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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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einzigen Lichtquellen im Dunkel um sie herum waren das leuchtende Displayihres PDA, den er weiter in der Hand hielt, und die LE D-Lämpchen , die, Tieraugen gleich, aus dem dichten Kabeldschungel im Raum hinausblinkten. Hier im Gebäude hatte der Strom keine einzige Sekunde lang ausgesetzt. Das störungssichere Notstromaggregat hielt also offenbar tatsächlich, was sein Name versprach.
    «Egal, was passieren mag, es wird wohl jetzt bald losgehen», sagte Paige, hörbar um Gelassenheit bemüht. Mit begrenztem Erfolg allerdings.
    Draußen flackerte nun hinter den Fenstern der wenigen Menschen, die um diese Uhrzeit noch wach waren, vereinzelt schwaches Licht auf. Kerzen oder Taschenlampen.
    «Sie müssen nicht hierbleiben, wissen Sie», fuhr Paige fort. «Sie haben erledigt, worum wir Sie gebeten haben. Wenn Sie wollen, können Sie gerne gehen.»
    Travis sah sie kurz an und blickte dann wieder hinaus auf die Stadt.
    «Ich weiß», sagte er, ging aber sonst nicht weiter auf ihr Angebot ein.
    Aus den Augenwinkeln meinte er zu sehen, wie ein Lächeln über ihr Gesicht huschte. Sie lehnte sich neben ihn aufs Fensterbrett.
    «Wenn die Lage wirklich hoffnungslos ist», sagte sie, «bleibt uns immer noch ein Schritt übrig, mit dem Pilgrim wohl kaum rechnen dürfte. Und auch wenn das Flüstern ihn noch Minuten vorher darauf hinweist, wird er nichts mehr dagegen unternehmen können.»
    Ihr Tonfall und ihr Blick ließen keinen Zweifel daran, was sie damit meinte.
    «Wir können die Bombe zünden», sagte Travis.
    «Wir können die Bombe zünden.»
    «Darüber werden die Einwohner hier aber nicht sehr begeistert sein.»
    «Das werden sie schon verschmerzen. Im Bruchteil einer Sekunde ist alles vorbei. Der Welt zuliebe könnte das das Beste sein.»
    «Wenn Pilgrim langfristig tatsächlich so schreckliche Dinge geplant hat.»
    Sie lachte freudlos auf. «Und ob der schreckliche Dinge plant, mit Sicherheit.»
    Travis dachte über die Situation nach. Dass sie recht hatte, dass sie böse in der Tinte saßen, konnte er ja noch akzeptieren, aber irgendwie wollte ihm das von der Logik her nicht einleuchten. Würde Pilgrim wirklich das Risiko eingehen, durch einen Angriff auf das Gebäude all die Arbeit zunichtezumachen, die er hineingesteckt hatte? Die über vierzig Scharfschützen, die an den Fenstern postiert waren, könnten nur gewaltsam ausgeschaltet werden, und dabei würde sich eine Erschütterung der Drucksensoren, die mit der Bombe verbunden waren, wohl kaum vermeiden lassen.
    Für dieses Problem aber würde das Flüstern schon eine Lösung finden. Vielleicht würde der Angriff mit einigen Kanistern tödlichem Nervengas erfolgen, abgefeuert von einem Abschussgerät in der Nähe. Auf die Weise könnten alle im Gebäude getötet werden, ohne einen einzigen Mikrochip zu erschüttern. Wahrscheinlich gab es Tausende ähnlich clevere Möglichkeiten, sich gefahrlos Zutritt zu verschaffen, und das Flüstern würde sie alle kennen.
    Draußen schrie jemand. Ein Mann. Travis sah, wie Paige zusammenzuckte, obwohl der Schrei umgehend in betrunkenes Gelächter überging und jemand anderes den Mann, ebenfalls lachend, aufforderte, nicht solchenKrach zu machen. Aber der andere krakeelte weiter herum und wollte wissen, wer zum Henker das Licht ausgeschaltet hätte.
    «Sehr lange dürfte es nicht mehr dauern», sagte Paige.
     
    Aber das war ein Irrtum. Über eine halbe Stunde verging, und nichts passierte. Einige Krankenwagen waren in der Stadt unterwegs, ohne Sirenen zwar, aber mit im Nebel flackerndem Blaulicht. Vielleicht zu Kranken, die bei sich zu Hause an Geräte angeschlossen waren, die jetzt nicht mehr mit Strom versorgt wurden. Irgendwo im Osten, hinter der Gebäudeecke nicht mehr sichtbar, befand sich eine helle Lichtquelle. Ein Gebäude, das über Notstromaggregat versorgt wurde, bestimmt ein Krankenhaus; denn auch die Krankenwagen kamen aus dieser Richtung und kehrten dorthin zurück.
    Paige tätigte weitere Anrufe nach Border Town. Horchte bei den Berliner Kommandos im Umland nach und kontaktierte die hoch oben über ihnen kreisende AWAC S-Maschine . Vier Uhr morgens, und alles war in Ordnung. Die Scharfschützen in den unteren Stockwerken gaben weiter in kurzen Intervallen ihren Status durch. Mit ihren Nachtsichtgeräten konnten sie auch im Nebel etwas erkennen und meldeten mit leiser Stimme jeden Passanten, der sich dem Gebäude im weiten Umkreis näherte.
    «Das verstehe ich nicht», sagte Paige. «Worauf wartet Pilgrim

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