Die Pflanzenmalerin
kam er öfter, stets nachmittags, wenn die Hitze ihnen beiden das Arbeiten erschwerte. Gewöhnlich fand er sie allein; Banks war um diese Tageszeit selten anwesend. Als er nach Wales abreiste, wurde Fabricius ihr einziger Besucher.
Anfangs amüsierte sie die Anhänglichkeit des Dänen, und seine Schüchternheit machte sie übermütig. Er hielt sich ein wenig linkisch im Hintergrund, während sie malte, und sie neckte ihn mit persönlichen Fragen und musste in sich hineinlächeln, wenn er zu antworten versuchte. Mit der Zeit aber empfand sie seine Anwesenheit als beruhigend, und bald waren seine Besuche fester Bestandteil ihres Tagesablaufs. Auf ein Detail an einem Blatt oder den getreuen Farbton einer Blüte konzentriert, hörte sie nur mit halbem Ohr zu, wenn er von seinen Studien berichtete, doch sie ertappte sich dabei, dass sie schon auf sein Kommen lauschte.
Ihre Arbeit faszinierte ihn. Als er der Geliebten des berühmten Joseph Banks vorgestellt wurde, hatte er wohl überlegte Koketterie, etwas schelmisch Weibliches und routiniert Verführerisches erwartet. Was er aber auf ihrer Staffelei sah, setzte ihn in Erstaunen. Er hatte Werke von Parkinson und Mason gesehen, von allen Pflanzenmalern der Zeit, doch ihre Arbeit hob sich von ihnen ab. Ihre Motive schienen zu leben, es war, als wüchsen sie noch, würden vom Wind bewegt oder vom Tau erquickt. Er schaute ihr beim Malen zu - ihr Leib nun schon gewölbt, das schmale Gesicht in konzentrierte Falten gelegt -, und was er sah, berührte ihn tief. Der Juni ging vorüber, der Juli kam, und seine Besuche wurden länger.
Bald lachten sie auch zusammen, zögernd erst, dann öfter und selbstverständlicher. Eine gewisse Ungezwungenheit stellte sich zwischen ihnen ein. Sie begann, ihn beim Vornamen zu nennen, und wenn er sich abends empfahl, verspürte er keine Lust mehr, sich seinen Studien zu widmen.
Eines Tages, als er ihr Werk bewunderte, wandte sie sich zu ihm um. »Wissen Sie, dass dies das letzte Bild ist?«, fragte sie. »Dann ist die Arbeit aus Madeira vollständig.«
»Das war mir nicht bewusst«, antwortete er ernst, den Blick noch auf das Bild gerichtet. »Es sind hervorragende Arbeiten. Sie werden eine Zierde für die Sammlung botanischer Bilder sein, die Mr. Banks anlegt.«
Sie sah ihn aufmerksam an und schüttelte dann den Kopf. »Darüber haben wir nie gesprochen«, sagte sie.
»Aber ich nehme es doch an? Wo sonst sollten sie ausgestellt werden? Und das müssen sie unbedingt.«
Sie begann, ihre Pinsel wegzuräumen, mit dem Rücken zu ihm, sodass er ihr Gesicht nicht sah.
»Sagen Sie, Johann, haben Sie einmal von einem Franzosen namens Martin gehört? Er hält sich häufig in London auf.«
»Ich habe Monsieur Martin kennen gelernt. Er ist auch dieser Tage hier.«
»Ich habe ihn ebenfalls kennen gelernt. Joseph hat ihn einmal hierher mitgebracht.«
»Was ist mit ihm?« Es klang schroff und argwöhnisch.
»Das weiß ich noch nicht.« Sie fuhr fort, ihre Sachen aufzuräumen.
Von diesem Tag an empfand Fabricius ein Unbehagen, das die Zeit, die er mit ihr verbrachte, trübte. Der Sommer strebte noch seinem Höhepunkt zu, in ihm aber lebte nun die Ahnung eines bevorstehenden Endes. Banks würde bald aus Wales zurückkehren, und die Gefährtin dieses Sommers beendete ihre Arbeit. Sie war im siebten Monat. Bald würde sie Mutter und Banks würde Vater sein. Er aber würde nach Dänemark und zu seinen Studien zurückkehren.
Bevor er sie an diesem Tag verließ, beschloss er zu sprechen. Um die Zeit, da er sich sonst verabschiedete, saßen sie still im Dämmer des Salons, hoch über der Straße. Die Läden waren der Hitze wegen geschlossen. Statt nun aufzustehen und Lebewohl zu sagen, zog er das Gespräch zögernd in die Länge. Ihre Hand lag auf dem Polster, zart und anmutig neben seiner. Schließlich, mehr einem Impuls folgend denn mit Vorbedacht, ergriff er sie, gröber, als er es wollte.
»Ich muss es wissen«, sagte er nur. »Wenn Ihr Kind geboren ist, was wird dann geschehen?«
Sanft entzog sie ihm ihre Hand und erwiderte lächelnd seinen Blick.
»Es wird geschehen, was immer geschieht. Ich werde Mutter sein und tun, was alle Mütter tun.«
»Und Banks? Was ist mit ihm?«
»Er ist großzügig mit seinen Gefühlen. Das ist für einen Vater eine gute Eigenschaft.«
»Und werden Sie hier bleiben? In Dänemark ist es eine Sache, ob ein Mann eine Geliebte hat, und eine ganz andere, ob er unter seinesgleichen eine Familie gründet.«
Sie senkte
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