Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee

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wäre er ein Getränkeautomat, der ihren letzten Dollar geschluckt und keine Ware ausgespuckt hatte. Was auch immer sie unternehmen mussten, ihnen lief unaufhaltsam die Zeit davon. Pilgrim wusste vermutlich, dass sie die Türen öffnen wollten; falls er das Flüstern gerade in der Hand hielt, hatte es ihm das bestimmt längst verraten. Travis legte erneut die Hand an den Türknauf und drehte sich dann ein letztes Mal zum Sprengkopf um.
    «Ganz sicher, dass Sie nicht erst versuchen wollen, ihn zu entschärfen?», fragte er.
    Sie musterte das Ungetüm. «Gänzlich unmöglich ist das nicht. Atomwaffen sind keine gewöhnlichen Sprengkörper, sie sind mit einem komplizierten Zündsystem ausgestattet. Wenn es einem gelingt, dieses System zuunterbrechen, ohne sie dabei zu zünden, hat man es geschafft.»
    «Es zu unterbrechen?» Travis kam es vor, als wäre dieses Wort bloß eine beschönigende Umschreibung der erforderlichen Maßnahme.
    Paige sah ihn an und grinste. «Man steckt eine Handgranate hinein und zieht den Pin.»
    «Wie hoch ist die Chance, dass das klappt?»
    «So gut wie null, verglichen damit, was Sie jetzt gerade vorhaben», sagte sie.
    Er erwiderte ihr Grinsen, drehte sich zur Tür um, schloss die Hand um den Knauf –
    «Warten Sie», sagte Paige.
    Er drehte sich zu ihr um und stellte fest, dass sie ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck ansah. Als wäre sie sich über ihre Gefühle nicht ganz schlüssig.
    «Ich habe Ihnen noch gar nicht richtig gedankt», sagte sie. «Neulich, bei Ihrer Ankunft in Border Town. Ich habe danke gesagt, klar, aber ich wollte gern noch mehr sagen. Nämlich, dass –» Sie brach ab, biss sich auf die Unterlippe, setzte neu an. «Ich hätte einfach noch mehr sagen sollen. Was genau, weiß ich nicht recht. Tut mir leid, falls das irgendwie unsinnig klingt.»
    Travis behielt sie genau im Auge. Sie hatte inzwischen den Blick gesenkt, war peinlich bemüht, ihn nicht anzusehen.
    «Gern geschehen», sagte er, so leise, dass er sich kurz fragte, ob sie es überhaupt gehört hatte.
    Sie hob den Blick und sah ihn wieder an. In ihren Augen lag ein Ausdruck, den er dort noch nicht gesehen hatte. Ein Ausdruck von Verletzlichkeit. Die letzte Frau, die ihn so angesehen hatte, war Emily Price gewesen.
    Kein schlechter letzter Moment auf Erden, wenn es denn so kommen sollte.
    Ohne Paige aus den Augen zu lassen, drehte er den Knauf herum und stieß energisch die Tür auf.
    Sie blieben am Leben.
    Im Dunkel hinter der Tür baumelten weitere verschlungene Kabel und Leiterplatten herab, bildeten aber längst kein so dichtes Gewirr wie auf den übrigen Stockwerken. Es wirkte eher überschaubar. Travis konnte ihre Umrisse erkennen, die sich vor einem schwach orangefarbenen Leuchten irgendwo weiter hinten abzeichneten. Wie das Glimmen einer Glut, aber ruhig und gleichmäßig.
    Ein Geräusch fing an, von dem Raum abzustrahlen. Ein Dröhnen, ein Summen, so tief, dass es kaum zu hören war. Er spürte es mehr, als dass er es hörte.
    Er steckte den PDA in die Jackentasche, nahm sein Gewehr von der Schulter und trat dann durch die offene Tür, dicht gefolgt von Paige. Es war so dunkel, dass er kaum etwas sehen konnte, denn das orangefarbene Leuchten war nur sehr schwach. Er bewegte sich darauf zu, konnte aber noch nicht erkennen, wovon genau das Leuchten ausging. Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, stellte er fest, dass sie sich in einem riesengroßen Raum befanden, der gesamten Fläche des achten Stocks, unverbaut und weit offen.
    Das Summen ging von irgendetwas vor ihnen aus, kam aus derselben Richtung wie das Leuchten.
    Etwa sechs Meter von der Tür entfernt sah Travis etwas auf dem Fußboden vor sich, ein Hindernis vielleicht, über das man hinwegsteigen musste, vielleicht auch bloß ein Drahtknäuel. Ein paar Schritte später erkannte er, dass es weder das eine noch das andere war. Sondern eine weitereInschrift in der schnörkeligen Geheimschrift, direkt in die Bodendielen gekratzt. Nicht zwanghaft wiederholt diesmal, sondern eher wie eine beiläufige Notiz.
    Sie lautete: Kennzeichnung erfolgt, wenn dieser Raum geöffnet wird.
    Er las Paige die Übersetzung vor. Sie erstarrte.
    «Kennzeichnung», sagte sie. «Der Ares.»
    Travis fiel das Video ein, das sie ihm vorgeführt hatte. Der Mann im Käfig, der, nachdem er von dem orangefarbenen Würfel gekennzeichnet worden war, zum Ziel der tobsüchtigen Wut der Testpersonen wurde, die ebenjener Würfel in ihnen auslöste.
    Er spähte