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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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den, dass Rogers nach den ersten Malen begonnen hatte, seinen Erguss zu unterdrücken. Sie hatte es geliebt, ihn auf sich zu spüren, und manchmal erschreckte es sie, welches Maß an Selbstbeherrschung seine albigensische Erziehung ihm ermöglichte. Es schien beinahe unmenschlich; wenn er zärtlich sagte, dass er es zu ihrem Schutz tat (wollte sie wirklich jedes Mal riskieren, schwanger zu werden?), verstand sie es und hätte sich doch gleichzeitig gewünscht, dass er sich in der Ekstase vollkommen verlor. Es war verrückt und unlogisch und vollkommen inkonsequent, und doch war es die Wahrheit.
    »Rogers …«, sagte sie.
    »Hm?«
    »Zählst du bereits die Tage?«
    »Die Tage, bis wir wieder zusammen sind?« Er lachte. »Gerade im Moment noch nicht. Da zähle ich höchstens die Minuten, bis deine Hand dorthin wandert, wo sie schon seit einiger Zeit hinmöchte.«
    »Ich meine die Tage, die wir noch zusammen sind.«
    Er schwieg.
    »Ich muss dir etwas mitteilen«, begann sie in die Stille hinein. Ihr Herz schrie: Nein, sag es nicht. Sag es ihm morgen! Übermorgen! In hundert Jahren!
    Ja – und setze die Todsünde und den Bruch deines Gelübdes und die Verhöhnung all dessen, was du gelobt hast, fort! Doch die Stimme ihres Herzens war viel, viel lauter als die ihres Gewissens, und selbst dieses schien sich manchmal zu fragen, ob etwas, das zwei Menschen zu einem machte, nicht in Wahrheit das war, was Gott gemeint hatte, als er die Liebe in die Welt hatte kommen lassen. Im Angesicht des Glücks, das sie empfand, wenn sie mit Rogers zusammen war, schien die Erbsünde die Erfindung eifersüchtiger alter Männer zu sein, die am Ende ihres Lebens erkannten, dass sie etwas eminent Wichtiges die ganze Zeit vernachlässigt hatten. Sie war sich ihr bewusstes Leben lang völlig sicher in den Regeln des Ordens von Cîteaux gewesen. Seit sie Rogers kannte, schienen ihr Herz und jede Faser ihres Körpers ihr andere Wahrheiten mitzuteilen.
    Rogers schien aufzuhorchen. »Etwas Gutes oder etwas Schlechtes?«
    »Etwas, das deine Wünsche erfüllt und alle meine zu Asche werden lässt.«
    Er blieb so lange reglos liegen, dass sie bereits dachte, er habe sie nicht verstanden. Doch dann drehte er sich vorsichtig um und sah ihr ins Gesicht. Er nahm ihre Hände und küsste ihre Handflächen.
    »Ich liebe dich«, sagte er. »Ich liebe dich von ganzem Herzen, mit jeder Faser meines Körpers und mit jedem Funken meines Verstands. Wenn ich einen Wunsch haben sollte, der dir Schmerzen bereitet, dann will ich nicht, dass er sich erfüllt.«
    »Du hast bereits einen«, stieß sie mit zusammengepresster Kehle hervor. »Mich zu verlassen.«
    »Yrmengard«, flüsterte er. Sein Gesicht verzog sich schmerzlich. »Yrmengard … ich muss wenigstens versuchen, meine Eltern zu finden. Wenn ich schon …« Er zögerte kurz, wie immer bei diesem Thema. Ihr war klar, dass er etwas vor ihr verbarg, etwas, das irgendwie mit seinem Besuch in Staleberc zu tun hatte. Etwas, das, so hatte er einmal zwischen den Zeilen angedeutet, sie in Gefahr bringen konnte und das ihr stets eine Gänsehaut verursachte, wenn sie daran dachte. »… sonst nichts für mein Volk unternehmen kann, dann will ich wenigstens versuchen, meine Familie zu finden. Wahrscheinlich sind sie alle längst tot, auf der Flucht umgekommen oder in den Kerkern der Inquisition. Ich will mich nur vergewissern. Danach komme ich wieder zu dir zurück. Ich verspreche es dir. Bei meinem Leben, wenn du willst.«
    »Sie sind nicht tot.«
    »Danke, dass du das sagst. Ich hoffe es ebenso. Aber die Wahrscheinlichkeit …«
    »Sie sind nicht tot.« Sie zwang sich, weiterzusprechen. Es noch länger zu verschweigen wäre der schlimmste Betrug an ihm gewesen, den sie sich vorstellen konnte. »Deine Mutter …«
    Schritte ließen plötzlich den Holzboden erzittern. Jemand musste die Leiter heraufgekommen sein und über den Dachboden stürmen. Rogers richtete sich mit einem Ruck auf. Seine Bewegung zog die Decke fort und ließ sie auf den Boden rutschen.
    »Was, zum Henker …?«
    »Rogers, deine Mutter ist …«
    Die Tür flog auf. Godefroy stürzte herein. Er trug zwei Schwerter in der Hand. Elsbeth war so überrascht, dass sie nicht einmal daran dachte, ihre Nacktheit zu bedecken. Godefroy hatte keinen Blick für sie. Er stieß etwas auf Französisch hervor. Sein Gesicht war bleich. Rogers sprang aus dem Bett, ebenfalls splitternackt. Godefroy warf ihm ein Schwert zu. Rogers spießte es in den Boden und

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