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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Keine unnötigen Bewegungen, damit es ungestört in dich hineinfließen kann. Ist er groß genug gebaut, damit er auch weit hinein…«
    »Mutter«, sagte Constantia bestimmt, »es ist alles in Ordnung.« Sie hoffte, dass ihre Mutter ihr nicht ansah, dass das Gespräch ihr beinahe körperlichen Ekel bereitete.
    »Ihr müsst ein Kind wollen , wenn ihr euch zueinander legt. Der Samen ist verdorben, wenn er aus Brünstigkeit ausgeschüttet wird.«
    Ja , dachte Constantia bitter, wenn Lustlosigkeit das Wesen des nicht sündigen Eheverkehrs ist, bin ich trotz meiner anderen Sünden eine wahre Heilige .
    »Wenn du einen Hasenmagen und den Magen eines Kitzes nimmst und zu Asche verbrennst und ihr beide diese dann im Wein auflöst und trinkt, dann …«
    »Mutter!«, rief Constantia. »Bitte! Alles geht seinen geregelten Gang!«
    Guda winkte ab und lächelte vage. »Du hast recht. Hauptsache, Rudeger schüttet seinen Samen so oft wie möglich in dir aus. Du weißt ja, dass der Samen noch jahrelang im Körper der Frau fruchtbar ist – sobald Gott es will, wird er dich in Frucht erblühen lassen.«
    »Ja, Mutter«, sagte Constantia und biss die Zähne zusammen, weil sie am liebsten ausgespuckt hätte.
    Guda musterte sie. Constantia holte tief Luft und zauberte dann ein Lächeln auf ihr Gesicht, das sich nach einem Augenblick in Gudas Miene widerspiegelte. »Es geht mir gut, Mutter«, sagte sie leise.
    Sie wusste, dass ihre Augen das Gegenteil sagten; dass sie schrien: Ich hasse mein Leben! Ich bin im Fegefeuer, ohne gestorben zu sein. Hilf mir. Rette mich!
    Doch sie wusste auch, dass Guda Wiltin noch nie die Fähigkeit besessen hatte, in den Augen ihrer Tochter zu lesen, und dass das Geheimnis ihrer Qual deshalb sicher war.
    Als sie zurückkehrten, war es dämmrig. Rudeger war schweigsam. Wie erwartet hatte Johannes Wilt sich gewunden wie ein Aal und keinen Pfennig herausgerückt. Constantia hätte mehr Zorn von ihrem Ehemann erwartet, doch stattdessen wirkte er geradezu eingeschüchtert. Auf dem kurzen Weg durch die Mühlgasse von ihrem Elternhaus zum Eingang ihres eigenen Hauses drehte er sich zweimal zu ihr um, holte Luft, um etwas zu sagen – und ließ es dann wieder bleiben. Sie ahnte, dass er eine Ermunterung brauchte, aber sie war nicht gewillt, sie ihm zu geben. Ihn für dieses eine Mal ratlos zu sehen erfüllte sie weder mit Mitleid noch mit Genugtuung, sondern nur mit Verachtung, und was immer er zu sagen hatte, interessierte sie nicht.
    Das Haus hatte die Wärme des Sommertages eingefangen und behalten; als sie sich auf der Treppe ins Obergeschoss an Rudeger vorbeidrückte, der langsam hinaufstapfte wie mit einer schweren Last beladen, fühlte sie die Hitze, die von ihm ausstrahlte. Er schwitzte. Sie erwartete, dass er nach ihr greifen würde, wie er es anfangs oft getan hatte, wenn sich die Gelegenheit bot – Verkehr im Stehen auf der wackligen Holztreppe war eine der Absonderlichkeiten, die er sich hatte ausdenken können –, aber er ließ sie passieren. Sie öffnete die Tür der Schlafkammer, schlüpfte aus ihrem Kleid, zerrte das hochgerutschte Hemd über ihre Hüften und schlug die Bettdecke zurück.
    Erschrocken keuchte sie auf.
    Unter der Decke hatte ein geschlossenes Wachstäfelchen gelegen.
    »Was ist?«, fragte Rudeger, der zur Tür hereinkam.
    Sie bückte sich und hob das Täfelchen mit spitzen Fingern auf. Sie öffnete es. Ein Text war eingekratzt. Sie ging zum Fenster, um das Restlicht auszunützen, doch dann wurde sie sich der Stille bewusst. Rudeger stand einen Schritt weit im Raum und starrte sie an. Nein, er starrte das Wachstäfelchen an. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
    »Gib es mir«, sagte er und streckte langsam die Hand aus.
    »Was ist das?«
    »Gib es mir.«
    »Was ist das, Rudeger? Was steht da drin?«
    »Nichts. Gib es mir einfach.«
    Sie wandte sich zum Fenster um und versuchte, die Schrift zu entziffern.
    »Gib es mir!«, brüllte Rudeger so laut, dass seine Stimme sich überschlug. Sie fuhr herum und erwartete, ihn vor sich zu sehen, die geballten Fäuste erhoben, doch er hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Seine Augen waren weit aufgerissen.
    Dann schwang die Tür hinter ihm leise zu. Meffridus Chastelose stand dahinter, und nur der Teufel mochte wissen, wie lange er da schon gestanden und gewartet hatte. Rudeger drehte sich so langsam zu ihm um wie ein Schlafwandler. Constantia gaffte den dicklichen Notar an, dann wurde sie sich bewusst, dass sie nur im Hemd

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