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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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den beiden anderen. Sie betraf Kreuze neben der Straße, unter denen die blutgetränkten Waffenröcke von Tempelrittern lagen. Walter musterte den gehäuteten Leichnam der Katze und zuckte mit den Schultern. »Man kann sehen, dass es um das rechte Maß an Religion geht, wenn die Opfer ganz besonders schlimm zugerichtet sind«, sagte er.
    Rogers zögerte einen Augenblick. Schließlich streckte er sich und nahm die tote Katze ab. Er legte sie beinahe zärtlich auf den Boden. Dann fasste er unter seine Tunika. Godefroy und Walter beobachteten ihn stumm, wie er den Fetzen seines früheren Waffenrocks mit seinem Wappen dort befestigte, wo zuvor die Katze gewesen war. Dann drehte er sich um. Sie fragten ihn nicht, warum er das getan hatte. Er wusste es selbst nicht genau. Er hatte Trotz gefühlt und daran gedacht, dass sein Vater und dessen Vater als Beschützer der Glaubensgemeinschaft in der Heimat gegolten hatten; es war, als hätte er sagen wollen: Trencavel war da; zwar nicht rechtzeitig, aber doch da .
    »Gehen wir«, sagte er.
    »Wohin?«
    »Zunächst zu einer Schänke, wo wir das Geld, das wir noch übrig haben, für etwas zu essen und trinken und ein Nachtlager ausgeben. Danach – keine Ahnung.« Nachdem der Tuchfetzen aufgehängt war, fühlte er sich müde und mutlos. Die zerstörten Heime der milanesischen Albigenser hatten ihm einen Schock versetzt. Norditalien war bislang ein sicherer Hafen für die Bonhommes gewesen; etliche der reicheren Familien hatten sogar Teile ihres Vermögens in Stiftungen umgewandelt und italienischen perfecti übergeben, weil sie das Gefühl gehabt hatten, ihre Kultur habe dort eine größere Überlebenschance als in der Heimat. Und nun … zerstörte Häuser, vertriebene Bewohner. Albigenser zu sein hieß nicht zwangsläufig, weise zu sein; und den päpstlichen Inquisitor Pietro zu ermorden war alles andere als weise gewesen. Mittlerweile hatte Rogers gehört, dass Pietros Mörder sich in ein Kloster geflüchtet und dort seine Tat gestanden hatte. Man hatte seine Reue anerkannt, anstatt ihn aufzuhängen. Die Sache roch fischig, aber sie wurde nicht besser dadurch, dass die Hitzköpfe unter den hiesigen Bonhommes wahrscheinlich einem Komplott aufgesessen waren und Pietro in Wahrheit von seinen eigenen Leuten umgebracht worden war, um die Übergriffe gegen die Glaubensbrüder zu rechtfertigen. War Pietro nicht sehr vorsichtig und behutsam mit den Albigensern umgegangen? Sicherlich hatten gewisse Kreise in der Kirche ihn für eine Fehlbesetzung gehalten. Und einige der tonangebenden Ketzerfamilien hatten genau den Mann für den Mord angeheuert, der den Auftrag gehabt hatte, sich anheuern zu lassen. Das war der Lohn dafür, wenn man gegen seinen eigenen Glauben verstieß – das Dunkel holte einen ein. Ein solcher Schritt wäre niemals ohne die Zustimmung von mindestens einem einflussreichen perfectus möglich gewesen. Einem Menschen, der geschworen hatte, weder Mensch noch Tier Schaden zuzufügen.
    Und dafür hatte er nun die einzige Frau verlassen, die ihm etwas bedeutete: für geplünderte Häuser und die Erkenntnis, dass es keine Vollkommenheit gab, wenn die Welt um einen herum beschmutzt war.
    Godefroy und Walter sagten nichts. Sie nahmen die Pferde am Zügel und folgten Rogers auf seinem ziellosen Weg durch die Gassen Milans.
    Die Schänke war nicht mehr als ein dunkles Loch im Souterrain eines Hauses, unweit der Basilika und von einem sehr lauten Haufen Arbeiter belagert. Es waren ausschließlich Männer, sie kamen von der Kirchenbaustelle, und sie hatten den Wirt dazu gebracht, einen Kessel über einem offenen Feuer zur Verfügung zu stellen. Sie kochten ein gemeinsames Mahl. Rogers fühlte seinen Magen knurren, aber noch lauter meldete sich sein Herz. In Wizinsten waren sie ebenfalls in einer derartigen Gemeinschaft aufgegangen. Er hatte sie aufgegeben im Glauben, hier wieder auf sein Volk zu stoßen. Tatsächlich fühlte er sich in Milan mehr denn je als Wanderer zwischen den Welten.
    Sie nahmen an einem der Tische draußen Platz, so weit wie möglich abseits der Arbeiter. Rogers bestellte einen Krug Wein und machte die Erfahrung, dass er für die Bereitstellung der Becher gesondert zu zahlen hatte. Was immer Milans Zukunft noch bringen konnte, zumindest der Wirt hier schien beschlossen zu haben, sein Schäfchen schnellstmöglich ins Trockene zu bringen. Der Wein war zu Rogers’ Erstaunen nicht übel. Sie tranken schweigend. Dass selbst Godefroy und Walter darauf

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