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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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bereits nach dem zweiten an seiner Schulter, als er ihn auch schon sah.
    Der Mann lag nicht mehr am Boden. Er stand aufrecht da. Hatte zwar immer noch kein Gewehr in der Hand, zog aber jetzt eine 9-mm -Pistole aus der Innentasche seiner Jacke. Er sah Travis gar nicht an. Sein Blick war auf den an den Baum gefesselten Mann gerichtet, und dabei hob er die Pistole.
    Die junge Frau schrie los, so viel lauter als zuvor, dass der Knebel vor ihrem Mund die Stimme kaum zu dämpfen schien.
    Travis packte das zweite M1 6-Gewehr mit der Linken am Handschutz. Mit verdrehtem Körper riss er den Griff hoch, bekam ihn zu fassen, fand mit der Rechten den Abzug –
    Der Kerl mit dem Bärtchen drückte dem Gefesselten die Pistole an den Kopf und schoss. Die Frau schrie noch einmal doppelt so laut.
    Eine halbe Sekunde darauf, als der Mann herumschnellte, um auch die junge Frau hinzurichten, donnerte Travis’ M16 los, bereits auf Automatik geschaltet. Drei Kugeln trafen Bärtchen quer übers Gesicht, bis der Rückstoß das Gewehr von seinem Ziel ablenkte. Travis stellte das Feuer ein und sah zu, wie der Folterer umfiel, während seine Pistole ihm aus der Hand flog und über den mit Kiefernnadeln bedeckten Boden davonschlitterte.
    Travis blickte noch einmal zu den Leichen der ersten vier, um sich zu vergewissern, dass sie tot waren. Sie waren mausetot.
    Er hängte sich das Gewehr über die Schulter und ging zu der Frau auf dem Tisch hinüber, während er bereits sein Messer hervorholte. Bei seinem Anblick erschrak sie heftig. Richtig, sie hatte ja von allem, was sich abgespielt hatte, kaum etwas mitbekommen – bloß den Tod ihres Vaters und dann den ihres Peinigers.
    Die Mechanik des Tisches war denkbar leicht zu bedienen, und Travis drehte an der Kurbel, bis die Platte sich wieder in der normalen Lage befand. Er hob vorsichtig den Riemen an, mit dem der Knebel festgebunden war, schnitt ihn durch und riss das Ding beiseite.
    Inzwischen schrie sie nicht mehr. Jetzt hyperventilierte sie heftigst.
    Die Riemen, mit denen ihr Körper festgeschnallt war, waren zwar überaus robust, aber mit seinem Messer konnte er sie problemlos durchtrennen. Sie hob sofort die Hände ans Gesicht und rollte sich mit angezogenenKnien auf die Seite, während sie kurz in ihrem Mund herumtastete und dann etwas herauszog. Eine Art Klammer aus Kunststoff.
    Ihr rechter Oberarm sah fürchterlich aus, aber darum kümmerte sie sich jetzt nicht.
    Damit sie kurz ungestört sein konnte, drehte Travis sich um und ging zum Rand des Lagers, wo er auf das Motorgeräusch der Quads lauschte. Er konnte sie hören, in weiter Ferne und beständig leiser werdend; ausgeschlossen, dass die Fahrer über dieses Motorgedröhn hinweg die Schießerei im Lager mitbekommen hatten. Sie waren vor etwa neunzig Sekunden losgefahren. Inzwischen hatten sie vermutlich die Hälfte der Strecke zum Flugzeug zurückgelegt.
    «Wer sind Sie?» Die Stimme der jungen Frau klang heiser und schwach.
    Travis drehte sich um und sah sie zu seiner Verblüffung aufgerichtet auf dem Tisch sitzen. Ihr Körper wurde zwar weiter von Krämpfen geschüttelt, alles in allem jedoch zeigte sie eine erstaunliche Selbstbeherrschung. Sie mochte etwa Ende zwanzig sein. Dunkles Haar. Große dunkle Augen. Im normalen Leben wahrscheinlich eine Schönheit, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf, bloß nicht an diesem, dem schlimmsten Tag ihres Lebens.
    «Ich heiße Travis», sagte er, weil ihm auf einmal keine bessere Antwort einfiel. Sie sah ihn fragend an. «Ich bin ein ganz normaler Typ. Ich habe das Flugzeug gefunden, und Mrs.   Garner.»
    «Hat sie überlebt?»
    «Lange genug, um schriftliche Instruktionen zu hinterlassen.»
    Da erregte eine plötzliche Bewegung zwischen ihnen ihre Aufmerksamkeit.
    Der Kerl mit dem Bärtchen lebte noch und versuchte gerade, sich auf der Erde umzudrehen. Eine Kugel hatte ihm zwar einen Teil des Gesichts weggerissen, aber Travis sah jetzt, dass die beiden anderen ihn nur am Wangenknochen und oben am Kopf gestreift hatten. Er nahm sein Gewehr von der Schulter und wollte ihm gerade den Gnadenschuss verpassen, als die Frau reagierte.
    «Nein.» Es klang heiser, ein Zwischending aus Flüstern und Knurren.
    Sie richtete sich auf, schwankend zunächst, aber dann stand sie.
    Mit ihrem unversehrten linken Arm schnappte sie sich das Messer, das Travis auf dem Tisch abgelegt hatte, ließ sich mit einem Knie schwer auf den Rücken ihres Peinigers plumpsen und drückte ihn so flach auf die Erde.

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