Die Pforten der Ewigkeit
sagte Gabriel.
Der Reiter spähte nach oben. »Du hast aber nicht gewollt, weil du wusstest, dass du zuerst hättest dran glauben müssen.«
»Ach, wusste ich das?«
Der Reiter stieß einen kurzen Pfiff aus. Auf einem anderen Felsblock, nicht weit entfernt, richtete sich ein bulliger Mann mit einer Armbrust auf. Die Armbrust war geladen und gespannt und zielte auf Gabriel.
»Jetzt weißt du’s«, sagte der Reiter.
Gabriel pfiff seinerseits. Oben an der Hurde, die auf dem Bergfried saß, öffneten sich zwei Klappen, und zwei Bogenschützen legten ihre Waffen an. Einer zielte auf den Armbrustschützen, der andere auf den Reiter.
Gabriel und der Reiter sahen sich an. Gabriel begann zu grinsen. Der Reiter grinste ebenfalls.
»Du bist fett geworden«, sagte Gabriel.
»Und du bist so braun im Gesicht wie ein Bauernlümmel.«
Gabriel machte eine Handbewegung. Die beiden Bogenschützen verschwanden.
»Siehst du«, sagte Gabriel, »ein Vertrauensbeweis. Nun kannst du deinen Wachhund ebenfalls zurückpfeifen.«
»Du hast irgendwo noch einen dritten Bogenschützen, sonst würdest du das nicht tun«, meinte der Reiter.
»Kann schon sein. Aber das weißt du nicht. Tatsache ist, dass du keinen zweiten Armbrustschützen hast.«
»Na gut«, sagte der Reiter. Er machte eine Kopfbewegung. Der Armbrustschütze nahm den Bolzen aus der Rinne und kletterte von seinem Block herunter. »Vertrauen wir uns, so wie früher.«
»Herzlich willkommen auf Burg Staleberc, Bruder«, sagte Gabriel und machte eine einladende Handbewegung.
Hinter dem Felsblock trat der Armbrustschütze in die Lederschlaufe am Lauf seiner Armbrust und entspannte sie vorsichtig. Er sah zu seinem Kameraden nach oben, der, gut versteckt, durch einen Spalt die ganze Zeit über auf die Stelle gezielt hatte, an der Gabriel gestanden hatte.
»Du hast noch einen dritten Bogenschützen«, äffte der Mann, der seine Waffe entspannte. »Näh, näh, näh!«
Der andere kletterte ebenfalls von seinem Ausguck herab. »Aber du hast keinen zweiten Armbrustschützen.«
»Einer ein so großes Arschloch wie der andere«, brummte der erste Armbrustschütze.
Der zweite musterte ihn spöttisch. »Würdest du das Meffridus auch ins Gesicht sagen?«
»Nein! Drum sag ich es ja hier und jetzt. Weil wir zwei die größten Arschlöcher sind.«
»Ach, halt die Schnauze. Wer von uns soll jetzt zu der scheiß Kapelle zurückkehren?«
»Immer der, der fragt.«
»Na gut. Pass auf, dass du das richtige von den beiden Arschlöchern umlegst, wenn das Zeichen kommt.«
»Welches ist das richtige?«
»Ich würde sagen, so unter uns beiden, das Arschloch, das dir den Befehl zum Schießen gibt.«
Der erste Armbrustschütze lächelte freudlos. »Würdest du das Meffridus auch ins Gesicht sagen?«
Sie ballten die Fäuste und stießen sie leicht gegeneinander, dann trennten sie sich. Über die Felsen und Mauern legte sich wieder die Stille eines Herbstabends in einer verlassenen, leblosen Burg.
14.
WIZINSTEN
Fassungslos hörte Elsbeth den Bericht, den Marquard abgab. Anstelle von Rogers lag Godefroy auf dem Lager in ihrer Zelle, grinste, wärmte seinen unterkühlten Körper unter zwei Lagen Decken auf und ließ es zu, dass Walter nach den gemurmelten Anweisungen Adelheids eine heilende Paste auf seinen aufgeschürften Knöchel auftrug.
Nach dem Unglück hatte sich niemand mehr um Marquard gekümmert. Da Rogers halb besinnungslos in der Pflege der Nonnen und Walter unansprechbar war (selbst wenn sie eine gemeinsame Sprache gefunden hätten), hatte der alte Mann beschlossen, allein am Seeufer zu wachen und um Godefroy zu trauern. Er hatte zwei der Arbeiter überredet, ihm hinaufzuhelfen, und war dann dort oben geblieben.
»Ich ahnte nicht, dass du mich so ins Herz geschlossen hast«, sagte Godefroy und grinste noch breiter. Marquard grinste zurück, aber es schien ein wenig bemüht. Elsbeth merkte auf. Hier war offensichtlich mehr dahinter, als der alte Zimmerer zugeben wollte. Dass er Godefroy mochte, war nicht zu übersehen – jeder mochte den quirligen kleinen Franzosen –, doch es wirkte fast, als habe Marquard … ein schlechtes Gewissen?
Irgendwann während seiner Wache war es Marquard gewesen, als hörte er eine Stimme. Nach einigem Hinhören war er bleich geworden, hatte sich auf den Boden geworfen und zu beten begonnen. Die Stimme war die Godefroys gewesen, der ihn offenbar aus dem Jenseits rief und zur Rechenschaft zog.
»Zur Rechenschaft wofür?«, fragte
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