Die Pferde vom Friesenhof 01 - Start mit Hindernissen
übernehmen.
»Verkauf sie doch, Mädchen«, schlug er vor, krempelte die Ärmel seiner Arbeitsjacke hoch und ließ den Motor wieder an. »Was soll das denn - Pferde, auf denen niemand reitet. Ist doch reine Geldverschwendung.«
Er zuckelte mit seinem Traktor davon.
Bei der Rückfahrt von Sanderhörn über den Deich radelte Emma einsilbig hinter Lea her. Wenn Bauer Bosse nun ihren Eltern empfehlen würde, die Shettys zu verkaufen? Das wäre entsetzlich - Herkules und Helena waren doch ihre einzigen Freunde. Emma war bedrückt. Sie lebte erst wieder auf, als Lea sie mit auf den Friesenhof nahm.
»Ich muss dir unbedingt Rambo und Zorro zeigen.« Darauf bestand Lea. »Damit du weißt, wie gesunde Shettys aussehen.«
Klara nahm die schüchterne Emma freundlich auf und erlaubte ihr, zu den Shettys in die Box zu gehen. Während Emma mit Rambo schmuste, nahm Lea ihre
Schwester Klara beiseite und erzählte ihr, was sie sich ausgedacht hatte: Emmas Eltern sollten überredet werden, die beiden Shettys auf den Friesenhof zu bringen. Klara fand das gar nicht gut. »Erstens will Papa keine fremden Pferde, weil er alle Boxen für Schulpferde braucht«, sagte sie. »Zweitens setzt du Emma nur einen Floh ins Ohr. Du weißt doch, dass die Westerbüller uns schlecht machen. Wenn der Reiterhof nicht läuft, müsste Emma mit ihren Shettys wieder weg. Ich würde erst mal abwarten, was Jette Jacobs im Wattenkrug herausbekommt. Was die Leute gegen uns haben.«
»Du mit deinen Bedenken, du bist genauso schlimm wie Emmas Mutter«, sagte Lea heftig.
Jetzt schlägt es dreizehn!
Während Lea und Emma aus Sanderhörn heimfuhren, zerbrach sich Jette Jacobs den Kopf, wie sie unauffällig im Wattenkrug die Gäste belauschen könnte.
Zweimal hatte Jette es schon versucht, doch jedes Mal hatten die Westerbüller aufgehört zu reden, wenn sie in die Nähe kam. Ein Verdacht keimte aber bereits in Jette: Alle bösen Gerüchte über den Friesenhof kamen aus einer Quelle - von Leif Harding.
Für diesen Abend legte sich Jette einen Plan zurecht, sich in der Gaststube aufzuhalten, ohne dass ihr Vater misstrauisch wurde. Kurz vor sechs Uhr bewaffnete sie sich mit einem Putztuch und wuselte in der Gastwirtschaft herum. Jette wischte Regale ab, schob Stühle zurecht, rückte die Salzstreuer in die Mitte der Tische. »Brauchst du Taschengeld oder woher kommt deine plötzliche Arbeitswut?« Uwe Jacobs blickte vom Tresen hoch, wo er die blanke Abtropfplatte unterm Zapfhahn polierte.
»Sind doch Ferien, Papa«, zwitscherte Jette. »Ich will dir einfach helfen.«
Sie stand vor der Wand mit den blau-weiß bemalten Friesenkacheln. Ihr Vater war mächtig stolz auf diese Wand, denn die Prachtfliesen waren wertvolle Sammlerstücke.
»Die schönen Kacheln müssten mal wieder auf Hochglanz gebracht werden.«
Jette zog einen Stuhl vor die Wand, stieg hinauf und begann, die erste von ungefähr zweihundert Kacheln abzuwischen. Wenn sie in diesem Tempo weitermachte, rechnete sie sich aus, konnte sie sich gut und gerne zwei Stunden damit aufhalten.
Mit hochgezogenen Augenbrauen verfolgte ihr Vater den Frühjahrsputz. »Eigentlich eine gute Idee, Jette«, sagte er, während er das Poliertuch über den silbernen Zapfhahn hin und her zog. »Aber du kannst nicht putzen, wenn gleich die Gäste kommen. Mach morgen früh weiter.«
Jette biss sich auf die Lippen. Wenn sie jetzt Einspruch einlegte, würde ihr Vater nur misstrauisch, und das war das Letzte, was sie gebrauchen konnte.
Sie sah sich in der Gaststube um. Gab es keinen anderen Grund zu bleiben? Jette sprang vom Stuhl und schlenderte an den Wellensittichen vorbei. Der hohe Käfig hing nur vorübergehend hier, weil ihr Zimmer umgebaut wurde. Seit zwei Wochen war zwar alles fertig, aber ihr Vater wollte die Vögel gern behalten, weil sich die Gäste über die Sprechkünste amüsierten. Mit dem Zeigefinger spielte Jette an den Stäben. Kiwi, der grüne Sittich, hüpfte neugierig heran.
»Moinmoinmoinmoin«, plapperte Kiwi munter drauflos. »Fünfklarä, Uwä.«
Der blaue Wellensittich, er hieß Emu, blieb hinten auf der Stange sitzen. Jette sah genauer hin. Emu sperrte den Schnabel auf und atmete schwer. Richtig armselig sah er aus.
»Emu ist krank, glaube ich«, sagte Jette. Dabei kam ihr eine neue Eingebung. Jetzt konnte sie testen, ob ihr Vater etwas gegen Familie Eichhorn hatte.
»Auf dem Friesenhof wohnt doch der neue Tierarzt. Da bringe ich Emu hin, gleich morgen.«
Aus dem Augenwinkel
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