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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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machte. Umso tragischer ist, dass Großinquisitor Pietro eine sehr gemäßigte Haltung gegenüber den Ketzern eingenommen hatte und mit Predigten und gutem Zureden arbeitete anstatt mit Feuer und Schwert. Der Hass auf die Ketzer ist nun größer als je zuvor und wird auch hierherschwappen, wenn der Mord erst überall bekannt ist. Angeblich konnte Pietro noch mit seinem eigenen Blut die Anfangsworte des Credo auf den Boden schreiben, obwohl der Mörder ihm mit einer Axt den Schädel entzwei geschlagen hat.«
    »Gott steh seiner Seele bei«, flüsterte Elsbeth.
    »Versteht Ihr, was das heißt? Wenn Ihr Schwester Hedwig weiterhin erlaubt, so offen zu sprechen, werden ihre Worte irgendwann aus Wizinsten herausgetragen werden. Der Bau Eures Klosters hat bereits dafür gesorgt, dass die Stadt den Anschluss an die Welt wiedergefunden hat. Wenn bekannt wird, dass in Euren Mauern mit Eurer Erlaubnis Ketzerworte verbreitet werden, dann ist es um Euch, um Hedwig und um das Kloster geschehen.«
    Elsbeth ballte die Fäuste. »So weit geflohen, nur um wieder dort zu sein, wo ich am Anfang war«, murmelte sie erbittert.
    »Es würde mich nicht wundern, wenn sich in Milan nicht schon erste Übergriffe ereignet hätten. Es hilft den Häretikern auch nicht, dass sie über die Sache durchaus nicht einer Meinung sind. Vielleicht habt Ihr gehört, dass die Frauen der Albigenser die gleichen Rechte haben wie die Männer. Einer meiner Gewährsleute, der mit den Milaneser Häretikern seit Jahren Handel treibt und deshalb ihr Vertrauen hat, will erfahren haben, dass eine Ketzergruppe um eine aus Frankreich geflohene Gräfin namens Clarisse oder so ähnlich …«
    »Sariz«, sagte Elsbeth, ohne es zu wollen.
    »… oder Sariz, ja, jedenfalls dass diese Gruppe vehement gegen …« Daniel bin Daniel brach ab und musterte Elsbeth. »Sariz?«
    »Sariz de Fois«, sagte Elsbeth. »Kein Zweifel.«
    »Nie von der Dame gehört. Woher …«
    »Das ist eine lange Geschichte, Reb Daniel«, sagte Elsbeth. Sie fühlte sich schwindlig. Sariz de Fois … Rogers’ Mutter … er hatte keine Ahnung, wohin es seine Familie verschlagen hatte. Würde sie, Elsbeth, ihm die Botschaft überbringen – und so dafür sorgen, dass er sie noch schneller verließ? Aber wie könnte sie es ihm verschweigen?
    Sie hörte kaum, dass Daniel bin Daniel sagte: »Spielt ja auch keine Rolle. Ihr müsst etwas wegen Schwester Hedwig unternehmen, und zwar schnell.«
    Elsbeth hatte Mühe, sich darauf zu konzentrieren. Das Wissen, dass um Hedwigs willen die Zukunft des Klosters auf dem Spiel stand, wog plötzlich weniger schwer als das Wissen, dass sie Rogers erlösen konnte.
    »Ich würde Folgendes vorschlagen: Sondert sie von diesen Frauen ab, die an ihren Lippen hängen. Gewährt ihnen nur noch Zugang, wenn Hedwig gerade eine ihrer Visionen hinter sich hatte, und sorgt dafür, dass zuvor eine der Schwestern mit Hedwig gesprochen hat. Jemand muss ihr helfen, das, was sie sieht, auch zu deuten – und zwar so zu deuten, dass keine Häresie mehr übrig bleibt, oder nur so viel, dass es ungefährlich ist. Habt Ihr das verstanden?«
    »Reinhild wäre die Richtige für diese Aufgabe«, sagte Elsbeth langsam und mit den Gedanken immer noch bei Rogers.
    »Schwester Elsbeth – was ist denn los mit Euch? Ich meine ernst, was ich Euch sage. Ihr seid in Gefahr, wenn Ihr Hedwigs Reden nicht einen Riegel vorschiebt. Gibt es bei den christlichen Frauenorden nicht den Ausdruck ›Reklusen‹ – für heilige Frauen, die von der Welt abgeschottet leben?«
    »Ja …«
    »Dann baut eine kleine Hütte für Hedwig, irgendwo auf dem neuen Klostergelände. Allein der Matsch und der Dreck überall werden dafür sorgen, dass sie nicht mehr so freizügig aufgesucht wird. Und wenn sie mit ihren … Bewunderern … gesprochen hat, dann sorgt dafür, dass Schwester Reinhild nachher zugegen ist, um den Zuhörerinnen bei der Interpretation«, er räusperte sich, »zu helfen .«
    »Ich kann Hedwig doch nicht so einfach wegsperren!«
    »Das tut Ihr ja nicht. Außerdem ist Euch ebenso wie mir klar, dass der Unterschied für Hedwig nicht beträchtlich ist. Sie lebt ohnehin in ihrer eigenen Welt. Ihr könnt die kleine Klause ja mit allen Annehmlichkeiten ausstatten.«
    »Hedwig wandelt gerne draußen herum.«
    »Darauf sollte sie in Zukunft verzichten«, sagte Daniel bin Daniel, und Elsbeth blickte erstaunt zu ihm auf. Die Härte in seiner sonst so verbindlichen Stimme war durch ihre Verwirrung

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