Die Pforte
herumsaß, drang Gelächter herüber. Aus dem Umstand, dass diese arroganten Schweine überhaupt ein Feuer entzündet hatten, hatte er vor drei Tagen gefolgert, dass dieser Ort nicht so schnell gefunden würde. Die ersten zwölf Stunden lang hatte er sich an die Hoffnung geklammert, dass Ellen überlebt hatte. Er und die anderen im Geräteraumhatten sie mit Nachdruck dazu gedrängt, sich in einem der Schränke zu verbergen, in denen die Hauptrechner untergebracht waren. Sie hatte sich erst gesträubt, wollte das Schicksal der übrigen Insassen teilen, und hatte erst nachgegeben, als die Quads vor dem Flugzeug haltmachten. Wäre sie auf diese Weise verschont worden, hätte sie warten können, bis die Angreifer fort waren, und dann Hilfe rufen können.
Aber nachdem alle, bis auf ihn und Paige, exekutiert worden waren, hatten die Feinde im Geräteraum ein Magazin nach dem anderen leer geschossen, bis die gesamte technische Ausrüstung restlos zerstört war. Er hatte gesehen, wie der Schrank, in dem Ellen verborgen lag, von vier Schüssen durchlöchert wurde. Dass sie das überlebt hatte, war äußerst unwahrscheinlich.
Nach einem Tag, als Paige bereits acht Runden Folter über sich hatte ergehen lassen müssen, war Peters innerer Widerstand zu einem dünnen Fädchen geschrumpft. Einzig das zornige Drängen in den Augen seiner Tochter, die ihm zu verstehen gab, dass sie ihn hassen würde, falls er nachgab, hatte dafür gesorgt, dass er weiter stumm blieb.
All diese entsetzlichen Stunden später hatte sie sich ihre innere Stärke nach wie vor bewahrt.
Seine aber war nun endgültig dahin.
Es war an der Zeit.
Zwischen den Kiefern am Rande des Lagers brachte Travis zwei der M1 6-Gewehre aus dem Waffenschrank in Stellung. Ein weiteres trug er um die Schulter gehängt, und das letzte hielt er in der Hand.
Fünfzehn Meter von ihm entfernt ging der Mann mitdem Bärtchen weiter seinem grausigen Handwerk nach. Von seinem Standort aus konnte Travis den zweiten Gefangenen sehen, einen älteren Mann, der an einen Baum unweit der jungen Frau gefesselt war. Der Ausdruck von Schmerz und Verzweiflung auf seinem Gesicht war unbeschreiblich.
Drei Meter neben dem Folterknecht saßen vier der anderen Männer um ein Feuer herum, das sie sorgsam schürten, damit es nicht qualmte. Eigentlich war es eher eine glimmende Glut, auf die sie laufend Stöckchen nachlegten. Einer der Männer brutzelte ein Stück Fleisch darüber. Anscheinend wollten diese vier von der Folter so wenig wie möglich mitbekommen, sie unterhielten sich lautstark – in welcher Sprache, vermochte Travis nicht zu bestimmen –, um so die gedämpften Schreie der jungen Frau zu übertönen.
Die beiden anderen Feinde saßen vor dem Foltertisch, als würden sie einer Theatervorstellung beiwohnen.
Travis ging in die Hocke, bereit, sofort in Aktion zu treten. Es würde jetzt jeden Moment losgehen. Für den Weg von seinem Beobachtungsposten hierher hatte er zwanzig Minuten gebraucht und bei jedem Schritt inständig gehofft, dass er sich, was die Geschwindigkeit des hinabtröpfelnden Wassers oder den Widerstand des Gewehrabzugs betraf, nicht verschätzt hatte.
Jetzt spielte das keine Rolle mehr. Er war bereit.
Die vier am Lagerfeuer würde er sich als Erstes vornehmen. Je nachdem, wie rasch sie auseinandersprangen, könnte er sie vielleicht mit einer einzigen Salve erledigen. Danach würde er von Automatik auf Einzelfeuer schalten – sein Daumen ruhte bereits am Wählhebel – und bei den drei anderen, die sich in der Nähe der Gefangenenaufhielten, sorgfältiger zielen. Bis dahin wäre er längst in das Lager gestürmt und könnte aus nächster Nähe auf sie feuern.
Er atmete ganz ruhig. Seine Hände waren trocken. Nun konnte es jederzeit losgehen.
Und da sagte der ältere Mann, der an den Baum gefesselt war: «Stopp.»
7
Der Mann mit dem Bärtchen schaltete das Gerät in seiner Hand aus, entfernte es aber nicht aus dem Arm der jungen Frau. Nachdem das Surren verstummt war, war in der Lichtung nur noch ihr leises Weinen zu hören, außerdem ab und zu ein Knacken vom Lagerfeuer.
Travis konnte ihre Augen nicht sehen, aber der Mann ihr gegenüber – sicherlich ihr Vater – wirkte verzweifelter denn je. Er flüsterte ihr etwas zu, allem Augenschein nach «Es tut mir leid», und dann noch «Ich liebe dich», was er dreimal wiederholte, während ihm jetzt die Tränen aus den Augen strömten.
Dann schaute er schließlich den Folterknecht an.
«Reden Sie»,
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