Die Pflanzenmalerin
durch seine Kollegen standzuhalten. Doch trotz dieser Fluchten nach Richmond nahmen seine Pläne für eine zweite Reise notgedrungen Gestalt an.
Eines Novembermorgens, fast drei Monate nach ihrer Ankunft in Richmond, wollte er sie und Mrs. Jenkins zu einem Ausflug nach Hampton Court abholen. Als er in seiner Kutsche vorfuhr, wurde er mit der Nachricht empfangen, dass Mrs. Jenkins nicht mitkommen könne. Nach kurzer Verwirrung und Verlegenheit kam man überein, dass Martha ihre Stelle einnehmen solle, und als die Kutsche am Ufer der Themse entlangrumpelte und Martha in ihrer Ecke eingeschlummert war, begann er des Langen und Breiten von seiner nächsten Reise zu sprechen.
Wie immer hatte er sie unterschätzt. Er hatte erwartet, dass sie danach fragen würde, was seine Abwesenheit für sie und das Haus in Richmond bedeuten werde, wann mit seiner Rückkehr zu rechnen sei, ja sogar, was aus ihr werden würde, sollte er nicht zurückkehren. Stattdessen aber war jeder Schritt in dem alten Schloss von Fragen nach den Einzelheiten der geplanten Expedition begleitet. Sie wollte alles wissen: unter welchem Befehl Cook segle, welcher Kurs eingeschlagen werde, was seine eigenen Hoffnungen und Ziele für die Reise seien. Sie sprachen ausführlich über die Möglichkeiten neuer Kontinente in den südlichen Breiten, über die Bedingungen, die man dort vorfinden, das Leben, das dort gedeihen mochte. Dann fragte sie ihn nach Einzelheiten der Navigation - welche Instrumente würden benutzt werden, was nehme man an Ausrüstung mit, welche Methoden der Längengradbestimmung erschienen ihm am zuverlässigsten? Mit was für einem Schiff werde man reisen - wieder mit einem Kohlenschiff? Wie hoch sei die Sterblichkeitsrate auf See, und was könne man tun, um sie zu senken? Wer würde alles mitkommen? Wer würde neu sein, wer ein alter Hase?
Als die Kutsche in Richmond langsam ausrollte, war das Gespräch noch immer in vollem Gange. Sie schaute bestürzt aus dem Fenster.
»Wir sind schon zurück? Und ich habe noch so viele Fragen!« Martha, die wieder eingenickt war, wurde entlassen, um Mrs. Jenkins Bescheid zu geben, dass man noch eine Runde durch den Park fahren und etwas später eintreffen werde. Als die Kutsche wieder anrollte, wandte sie sich ihm zu und sagte: »Eines enttäuscht mich. Ich bemerke so wenig Vorfreude an Ihnen. Wäre ich ein Mann, ich könnte von nichts anderem mehr reden.«
»Tatsächlich? Aber als wir uns in den Wäldern von Revesby kennen lernten, trennten mich nur noch wenige Wochen von einer solchen Expedition, und ich erinnere mich genau, dass wir kaum davon sprachen. Unsere Gespräche drehten sich um Flechten und Waldblumen.«
»Oh, sagen Sie nicht, Sie hätten sich nicht auf die Reise gefreut! Ein Leuchten ging damals von Ihnen aus; man spürte Ihre Vorfreude in allem, was Sie taten, sahen und sagten.«
»Und jetzt habe ich kein solches Leuchten mehr an mir?«
Ihr Blick wurde mit einem Mal weich.
»Sie haben sich verändert. Sie machen nun Ihren Weg. Damals war alles neu für Sie. Jetzt ruht eine kleine Welt auf Ihren Schultern.«
Es war eine Aufforderung, das Thema zu wechseln, doch ihre Worte weckten eine Traurigkeit in ihm, die es ihm unmöglich machte.
»Sie meinen also, ich leuchte jetzt weniger?«
Es war noch hell draußen, doch das Innere der Kutsche lag im Dämmer. Sie hätte gern seine Hand genommen und ihm gesagt, dass nichts in ihrem Leben so hell leuchte wie er. Stattdessen suchte sie nach Worten, die ihr erlaubt waren.
»Sie leuchten heute auf andere Weise«, sagte sie leise. »Sie haben weniger Zeit für das, was am realsten für Sie ist.«
»Ja«, erwiderte er nach kurzem Nachdenken. »So wird es wohl sein.«
Er betrachtete sie, blickte in ihre grünen Augen, und plötzlich sagte er unvermittelt und ohne zu überlegen: »Und ich stelle fest: Teil dessen, was am realsten ist, sind Sie.«
Sie saßen nahe beieinander, und als sie überrascht schwieg, hätte er gern ihre Wange berührt und sanft gesagt: »Es ist wahr, auch wenn es mir eben erst bewusst geworden ist.« Sie blickte in sein aufgewühltes Gesicht und dachte daran, ihm übers Haar zu streichen, ihm zu sagen, alles sei gut, sie habe es gewusst, habe es schon gewusst, als es ihm selbst noch nicht bewusst gewesen sei. Doch sie schwieg, und er wünschte, sie wären wieder in den Wäldern von Revesby, wo es so leicht gewesen wäre, sich vorzubeugen, näher zu ihren Lippen. Und als er sich nun wirklich ein klein wenig nach vorn
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