Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
Vom Netzwerk:
gesehen?«
    »Klingt albern, was? Ich war wohl wütend auf sie. Aber sie hat mir geschrieben, und ich hab ihre Briefe gelesen und aufgehoben. Und weil sie geschrieben hat und ich gelesen habe, gab es noch eine Verbindung. Meistens hat sie von ihrer Arbeit erzählt. Nie irgendwas Persönliches, das wäre zu gefährlich gewesen. Ich wusste, dass es ab und zu auch Männer gab, aber solange sie schrieb, hat das keine Rolle gespielt.«
    »Weil du sie noch geliebt hast.«
    »Nein.« Meine Stimme klang wieder fest. »Das hat sich irgendwie verflüchtigt. Aber sie war außer mir der einzige Mensch, der sich an Celeste erinnert. Und das war das Entscheidende.«
    Katya wandte den Blick ab. Wieder schwiegen wir einen Moment, dann sagte ich: »Ich wollte nicht verheimlichen, dass ich mit Gabriella verheiratet bin. Es war einfach nicht wichtig. Ich weiß, es klingt dumm, aber ich fange an zu vergessen.«
    Katya schaute aus dem Fenster. Ich glaubte, sie würde nicht antworten, doch dann drehte sie sich wieder um und drückte meine Hand.
    »Okay«, sagte sie.
    Danach redeten wir nicht mehr viel, aber Katyas Hand blieb in meiner. Und als das Schweigen beendet war, standen wir auf und machten uns auf die Jagd nach dem Ulieta-Vogel.
     
     
    Die Schwangerschaft war ihr willkommen. Schon in den ersten Monaten, noch ehe man etwas sah, ehe Banks nach Nordwales aufbrach, spürte sie in ihrem Innern eine Wärme, als wäre das Leben, das sich dort regte, bereits Teil ihrer Zukunft. Sie fühlte sich lebendiger als zuvor, und ihr Körper schien ein neues Gleichgewicht, eine neue Harmonie zu finden. Die Sammlung der Aquarelle, die nach ihren Skizzen aus Madeira entstanden, wuchs rasch. Sie wusste, dass sie in diesem Sommer fertig werden musste, und sie malte mit einer Leidenschaft, die selbst in den kleinsten Details ihrer Bilder nur als schimmernde Frische zutage trat. Sie arbeitete vom frühen Morgen bis zur Hitze des Nachmittags, oft nur im Nachtgewand, manchmal mit einer Jacke von Banks um die Schultern, deren Ärmel an ihren Seiten herabhingen. Wurde die Hitze unerträglich, ruhte sie im Dämmer des Salons. Oft fand Martha sie bei spaltbreit geöffneten Läden am Fenster stehend, wo sie auf das Gewühl der Menschen hinabsah, um die Lippen ein ruhiges, zufriedenes Lächeln.
    Wenn der Abend die Hitze langsam aus den Straßen vertrieb, nahm sie ihre Arbeit wieder auf, mit einem Gefühl der Freiheit im Herzen, wie sie es nie zuvor gekannt hatte. Als Banks nach Wales abreiste, erschien ihr Leben ihr darum nicht weniger erfüllt. Seine Abwesenheit war eine Erleichterung, eine Gelegenheit, ungestört zu arbeiten. Sie hatte sehr bald bemerkt, wie die Neuigkeit auf ihn wirkte. Sie hatte sein Staunen gesehen, hatte ihn von Stolz und Begeisterung bewegt erlebt. Und sie hatte diese Regungen verblassen sehen, als sie abzuwägen begann, was all dies bedeutete und wie sich die Dinge ändern würden. Sie hatte den Forscher mit dem Politiker in ihm kämpfen sehen.
    Dieser Konflikt schmerzte sie mehr um seinet- als um ihrer selbst willen. Ihr machte er manches leichter. Seine Abreise nach Wales war Bestätigung und Erlösung gleichermaßen.
    Und dann war da Fabricius. Kurz nachdem sie eingezogen war, erschien er zum ersten Mal in der Orchard Street, ein blasser, schüchterner, etwas ernster junger Mann. Sie spürte, dass er widerstrebend und nur auf Banks’ Drängen gekommen war. Anfangs ganz auf Banks konzentriert, schien er nicht geneigt, Notiz von ihr zu nehmen; sein Interesse galt offenbar einzig der Taxonomie der Insekten. Eines Nachmittags aber kam er in die Orchard Street, weil er Banks suchte, und fand nur sie vor. Sie malte, und ihr Haar fiel offen auf ihre Schultern herab. Er wollte sich wieder empfehlen, doch seine Verlegenheit belustigte sie, und sie bestand darauf, dass er wartete. Sie hieß ihn in einem Sessel Platz nehmen, und während sie ihre Arbeit fortsetzte, stellte sie ihm Fragen, die ihn zum Reden nötigten. Er antwortete bedachtsam und präzise, wurde nach und nach lebhafter und stellte überrascht fest, dass die schlanke Frau vor ihm Grundkenntnisse der Anatomie der Insekten besaß und auch viel über das Linnésche System wusste. Da sie mit dem Rücken zu ihm stand, löste sich seine Befangenheit, und er begann ausführlich zu erzählen: von seinem Leben in Dänemark, seinen Hoffnungen und Zielen. Als Banks kam, geriet er in Verwirrung, und die Förmlichkeit, mit der er sich verabschiedete, entlockte ihr ein Lächeln.
    Von da an

Weitere Kostenlose Bücher