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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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diesmal sah er, wo es herrührte. Der Boden im Hausflur hob sich ein wenig, weil von unten etwas dagegengerammt wurde, irgendein schwerer Gegenstand inden Händen vermutlich Dutzender Leute, der als Rammbock benutzt wurde, um von unten die Bodendielen zu zertrümmern. Beim dritten Aufprall splitterte eine Diele krachend entzwei, sodass eine zehn Zentimeter breite Lücke im Boden entstand. Travis konnte den Albtraum darunter erkennen: Dort wimmelte es dicht an dicht von Menschen mit wutverzerrten Gesichtern, die vor Zorn aufheulten, als sie seiner durch das Loch angesichtig wurden.
    Er wandte sich um und sah, dass Paige ebenfalls zu der Stelle hinüberstarrte. Einer der Scharfschützen hinter ihr nahm etwas aus seinem Rucksack. Was genau, konnte Travis im Halbdunkel nicht erkennen, aber er hatte eine Vermutung.
    Paige drehte sich um, entdeckte, was der Schütze in der Hand hielt, und schrie: «Nein!»
    Der Mann fuhr zu ihr herum, und Travis sah, dass er richtig vermutet hatte: Er hielt eine Handgranate in der Hand.
    «Da unten verlaufen Gasleitungen!», schrie Paige.
    «Scheiße, was sollen wir denn sonst tun?», brüllte der Mann.
    Paige wusste keine Antwort darauf.
    Der Boden hob sich erneut. Eine zweite Diele splitterte entzwei, direkt hinter der ersten, wurde dann von einer Hand gepackt und nach unten ins Dunkel abgeknickt. Bald würde das Loch groß genug sein, um hindurchzuklettern. Gleich darauf hörte Travis wieder das wummernde Pochen, an einer anderen Stelle des Bodens diesmal.
    Der Scharfschütze sah Paige weiter abwartend an.
    «Ich
weiß
nicht, was wir tun sollen», sagte sie undblickte sich hilflos um, während sie den Satz gleich darauf noch einmal wiederholte.
    «Doch, das wissen Sie», sagte Travis.
    Sie schaute ihn an, verengte die Augen.
    «Die Handgranate», sagte Travis und ließ seinen Blick nach oben huschen. Durch die Decke. Zu einem Gegenstand acht Stockwerke über ihnen. Sie schaute ebenfalls hoch. Verstand, was er meinte.
    «Es ist unsere einzige Möglichkeit», sagte Travis.
    «Ist das ein Schachzug, mit dem das Flüstern gerechnet haben könnte?», fragte sie.
    «Ob ja oder nein, was bleibt uns anderes übrig. Gehen Sie. Ich helfe den Jungs hier unten.»
    Nach kurzem Nachdenken nickte sie, wandte sich dem Scharfschützen zu und streckte die Hand nach der Handgranate aus. Er schien zu verstehen, was sie vorhatte. Oder es war ihm schlicht egal, solange es nur irgendeinen Plan gab. Er händigte ihr die Granate aus.
    «Stellung nicht um jeden Preis halten, vermeiden Sie weitere Verluste!», rief Paige. «Treten Sie notfalls den Rückzug an, die Treppe hoch! In zwei Minuten ist das hier eh vorbei, so oder so.»
    Travis starrte sie an. Merkte, dass er sich ihr Bild einprägte. Fragte sich, ob er sie wohl je wiedersehen würde.
    Dann war sie auch schon fort.
    Er nahm sein Gewehr von der Schulter, entsicherte es und ging dann zu den anderen an der Kellertür.
    Dahinter bot sich ein entsetzlicher Anblick. Der Keller, ein weitläufiger Raum von etwa vier Metern Tiefe, wimmelte wie eine Schlangengrube von menschlichen Körpern, ein Gedränge, in dem die Toten kaum von den Lebenden zu unterscheiden waren. Während die erstenReihen der die Treppe hochflutenden Menge fortwährend vom M G-Feuer dezimiert wurden, wurden die Toten von den Nachdrängenden beiseitegezerrt oder oberhalb der Menge nach hinten befördert. Die Leichen, die unablässig über den Köpfen der Menge durchgereicht wurden, bespritzten und besudelten alles unter sich mit Blut, das aus faustgroßen Austrittswunden herausgepumpt kam.
    Männer, Frauen, Kinder, nicht länger vom Nebel verhüllt. Ganz normale Leute, wie sie einem im Supermarkt oder sonst wo hätten begegnen können. Einige Eltern hielten Kinder an der Hand, die kaum älter waren als sieben, wie um sie nicht im Gewühl zu verlieren. Zogen sie mit sich, während sie dem Gewehrfeuer entgegendrängten. Und die Kinder drängten mit zur Treppe, sichtlich erfüllt von der gleichen mörderischen Wut wie die Erwachsenen.
    In immer neuen Wellen brandete die Menge heran und wurde wieder zurückgeworfen, zehn oder zwölf Stufen unterhalb der Kellertür. Travis hob sein Gewehr an die Schulter, zielte in die heranflutende Menge. Drückte noch nicht ab. War sich auf einmal unsicher, ob er das fertigbrächte. Weil die Menschen, die da blutbeschmiert und brüllend herandrängten, so rasend vor Zorn, dass nicht einmal M G-Feuer sie abzuschrecken vermochte, ja nicht aus freien Stücken

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