Wasser. Er hatte seine Fußfesseln vollkommen vergessen.
    »Dein Entschluss ehrt dich«, sagte der Christ anerkennend und deutete zum Ufer. »Komm!«
    »Was hast du vor?«
    »Meine Stahlklinge aus Toledo hat bislang noch jedes maurische Eisen durchschlagen«, antwortete der Ritter und bedeutete Hernando, die Kette seiner Fußfesseln auf einen kleinen Felsen zu legen.
    Hernando sah, wie er mit beiden Händen den Griff des Schwertes umfasste. Selbst im Dämmerlicht konnte er das schmerzverzerrte Gesicht erkennen, als der Mann ausholte.
    »Bei den Nägeln des Kreuzes Christi!«, rief der Adlige.
    Kleine Funken stoben beim Schlag gegen die Eisenfessel und den Felsen auf, und Hernandos Füße waren frei. Doch das metallische Geräusch vermengte sich mit dem Stimmengewirr über ihren Köpfen. Man hatte ihre Flucht entdeckt! Der Christ stützte sich schwer atmend auf sein Schwert.
    »Flieh!«, keuchte Hernando erschrocken. Der andere gab keine Antwort. Hernando schob einen Arm unter seine Achseln und zerrte ihn zur Alten. Er legte ihn quer über das Maultier, löste einen Riemen und band den Ritter damit fest.
    »Du musst ihr vertrauen«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Wenn du merkst, dass sie anhält, sag ihr, dass sie nach Juviles gehen soll.« Die Alte spitzte die Ohren. »Denk daran, nach Juviles. Alte, es geht nach Juviles! Nach Juviles!« Er trieb sie mit einem Stoß in die Flanke an. Dann sah er ihr einen Moment hinterher, wie sie den Bach hinabtrottete.
    Hernando versteckte sich zwischen dichtem Buschwerk, während Barrax’ Männer ihn ohne allzu großen Eifer suchten. Sie leuchteten mit ihren Fackeln mal hierhin, mal dorthin. Über ihnen dröhnte die Stimme des Korsarenanführers. Mehrere Barbaresken wateten im Bachbett umher, kehrten aber bald wieder zurück. Am nächsten Tag würden sie ohnehin nach Algier aufbrechen. Sie hatten seit ihrer Landung an der Küste von al-Andalus reiche Beute gemacht. Was kümmerte es sie also, ob Barrax seinen Gefangenen verloren hatte …
    Hernando harrte die Hälfte der Nacht in seinem Versteck aus. Dann erst entschied er, dem Trampelpfad zu folgen, den die Barbaresken bei ihrer Suche gebahnt hatten. Mit den Riemen band er die losen Enden der Ketten oberhalb der Fußfesseln fest. Sie scheuerten, und bestimmt würden sie ihm bald die Knöchel aufschürfen.
    Während er durch die Schlucht zurück zum Lager schlich, konnte er bald die Musik des Abschiedsfests hören. Viele Korsaren und Barbaresken hatten sich wie Barrax zur Heimkehr entschieden und feierten ihre letzte Nacht in al-Andalus. Die Morisken ihrerseits würden sich morgen Don Juan de Austria ergeben. Manche flüsterten es heimlich, andere sprachen darüber vor den Augen der muslimischen Soldaten. Selbst der kleine Jusuf hatte Hernando sein Vorhaben gestanden. Er hatte sich eine ausgediente Armbrust besorgt, mit der er – wie in Don Juans Erlass gefordert – zu dessen Feldlager gehen wollte. Er war zwar noch keine vierzehn Jahre alt, aber er musste dort trotzdem wie ein Soldat auftreten, hatte er stolz gesagt.
    Hernando konnte sich bei diesen Worten ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Ich …«, stammelte Jusuf, der nicht wagte, Hernando ins Gesicht zu sehen, »ich …«
    »Sag schon.«
    »Findest du das richtig? Kann ich das machen?«
    Da wandte Hernando seinen Blick ab. Ihm versagte die Stimme, und er musste sich mehrmals räuspern, ehe er antworten konnte.
    »Du musst mich nicht um Erlaubnis bitten, du …«, sagte er noch und musste sich wieder räuspern, »du bist frei, und du bist mir wirklich nichts schuldig. Ich bin derjenige, der dir zu Dank verpflichtet ist.«
    »Aber …«
    »Möge Allah dir beistehen, Jusuf. Geh in Frieden.«
    Jusuf war auf Hernando zugegangen, um ihm die Hand zu reichen, hatte sich ihm am Ende aber doch in die Arme geworfen. Selbst jetzt noch, hier in der Schlucht, meinte Hernando den aufgeregten Herzschlag des Jungen an seiner

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