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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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verzichteten, sich gegenseitig zu necken, sagte Rogers, dass seine Freunde nicht weniger entmutigt waren als er. Resigniert betrachtete er einen Bettler, der sich mit einer Holzschüssel samt Deckel an den anderen Gästen entlang in ihre Richtung vorarbeitete. Wann immer der Bettler etwas bekam – selten genug –, öffnete er den Deckel der Holzschüssel einen Spalt, ließ die Münze verschwinden und klappte ihn wieder zu. Er hinkte stark; vermutlich hatte sich schon einmal jemand mit einem raschen Griff in seine Schüssel bedient und war davongelaufen, ohne dass der Krüppel ihn hätte einholen können. Nun war er aus Schaden klug geworden und sicherte seine Einnahmen mit dem Deckel ab.
    »Per vun poveretto, bon scior, per vun poveretto« , murmelte der Bettler, als er bei ihnen angekommen war. Er sah Rogers bittend an.
    Rogers begann in seiner Börse zu kramen. Godefroy war schneller und fand eine Münze. Er wollte sie in die Schüssel werfen, doch der Bettler nahm den Deckel nicht ab. Seine Blicke ließen Rogers nicht los.
    Godefroy klopfte mit der Münze auf den Deckel. »Aufwachen!«, sagte er. »Hier, für dich!«
    Der Bettler beachtete ihn nicht. »Per vun poveretto, bon scior« , sagte er zu Rogers. Er hielt die Schüssel in die Höhe.
    Rogers gab seinen Blick misstrauisch zurück. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Walter die Hand mit seinem Almosen senkte und die andere langsam zum Griff seines Schwerts kroch. In Milan war die öffentliche Ordnung noch zu konfus, als dass man sie wie in anderen Städten aufgefordert hätte, die Waffen in der Wachstube des Tors zurückzulassen, durch das sie die Stadt betreten hatten. Die Schüssel hing nun beinahe vor Rogers’ Nase. Er dachte plötzlich daran, dass eine Giftschlange darin sein konnte, die hervorschnellte und ihn biss, sobald der Bettler den Deckel öffnete. Doch die anderen Gäste der Schänke hatten dem Bettler auch Geld gegeben, ohne dass etwas passiert wäre. Und warum sollte etwas geschehen? Wer kannte ihn hier schon, geschweige denn seine Zugehörigkeit zu den Albigensern?
    Rogers hob die Münze langsam hoch. Der Bettler rollte auffordernd mit den Augen. Als Rogers die Münze in die Schüssel legen wollte, klappte der Bettler den Deckel hoch.
    Unter den anderen Almosen, die er in der Schänke bekommen hatte, lag ein zerschlissener Fetzen Tuch. Rogers starrte ihn an. Er kannte ihn gut. Vor noch nicht einer Stunde hatte er ihn eigenhändig von seinem Hemd abgetrennt und über einen Hauseingang gehängt.
    Der Bettler ließ den Deckel zuschnappen. Rogers suchte seine Blicke. Der Mann hatte Tränen in den Augen.
    »Oh, Mesire«, flüsterte er in reinstem Occitan, »oh, Mesire – dass Ihr endlich hier seid. Wir haben so auf Euch gewartet!«
    5.
MILAN
     

     
    Der Bettler, der zu hinken aufgehört hatte, sobald sie außer Sicht der Schankgäste waren, führte sie zu einem Pilgerhospiz außerhalb der früheren Stadtmauern. Die Pilgersaison war beinahe vorüber, und außer dem Gesinde war keine Menschenseele im Gästebereich des Hospiz zu sehen. Als der Bettler einen der Knechte anredete, wurde Rogers klar, dass die Dienstboten nicht zum Hospiz gehörten; sie waren das Gesinde einer Reisegruppe, die hier Logis gefunden hatte. Normalerweise stand ein Pilgerhospiz nur eine Nacht und für eine Mahlzeit gratis zur Verfügung. Wenn bezahlt wurde und die Kapazitäten des Hospizes nicht ausgenutzt waren, konnte es vorkommen, dass der Wirt ein paar Augen zudrückte. Es sah so aus, als sei die Reisegruppe schon eine ganze Weile hier.
    »Sag Scior di Ponte und der Sciora Bescheid, dass Mesire Rogers angekommen ist«, bat der Bettler. Eine Dienstmagd starrte Rogers an, knickste tief und eilte aus dem Raum.
    »Wer ist Scior di Ponte?«, fragte Godefroy.
    »Keine Ahnung«, murmelte Rogers. »Und erst recht keine Ahnung, warum die hier auf uns gewartet haben sollen.«
    »Sie haben auf dich gewartet«, präzisierte Walter. Er lockerte sein Schwert in der Scheide. Rogers schüttelte den Kopf.
    »Wenn man uns hier an den Kragen wollte, hätte man versucht, uns die Schwerter abzunehmen«, sagte er. »Das ist ein Pilgerhospiz hier, normalerweise werden Waffen nicht über seine Schwelle getragen.«
    »Mein Vater hat mir immer geraten, dass man sich an die Sitten der Gastgeber halten soll«, sagte Walter.
    »Dein Vater ist in Al-Mansurah gefallen«, bemerkte Godefroy.
    Walter lockerte sein Schwert erneut. »Ich habe ja auch nicht gesagt, dass es ein guter Rat war.«
    Die

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