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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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fragte sie, als wir es aus der Stadt heraus geschafft hatten.
    »Noch nicht. Warte, bis uns wärmer wird. Ich bin noch dabei, alles zusammenzusetzen.«
    Sie überlegte einen Moment. »Dann erzähl mir von Gabriella.«
    »Gabriella? Das meiste weißt du ja schon.«
    »Dann erzähl mir den Rest.« Sie sah mich an. »Mir ist nicht klar, was du für sie empfindest.«
    Ich antwortete nicht gleich, sondern wartete, bis ein dicker Mercedes schneller als erwartet an uns vorbeigezischt war.
    »Ich hab selber eine Weile gebraucht, um mir darüber klar zu werden.«
    »Und?«
    Ich zögerte. »Ich musste sie wohl erst wiedersehen, um es wirklich zu begreifen. So vieles, was mir wichtig ist, hat mit ihr zu tun. Das macht das Loslassen schwierig.«
    »Möchtest du denn loslassen?«
    »Ja. Es wird Zeit.« Ich hielt den Blick weiter auf die Straße gerichtet.
    »Weil du jetzt weißt, dass sie mit Anderson zusammen ist?«
    »Nein, deswegen nicht.« Mein entschiedener Ton schien sie zu überraschen. »Ich wusste es schon vorher. Ich hatte nur Angst davor, es zu glauben.«
    Sie schaute nachdenklich auf die Straße. »Und Gabriella? Hat sie losgelassen?«
    »In gewisser Weise schon. Aber sie hat noch ihre Arbeit. Daran ändert sich nichts. Die Arbeit ist das eigentlich Wichtige für sie. Mehr als die Menschen.«
    »Klingt ganz schön hart.«
    »Das war nicht meine Absicht. Gabriella hat mich einmal wirklich geliebt, das weiß ich. Aber damals gehörte ich zu ihrer Arbeit. Als ich mich daraus zurückzog, war ich nicht mehr Teil ihrer Welt. Sie konnte nicht verstehen, dass es Gefühle gab, die mir wichtiger waren als der ganze verdammte Regenwald.«
    Katya kauerte sich unter ihrer Decke zusammen und schaute in die Nacht hinaus. Sie schien eingeschlafen zu sein. Nach und nach, Meile um Meile, wurde es wärmer im Auto.
    Wir waren über eine Stunde gefahren, als Katya sich regte, mich nach der Uhrzeit fragte und sagte, sie habe Hunger. Kurz darauf hielten wir an einem Little Chef, um zu frühstücken. Katya wartete, bis der Kaffee vor uns dampfte, dann stützte sie das Kinn in die Hand und zog die Brauen hoch. »Und?«, fragte sie und wartete.
    Wir redeten fast eine Stunde. Dann verflüssigte sich die Nacht an den Rändern, und ihre Farbe sickerte in die Felder. Als wir wieder ins Auto stiegen, hatte Katya begriffen, auf was für einen Handel ich mich an dem Abend in Lincolnshire eingelassen hatte, und sie wusste, dass mir nur noch wenige Tage blieben, um mein Versprechen einzulösen. Wir hatten beide keine Zeit zu verlieren.
    Schweigend fuhren wir weiter. Als wir London erreichten, kündigte der plötzlich dichter werdende Verkehr die Morgendämmerung an. Wir schoben uns durch das Gewühl nach Hause. Ich stellte den Motor ab, doch Katya rührte sich nicht.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Ich hab gerade an Karl Anderson gedacht. Ich glaube, seine Gefühle für Gabriella sind echt. So wie er sie anschaut.«
    Ich überlegte. »Ich weiß nicht. Ich finde nicht, dass ihr Leben und seins besonders gut zusammenpassen.«
    Katya zuckte die Schultern. »Vielleicht hat sie sich geändert. Vielleicht ist sie reif für was Neues. Vielleicht heiratet sie Karl Anderson und wird sesshaft.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Gabriella ändert sich nicht. Sie ist zu sehr mit ihrer Arbeit verwachsen.« Ich hielt inne. »Und mit Andersons Geld wird sie den Planeten vielleicht doch noch retten, wer weiß? Aber heiraten wird sie ihn nicht. Jedenfalls vorerst nicht.«
    »Wieso bist du dir da so sicher?«
    Ich sah starr geradeaus. »Weil sie im Moment noch mit mir verheiratet ist.«
     
    Ich habe mich oft gefragt, ob das Leben meines Großvaters anders verlaufen wäre, wenn er je eine Frau wirklich geliebt hätte. Was immer ihn bewogen haben mag zu heiraten - Liebe war es nicht. Die Tagebücher, die er hinterlassen hat, zeigen, wie wenig Zeit er mit seiner Frau verbrachte. Sie erklären nicht einmal, warum er sie überhaupt geheiratet hat. Es ist, als hätte er seinen Antrag eines Tages einfach hervorgesprudelt, zu beider Überraschung. Als sie schließlich Zeit fanden, sich nach dem Grund zu fragen, war es zu spät: Mein Großvater war wieder im Urwald, und ihrer beider Lebensweise hatte sich verfestigt, ohne Aussicht auf Änderung.
    Als sich mein Großvater im Kongo vom Großteil seiner Truppe trennte, war das für viele Monate die letzte Gelegenheit, Briefe abzuschicken, doch er schrieb seiner Frau nicht und ließ ihr auch sonst keine Nachricht zukommen. Er und sein

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