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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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handelten. Es waren lauter Unschuldige.
    Einer der Schützen musste sein Magazin wechseln, und in den drei Sekunden, die er dazu brauchte und in denen das Feuer kurz nachließ, machte die Menge vier Stufen gut, und das Hin und Her setzte sich an dieser Stelle der Treppe fort. War der Mob einmal ein Stück vorangekommen,ließ er sich nicht mehr zurückdrängen, wie eine Ratsche, die immer neu einrastete und sich nicht mehr lösen ließ.
    Als der Scharfschütze mit dem frischen Magazin wieder losfeuerte, ging den beiden anderen praktisch gleichzeitig die Munition aus, und sie tasteten hektisch nach frischen Magazinen. Sofort drängte die Menge unaufhaltsam die Treppe hoch, weil der einsame Schütze nicht die gesamte Frontreihe abdecken konnte. Ein alter Mann mit einer albernen grünen Schleife löste sich aus der Menge und stürzte mit einem Steakmesser zielgenau auf den Oberschenkel eines der nachladenden Schützen los, der das gar nicht mitbekam. Also drückte Travis ab und schoss dem Alten den halben Kopf weg. Der zurücktaumelnde Körper wurde von den nächsten beiden Angreifern sofort gepackt, nach oben gerissen und aus dem Weg befördert, nach hinten. Travis schoss ihnen beiden, es waren ein Jugendlicher und eine Frau um die dreißig, in die Brust und hörte dann nicht mehr auf zu schießen, während immer neue Ziele heranfluteten. Er hatte den Dreh schnell heraus: Man durfte ihnen nicht ins Gesicht schauen, dann ging es. So hielten auch die Scharfschützen durch. Eine verdammt miese Taktik, die nichts daran änderte, was dabei in ihm vor sich ging. Es war eine Schuld, die er auf sich lud. Eine Schuld, die er später abbüßen müsste. Falls es ein Später gab.
    Hinter ihm tat es einen gewaltigen Schlag. Er drehte sich um, zusammen mit den anderen, und sah ein Stahlregal aus dem Fußboden ragen, mit dem die Meute von unten ein großes Loch hineingerammt hatte. Gleich darauf verschwand das Regal in der Tiefe, und Hände kamen zum Vorschein, die Halt an den Rändern der Öffnungsuchten, vermutlich Leute, die auf den Schultern anderer standen oder saßen.
    «Rückzug zur Treppe!», brüllte Travis.
    Ein Kopf tauchte aus dem Loch im Fußboden auf, besudelt mit fremdem Blut. Unmöglich zu sagen, ob Mann oder Frau, wie alt genau. Travis gab einen Schuss darauf ab und sah, wie er wieder im Loch verschwand, ganz wie das Regal gerade.
    Dann rückte er mit den anderen zusammen langsam zurück, immer nur schrittweise, damit die Menge auf der Kellertreppe keine Chance zum plötzlichen Heranstürmen bekam. Sie kamen an der Treppe an, die in den ersten Stock hochführte, und bewegten sich langsam aufwärts, immer wieder nachladend und in die Menge feuernd, die ihnen unerbittlich folgte.
     
    Paige kam im sechsten Stock vorbei, wo Miller weiter auf dem Treppenabsatz für Nachschub an Munition und Gewehren sorgte, der umgehend von Läufern eingesammelt und zu den Schützen an den Fenstern gebracht wurde.
    «Schicken Sie auch Nachschub ins Erdgeschoss!», schrie Paige ihr im Vorbeilaufen zu und jagte die Treppe hoch in den siebten Stock. Dann weiter zum achten.
    Der Atomsprengkopf. Der rote Stern starrte ihr entgegen wie ein Auge, herausfordernd, spöttisch.
    Entweder das klappte, oder eben nicht. Falls nicht, tja, es gab schlimmere Arten zu sterben als in unmittelbarer Nähe einer thermonuklearen Explosion. Vermutlich gab es sogar kaum eine bessere Art zu sterben. Bei der Explosion würde sie im Nu atomisiert, ohne das Geringste zu spüren, schon gar keinen Schmerz. Nicht mal den Lichtblitzwürde sie noch bewusst wahrnehmen. Sie würde buchstäblich gar nichts davon mitbekommen.
    Trotzdem keine verlockende Aussicht.
    Sie kniete sich vor das Ungetüm, um nachzuschauen, wo sie die Handgranate im Inneren platzieren sollte. Am besten direkt am primären Fissionssprengsatz. Darin befand sich, typisch für Implosionsbomben, eine Hohlkugel aus Uran, umgeben von hochexplosiven, mit einem Zünder verbundenen Hohlladungen. Bei ordnungsgemäßer Zündung detonierten die Ladungen genau gleichzeitig und komprimierten das Uran so stark, dass kritische Masse erreicht wurde und es zu einer Atomspaltung kam. Dies war der atomare Aspekt der Bombe, durch den wiederum erst die Wasserstoffbombe gezündet wurde, die den eigentlichen Kern der Bombe bildete. Wenn aber die Handgranate direkt neben den Hohlladungen hochging und ihre präzise Anordnung zerstörte, ehe auch nur eine von ihnen explodieren konnte, würde diese Kettenreaktion ausbleiben. Weil

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