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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Routinemaßnahme, die er jedes Mal durchgeführt haben dürfte, wenn er nach unten ging: Er hat die Türen versiegelt und bei seiner Rückkehr dann wieder entsiegelt. Er wird gewusst haben, wie sich die Sensoren deaktivieren lassen, wenn er wieder hineinwollte. Was wir mit ein wenig Herumprobieren sicherlich auch herausknobeln könnten – wenn dabei nicht versehentlich eine ganze Stadt ausgelöscht werden könnte.»
    «Aber das ist doch widersinnig», sagte Travis. «DassPilgrim die Türen so aufwendig gesichert haben soll, um bloß mal kurz nach unten zu laufen. Überlegen Sie mal. Zehn Jahre Arbeit. Arbeit, die ihm die Herrschaft über die Welt sichern wird oder worauf er sonst aus ist. Er braucht nur noch drei Stunden, um sie abzuschließen. In den letzten Tagen hat er vermutlich rund um die Uhr daran gearbeitet, ununterbrochen, ohne eine Minute Schlaf. Lassen Sie mich raten, unten in der Küche standen lauter benutzte Kaffeetassen.»
    Sie nickte zustimmend, sichtlich beeindruckt.
    «Amphetamine hat er auch geschluckt, richtig?», fuhr er fort. «Nichts Illegales, meine ich. Irgendwelche verschreibungspflichtigen Sachen.»
    Paige nickte wieder. «Dexedrin. Gut geraten.»
    «Eigentlich nicht. Das ist bloß nichts Ungewöhnliches. Ich war drei Jahre lang bei der Polizei; nicht sehr lange also, aber lange genug. Lang genug, um immer und überall demselben Muster zu begegnen. Im Grunde läuft es bei allen immer so ziemlich gleich ab.»
    «Wen meinen Sie mit ‹allen›?»
    «Leute, die irgendwelchen dunklen Machenschaften nachgehen. Deren Leben buchstäblich davon abhängt, sich nicht dabei erwischen zu lassen. Leute, die sich keine Fehler erlauben dürfen. Ein Typ wie Pilgrim, für den das Ziel seiner Arbeit in so greifbare Nähe gerückt war, wird in den letzten Tagen hier in diesem Haus nicht mal fünf Minuten dafür verplempert haben, sich unten in der Küche ein Sandwich zu machen. Nein, wahrscheinlich hat er sich seine Mahlzeiten hochbringen lassen, um seine Arbeit nicht unterbrechen zu müssen. Egal, warum und wozu er an dem Tag nach unten ins Erdgeschoss musste, es wird nicht viel Zeit beansprucht haben, und er wirdsich kaum damit aufgehalten haben, mit viel Aufwand die Türen mit Sensoren zu sichern, die er dann kurz darauf wieder umständlich entfernen müsste. Nicht drei Stunden vor der Ziellinie.»
    Paige war anzusehen, dass weder sie noch sonst jemand bei Tangent diesen Aspekt je bedacht hatte. Vielleicht, weil die Gefahr bislang noch nicht akut genug gewesen war. Weil sie noch nie gezwungen waren, die Option zu erwägen, die Travis gerade in Betracht zog.
    «Aber die Sensoren befanden sich doch an den Türen», sagte Paige. «Worauf also wollen Sie hinaus?»
    «Dass er es so eingerichtet hat, dass er durch die Türen schnell hinaus- und hineinkonnte, ohne jedes Mal wertvolle Zeit zu verlieren. Am Ende wird es für ihn auf jede Minute angekommen sein. Ich behaupte also, dass die Sensoren oben an den Türen Attrappen sind. Man könnte diese Türen öffnen und einfach hindurchspazieren, jetzt sofort, auf der Stelle.»
    Sie starrte ihn kurz schweigend an. Dann wandte sie ein: «Die Drähte an den Sensoren stehen unter Strom. Das haben wir überprüft.»
    «Klar», sagte Travis. «Er wird dafür gesorgt haben, dass alles echt wirkt. Damit kein Mensch je auf den Gedanken käme, dass alles nur Täuschung ist.»
    Wieder schwieg sie, dachte offenbar nach. Er behielt sie im Auge. Seine Theorie brauchte gar nicht vollkommen stimmig zu sein, bloß weniger verrückt als die anderen Optionen, die sie sonst noch hatten. Etwa untätig hier herumzusitzen und leichte Ziele abzugeben.
    Sie schien ihm zuzustimmen. Sie nahm ihr Handy heraus und wählte. Er hörte, dass sie mit derselben Person in Border Town telefonierte wie schon mehrmals zuvor.Sie erläuterte kurz seine Theorie. Wie sie am anderen Ende aufgenommen wurde, konnte Travis aus Paiges Antworten nicht erschließen. Gleich darauf sagte sie: «Ja, schalten Sie sie alle mit dazu.» Dann wartete sie. Und wartete. Und runzelte befremdet die Stirn. Die Person am anderen Ende sagte etwas – was, bekam Travis nicht mit   –, worauf Paige vernehmlich die Luft ausstieß. Sie ließ das Telefon ein wenig sinken und schaute ihn im Dunkel direkt an.
    «Keines der drei Kommandos in der Stadt meldet sich mehr.»

26
    Eine Minute später standen sie vor den Doppeltüren im achten Stock. Den übrigen Raum auf dem Treppenabsatz hinter ihnen nahm die Bombe ein, deren matter

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