Die Pferde vom Friesenhof 01 - Start mit Hindernissen
nie heraus, was gegen den Reiterhof läuft.
Glücklicherweise rief Uwe Jacobs von der Theke herüber: »Dummes Zeug, Ingwer! Die Uhr ist in Ordnung.« Ingwer Ingwersen ließ sich zurück auf den Stuhl fallen. Nicht weil er überzeugt war, sondern weil gerade sein Krabbenbrot serviert wurde.
Bevor Nelly Ingwersen erschien, um ihre Freundin aus dem Uhrenkasten zu befreien, kam doch noch der Friesenhof zur Sprache. Fast hätte Jette den entscheidenden Wortwechsel verpasst. Bei dem Gerede über Dämme und Deiche hatte sie schon abgeschaltet. Doch als der Name Eichhorn fiel, war sie sofort hellwach.
Gespannt öffnete sie die Uhrentür einen Spalt. Sie durfte kein Wort verpassen. Die Zukunft des Friesenhofs stand auf dem Spiel. Für sie, für Jette und ihre Freundinnen, ging es darum, ob sie reiten konnten oder ob der Reiterhof wieder verschwinden würde.
Jette traute ihren Ohren nicht. Sie mochte kaum glauben, was sie hörte: Offensichtlich zog Leif Harding durch Westerbüll und brachte die Leute gegen die Tierarztfamilie auf. Gerade behauptete er: »Die Eichhorns aus Hamburg haben Otto Tönnies regelrecht betrogen.« Harding erzählte noch mehr haarsträubende Geschichten - zum Beispiel über das Doping von Rennpferden, das angeblich auf Dr. Eichhorns Konto ging. Dass die Anschuldigungen von vorne bis hinten erfunden waren, ahnte niemand am Tisch.
»Dieser Familie Eichhorn kann man nur das Handwerk legen«, predigte Leif Harding, »wenn alle seine Tierarztpraxis meiden. Und wenn ihr eure Kinder nicht auf den Reiterhof lasst. Die Eichhorns dürfen hier kein Geld verdienen.«
Angespannt lauschte Jette. Alles begriff sie nicht. Ob Hardings Behauptungen stimmten, wusste sie auch nicht. Aber eins spürte sie: Der hagere, verbitterte Mann war besessen von der Idee, Familie Eichhorn zu schaden. Mit aller Macht wollte Leif Harding verhindern, dass der Friesenhof Erfolg hatte.
Eine geniale Idee
Zum fünfundzwanzigsten Mal an diesem Morgen trat Meike Eichhorn ans Fenster ihrer Tierarztpraxis und blickte den Leuchtturmweg hinunter. Keine Menschenseele zeigte sich. Was sie sah, waren die Köpfe von Magic und Luna, die aus ihren Boxen guckten und Heu kauten. Weiter hinten war Klara damit beschäftigt, Striegel und Wurzelbürsten zu waschen, die sie zum Trocknen auf den Weg legte.
Frau Eichhorn setzte sie sich vor ihren Computer und rief die neue Patientenkartei auf. Die war auch leer, genauso leer wie der Leuchtturmweg.
Seufzend griff Meike Eichhorn zur Zeitung. Die Husu- mer Nachrichten lagen aufgeschlagen neben dem Bildschirm. Sie überflog ihre Anzeige. Stimmte die Adresse nicht? Sie las Wort für Wort: »Heute eröffnet auf dem Friesenhof in Westerbüll die Tierarztpraxis Dr. Eichhorn. Wir behandeln Klein- und Großtiere und freuen uns auf Ihren Besuch. Meike und Markus Eichhorn, Leuchtturmweg 83.«
Alles richtig. Meike Eichhorn sah auf die Uhr. Schon fast zwölf Uhr mittags und noch immer kein Patient in Sicht. Drei duftende Blumensträuße standen auf der Fensterbank, Geschenke von Tiermedizinfirmen zur Eröffnung der Praxis. Aber kein Willkommensgruß von ihren Westerbüller Nachbarn war dabei.
Irgendetwas läuft hier schief, grübelte Frau Eichhorn. Wenn sie an ihre Hamburger Praxis dachte! Morgen für Morgen war das Wartezimmer überfüllt gewesen. Schon vor neun Uhr traten sich die kranken Hunde gegenseitig auf die Pfoten, so voll war es.
Frau Eichhorn schüttelte den Kopf und ging zum sechsundzwanzigsten Mal ans Fenster. In Westerbüll musste es doch kranke Katzen, Hunde und Vögel geben!
Das bange Gefühl, das sie schon seit einer Stunde beschlich, wurde stärker. Was wäre, wenn die Praxis nicht nur heute leer bliebe, sondern auch in den nächsten Wochen und Monaten? Wovon sollten sie leben?
Meike Eichhorn lehnte die Stirn an die kühle Glasscheibe und rechnete in Gedanken. Sicher, bisher gab es noch das Einkommen ihres Mannes. Markus Eichhorn verarztete Großtiere - Kühe, Schweine und Pferde. Aber sobald der Reiterhof fertig war, würde er nur noch Reitunterricht geben. Der Ferienreiterhof musste ein Erfolg werden. Was sollte sonst mit den Pferden geschehen? An Lea und Klara mochte Frau Eichhorn gar nicht denken. Wenn weder Praxis noch Reiterhof erfolgreich würden, müssten sie wieder umziehen. Und die Schule wechseln. Ein Albtraum.
Unwillig schüttelte Frau Eichhorn ihre düsteren Gedanken ab und starrte auf den Leuchtturmweg. Zum siebenundzwanzigsten Mal. Und diesmal sah sie etwas ...
Ein
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