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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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schlüpfte mit rasender Hast wahllos in die nächsten Kleidungsstücke, die er fand. Godefroy keuchte.
    »Was ist los?«, rief Elsbeth voller Furcht.
    »Die Baustelle wird überfallen!«, knurrte Godefroy.
    5.
WIZINSTEN
     

     
    Bis sie die Klostergasse entlanggerannt und hinter der Benediktinerruine angekommen waren, herrschte auf der Wiese bereits das Chaos. Von der Rückseite des ehemaligen Klosters hatten sie einen hervorragenden Überblick über die Baustelle. Männer rannten hin und her, Fackellicht flackerte über die Szene, Frauen kreischten, Hunde bellten, Befehle und Flüche wurden gebrüllt. Rogers, der stehen geblieben war, um sich zu orientieren, spürte, wie Elsbeth in ihn hineinrannte. Sie hatte sich nur ihre Tunika übergeworfen und war barfuß. Er hörte sie keuchen.
    »Heiliger Theodor!«
    Die Arbeiter wurden aus den Hütten gezerrt. Ein halbes Dutzend Angreifer oder noch mehr war zugange und trieb die Männer mit Fußtritten vor sich her. Wer stürzte, wurde an den Haaren gepackt und über den Boden geschleift. Ehefrauen, die die Angreifer aufhalten wollten, wurden niedergeschlagen. Alles bewegte sich voller Hektik. Kinder weinten. Ein Mann saß auf einem Pferd, das sich immer wieder auf die Hinterbeine erhob und darauf drehte. Der Reiter schrie Befehle. Rogers starrte fassungslos auf das Desaster. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Elsbeth vorwärtsstürzte. Er bekam sie gerade noch zu fassen. Sie versuchte sich loszumachen.
    »Wir müssen den Leuten helfen!«, rief sie.
    »Lauf zurück in die Stadt. Wirf den Pfarrer aus dem Bett. Er soll die Kirchenglocke läuten. Wir brauchen Unterstützung. Schnell, schnell!«
    Elsbeth wirbelte herum. Aus dem Klosterbau kamen die ersten Nonnen gelaufen. Elsbeth packte die Nächstbeste am Arm und wiederholte Rogers’ Befehl. Die junge Frau glotzte sie voller Panik an. Elsbeth gab ihr einen Stoß in Richtung Stadt. Die Zisterzienserin raffte ihren Habit und begann zu rennen.
    »Du solltest gehen, du!«, schrie Rogers wütend.
    »Du willst mich nur aus der Schusslinie haben. Aber das ist meine Baustelle!«
    Godefroy kam schlitternd neben ihnen zum Stehen. Er hatte seine Armbrust geholt und keuchte, während er begann, sie zu spannen.
    »Worauf willst du denn schießen, verdammt?«, brüllte Rogers. »Das ist ein einziger Hexenkessel. Du triffst eher einen der Arbeiter. Los, wir müssen rein!« Er packte sein Schwert fester. »Wo, um alles in der Welt, ist Walter?«
    Der Reiter ließ sein Pferd tanzen. Rogers sah ihm über die Entfernung hinweg zu. Er gab seinen Beinen den Befehl, loszurennen, aber seine Beine wussten bereits etwas, was sein Hirn sich weigerte zu akzeptieren. Die Arbeiter wurden zu Boden gezwungen, wo der Reiter an ihnen vorbeikam, dem einen oder anderen wurde der Kopf brutal in den Nacken gezogen, damit der Reiter sein Gesicht sehen konnte. Eine Frau hängte sich an seinen Steigbügel; er schüttelte sie ab wie eine Fliege.
    »Wo ist mein Schwert?«, schrie Godefroy.
    Rogers fuhr herum und sah Elsbeth, die bereits ein Dutzend Schritte in Richtung Baustelle gelaufen war, Godefroys Schwert hinter sich herziehend. Der Anblick löste seine Erstarrung. Er setzte ihr hinterher, noch während die Erkenntnis wie ein Blitzschlag in seinem Bewusstsein ankam, was an dem Reiter so besonders war. Godefroy ließ die Armbrust fallen und rannte ebenfalls. Rogers hörte Elsbeth vor Zorn schreien. Nach einem weiteren Dutzend Schritte hatte er sie eingeholt. Die ersten Flüchtlinge von der Baustelle hasteten an ihnen vorbei, Frauen mit zerrauftem Haar, heulende Kinder, Männer, denen der Schock in den weit aufgerissenen Augen stand. Rogers schlang die Arme um Elsbeth und hielt sie auf. Vorne auf der Baustelle wurde ein Mann niedergeschlagen, der mit bloßen Händen auf die Angreifer losging – Wilbrand. Elsbeth wand sich und zappelte wie eine gefangene Katze.
    »Lass mich los!«
    Godefroy entriss ihr das Schwert. Rogers’ Herz hämmerte so heftig, dass die wenigen Schritte ihn schon atemlos gemacht hatten. Er sah sich plötzlich vor Guilhelm de Soler in dessen nach Pisse stinkendem Zelt neben der Straße in Terra Sancta stehen, spürte die Anwesenheit von Guilhelms unheimlichem Helfer, glaubte wie damals schon zu fühlen, wie ein Schnitt seine Kniesehnen durchtrennte. Er gab Elsbeth einen so harten Stoß, dass sie beinahe gestürzt wäre.
    »Zurück ins Kloster!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. O Gott, wenn ihr etwas zustieß … wenn der Reiter

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