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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Himmel, um sofort jedes Fluggerät abzuschießen, das sich, ob mit Flügeln oder Rotoren, außerplanmäßig und unbefugt der Stadt näherte. Die Straßen in weitem Umkreis wurden von Kameras mit speziellen Linsenfiltern überwacht, die sogar bei Nacht gestochen scharfe Aufnahmen von den Fahrzeuginsassen liefern konnten. Diese Kameras waren an ein System angeschlossen, das in der Lage war, Aaron Pilgrim und etliche seiner Verbündeten zu identifizieren. Für diesen Fall hielten sich in der Stadt drei Kommandos aus der Berliner Zweigstelle von Tangent bereit, um sofort in Aktion zu treten.
    All das vermochte Paige nicht zu beruhigen, das sah Travis ihr an. Stein, Schere, Papier.
     
    Von außen war das Gebäude eindrucksvoll. Hochaufragende, imposante alte Steinfassade, kopfsteingepflasterterZugangsweg. Ein glänzender schmiedeeiserner Zaun, auf dem, im Nebel schimmernd, ein Abglanz der Lichter der Stadt lag.
    Von innen dagegen wirkte es wie die Behausung eines Zwangsgestörten, der an keinem Laden für Gebraucht-Computer vorbeigehen konnte, ohne den gesamten Bestand aufzukaufen, und dies auch schon einige hundert Mal getan hatte. Travis verstand nicht viel von Computern – als er seinerzeit ins Gefängnis kam, war E-Mail noch kein gängiger Begriff, und er hatte sich nach seiner Haftentlassung keinen eigenen PC zugelegt. Er kannte die imposante Rechneranlage, die sein Bruder für seine Softwarefirma eingerichtet hatte, und in den vergangenen Monaten war er einige Male in der Bücherei in Fairbanks im Internet gesurft, darin erschöpfte sich seine praktische Erfahrung auch schon. In der Theaterstraße sieben jedoch, das war mit einem Blick zu erkennen, stießen wohl auch Fachleute an ihre Grenzen. Sogar Entwickler von Großrechenanlagen müssten hier vermutlich kapitulieren. Und hatten wohl auch schon kapituliert. Sicherlich hatte Tangent hier bereits die besten Köpfe um Rat gefragt.
    Schon unten in der Eingangshalle, wo sechs Angehörige eines weiteren Berliner Kommandos Wache standen, war das Gebäudeinnere von Wand zu Wand, vom Fußboden bis zur Decke angefüllt mit einem Wirrwarr von Drähten, Platinen, Kabeln und anderem technischen Brimborium, das Travis überhaupt nicht einordnen konnte. Ein regenwaldähnlich wucherndes, verschlungenes Gewirr von Schaltkreisen, von innen heraus beleuchtet durch eine wahre Galaxie blinkender LE D-Lämpchen . Hier und da, in der Nähe besonders dichter Kabelknäuel, waren anWänden und Decken Fensterventilatoren befestigt, die auf höchster Stufe surrten, wie vermutlich schon seit vielen Jahren. An anderen Stellen summten Klimageräte vor sich hin, deren Abwärme durch Lüftungsrohre an Außenwände abgeführt wurde.
    «Der Strom ist nie abgeschaltet worden, seit Sie das Haus übernommen haben?», wandte sich Travis an Paige.
    «O nein.» Sie sagte es in einem Tonfall, als hätte er gefragt, ob sie jemals mit Rasiermessern jongliert hatte. Sie enthielt ihm irgendetwas vor, das war klar. Doch sie würde ihn schon noch aufklären, das spürte er, deshalb forschte er nicht weiter nach.
    «Das Haus ist an das städtische Stromnetz angeschlossen, aber es gibt noch ein störungssicheres Notstromaggregat. In den letzten vier Jahren hat es zwei große Stromausfälle in der Stadt gegeben, bei denen es automatisch angesprungen ist. Glücklicherweise.»
    Sie bewegten sich durch die Halle auf die Treppe zu. In einem etwas zurückgesetzt gelegenen Raum fiel Travis etwas auf, das hier seltsam fehl am Platz wirkte. Es sah aus wie ein kleines Maleratelier: An der Wand lehnte eine Staffelei, daneben standen ein paar aufgespannte Leinwände, und in der Ecke lag ein Sammelsurium staubbedeckter Tuben mit Ölfarbe.
    «Was hat es damit auf sich?», fragte Travis.
    «Nichts, soweit wir wissen», sagte Paige. «Könnte noch vom Vorbesitzer des Hauses stammen.»
    Sie gingen daran vorbei zum Fuß der Treppe. Der Urwald aus Rechnerteilen wucherte die Marmorstufen hinauf und wand sich durch die Stäbe des Geländers. Er beanspruchte so viel Platz, dass man sich nur einzelnhindurchbewegen konnte, wie auf einem Trampelpfad. Paige ging voraus, Travis folgte ihr dichtauf.
    In jedem Stockwerk zweigten sechs weitere ebenso schmale Tunnel von dem Pfad ab, der die Treppe hochführte. Wozu sie Pilgrim auch gedient haben mochten, heute wurden sie von Tangent genutzt. Travis sah, dass die meisten der Pfade zu den Außenwänden führten und dann an ihnen entlang verliefen, also Zugang zu den Fenstern ermöglichten. An

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