Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
verfault mir das Zeug bloß.«
    »Wem sagst du das?«, schnaubte Rudeger. »Mir stehen meine Zulieferer auch auf den Zehen.«
    Constantia sah geradeaus. Sich nicht anmerken zu lassen, was sie dachte, hatte sie in den letzten Monaten zur Perfektion entwickelt. Im Augenblick ließ sie sich nicht anmerken, dass Rudeger log. Er hatte nicht bloß Versprechungen abgegeben, sondern tatsächlich Tierhäute in großem Umfang gekauft. Es waren schöne Stücke gewesen – es war ihm darauf angekommen, die erste Wahl zu haben. Dass nicht längst die halbe Stadt von ihrem Verwesungsgestank erfüllt war, lag daran, dass Rudeger eine alte Fischerhütte flussabwärts gemietet hatte und die Ware dort still vor sich hin verrottete. Die Kosten für die Hütte addierten sich noch zu dem Verlust, den er jetzt schon durch die verdorbenen Häute hatte.
    »Ich dachte, du hättest mit den Zunftvorständen alles geklärt?«
    »Hab ich auch«, sagte Rudeger und ballte eine Faust. »Aber jetzt heißt es auf einmal, dass der Meister, der hierher umsiedeln wollte, es sich anders überlegt hat, weil die Zeiten so schlecht sind und er sich in der Stadt sicherer fühlt als bei uns.«
    »Die haben’s dir doch aber versprochen«, sagte Johannes.
    »Ja, und sie werden ihr Versprechen auch halten. Dafür sorge ich schon, ich bin ja schließlich nicht irgendwer.« Rudeger grinste zu breit. »Wenn es erst wieder einen neuen Kaiser gibt, lebt das Geschäft auf. Bis dahin ruht es eben auf den Schultern der Schlauen und Wagemutigen.« Er stieß seinen Schwiegervater an.
    Johannes rülpste laut. »Amen«, sagte er. Constantia musterte beide unter gesenkten Lidern hervor. Sie hätte am liebsten geschnaubt. Falls ihr Ehemann und ihr Vater zu den Wagemutigen gehörten, dann war nicht Schlauheit der Grund dafür, sondern Naivität. Sie fragte sich, wie lange Rudeger die Erkenntnis noch verdrängen wollte, dass seine Geschäftspartner in Nuorenberc ihre Zusagen einfach nicht einzuhalten gedachten, sondern die umfangreichen Lederproben, die Rudeger ihnen auf eigene Kosten hatte zukommen lassen, um sie von der Qualität der hiesigen Tierhäute zu überzeugen, schlicht verarbeitet und verkauft hatten, ohne Rudeger daran zu beteiligen. Die verfahrene Situation im Reich mochte ein Grund dafür sein, dass die Nuorenbercer ihren Ehemann einfach im Regen stehen ließen, aber Constantia war im Stillen davon überzeugt, dass sie es auch getan hätten, wenn die Lage anders gewesen wäre. Die allgemeine Rechtsunsicherheit machte es ihnen nur leichter.
    »Ich würde noch gern was mit dir besprechen«, sagte Rudeger und machte eine Kopfbewegung zu Guda und Constantia hin.
    Johannes nickte. Er brachte die letzte Wurst an sich und umfasste den Tisch mit einer ausholenden Gebärde. Constantia und ihre Mutter standen stumm auf, um die Küchenmagd zu holen und abräumen zu lassen. Rudeger tätschelte Constantias Hintern, als sie kurz neben ihm stand, und lächelte zu ihr hoch. Sie gab den Geist eines Lächelns zurück. Es war nur eine Komödie für ihre Eltern und das Einzige, worin sie sich beide unausgesprochen einig waren: Nach außen musste der Schein gewahrt bleiben.
    »Ich habe eine Idee, wie wir die Lage sogar für uns nutzen können«, begann Rudeger.
    Constantia folgte ihrer Mutter ins Obergeschoss. Sie verschloss ihre Ohren vor dem, was Rudeger ihrem Vater vorschlug, denn sie ahnte, worauf es hinauslief. Rudeger wollte sich bei Johannes Geld leihen. Der alte Wilt jedoch mochte auf noch so vielen Augen blind sein, mehr Geld in Rudegers verunglückte Geschäftsidee stecken würde er nicht. Rudeger würde mit leeren Händen von diesem Besuch zurückkehren. Vage fragte sie sich, ob er seine Enttäuschung an ihr auslassen würde. Aber was konnte er von ihr verlangen, das er nicht schon verlangt hatte?
    »Bist du schwanger, Constantia?«, fragte ihre Mutter.
    Constantia starrte ihre Mutter überrascht an. »Nein«, rief sie dann beinahe zu heftig.
    Guda legte ihr eine Hand auf den Bauch. Constantia empfand plötzlich Widerwillen bei der Berührung und musste sich zusammennehmen, dass sie die Hand nicht wegschlug. »Nein«, wiederholte sie sanfter und nahm Gudas Hand in die ihre. »Nein.«
    »Liegt es an Rudeger? Er wirkt in letzter Zeit geistesabwesend …«
    »Nein, Mutter. Er … ich … wir …«
    Guda blickte ihr forschend ins Gesicht. »Du befolgst doch, was ich dir gesagt habe? Wenn er seinen Samen vergossen hat, auf dem Rücken liegen bleiben und ganz flach atmen.

Weitere Kostenlose Bücher