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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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getötet, woran ich mich in der Vergangenheit jemals geklammert habe. Ich habe keine Vergangenheit mehr, und es gibt nichts, wohin wir beide zurückgehen könnten, um von vorne anzufangen.«
    Rudeger ließ sich sehr lange Zeit mit der Antwort, eine Zeit, in der er sie so eingehend musterte wie noch nie zuvor und sich dann umwandte und das Tal betrachtete, das einmal sein Heim gewesen war.
    »Wir haben’s versaut, oder?«, fragte er.
    »Du hast es versaut«, erwiderte sie, wissend, dass auch er nicht ursächlich schuld an allem war. Wer trug Schuld? Lodewig, der sie vergewaltigt hatte? Ihre Eltern, die nie auch nur ein einziges Mal gefragt hatten, was ihr zugestoßen war, und stattdessen die Gelegenheit genutzt hatten, Meister Walters Handwerk zu übernehmen, so schnell es ging? Sie selbst, weil sie so dumm gewesen war zu glauben, dass die Welt ein lichter Ort war?
    »Diesmal werde ich es nicht versauen, Constantia.«
    »Dann habe ich dein Versprechen?«
    Rudeger nickte.
    Constantia betrachtete Ella Kalp, die sich wieder auf den Weg gemacht hatte und sich langsam über das letzte steile Stück vor dem Damm näherte.
    »Bring den Damm zum Einsturz«, sagte sie. »Und das Wasser aus dem See und all das Treibholz darin werden wie der Zorn Gottes den Berg hinunterdonnern und die Baustelle auslöschen, und ich verspreche dir, danach wirst du Meffridus auf allen vieren winselnd im Dreck wühlen sehen, und alle, die er hier in der Stadt terrorisiert hat, werden zu ihm hingehen und ihn zu Tode treten wie den Hund, der er ist.«
    Und Meffridus’ Blutgold wird unwiederbringlich begraben sein , fügte sie in Gedanken hinzu, und die Erinnerung daran weggewaschen von Wasser, Schlamm und Blut .
    Meffridus war ihrer beiläufigen Bemerkung gefolgt, dass es einen Platz gab, an dem garantiert niemals jemand nach dem Schatz suchen würde: unter dem Kreuzgang von Porta Coeli. Genau dort hatte er ihn vor einigen Nächten vergraben. Und genau dort würde der Schatz bleiben, wenn das Wasser erst über den Ort hinweggegangen war und jedes Erkennungsmerkmal, jede Landmarke ausgelöscht hatte, wenn die alte Linde entwurzelt zusammen mit all dem anderen zerschmetterten Holz und den zerschlagenen Mauern irgendwo angeschwemmt lag, wenn der Kreuzgang nicht mehr stand. Wenn Porta Coeli in eine Wüste aus Schlamm und Schutt verwandelt war, über die Meffridus in alle Ewigkeit taumelte wie die verdammteste Seele in der Hölle.
    Rudegers gesundes Auge starrte sie an, weit aufgerissen und rund.
    Sie nickte ihm zu und schritt über den Damm, gerade als Ella schnaufend seine Krone erklomm. »Wir gehen wieder zurück«, sagte sie. »Komm.«
    Ella drehte sich japsend und mit offenem Mund nach ihr um. Dann ließ sie die Schultern sinken und trottete ihr hinterher. Als Constantia sich umdrehte, sah sie, dass Rudeger sich zu dem einen Arbeiter am Ufer gesellt hatte und ihm half, das Tau zu ziehen, dann nahm der Damm ihr die Sicht.
    Sie wusste, dass Rudeger dieses Mal sein Wort halten würde.
    Sie hätte Triumph verspüren sollen, aber sie spürte nur die jämmerlichste Angst ihres Lebens.
    4.
PAPINBERC
     

     
    »Wir werden immer noch verfolgt«, flüsterte der schmale, dunkel gekleidete Mann, den Rogers als den Assistenten des Bischofs von Papinberc kennengelernt hatte. Er sah so unauffällig aus, dass Rogers sicher war, er hätte ihn in der Menschenmenge nicht mehr wiedergefunden, wenn sie getrennt worden wären. Der Frost der letzten Tage hatte sich abgeschwächt und einem beinahe warmen Wind Platz gemacht, und es schien, als hätten alle Bauern und Händler die Gelegenheit genutzt, ihre Lager zu räumen, bevor der Winter endgültig kam. Die Papinbercer hatten das Angebot in ebenso großer Zahl wahrgenommen. Es herrschte ein Gedränge wie an einem Markttag im Sommer, und es wurde nicht besser dadurch, dass einem Goldschmied wenige Augenblicke zuvor eine Fibel gestohlen worden sein musste. Der Mann zeterte so laut, dass der halbe Markt an seinem Stand zusammenlief und die Gasse noch mehr verstopfte.
    Es wurde erst leichter, als Rogers, Sariz und Adaliz ihrem Führer in ein Stadtviertel folgten, das sich schon durch seine äußere Schäbigkeit als von Juden bewohnt auswies. Rogers verstand vollkommen. Wie seine eigenen Glaubensbrüder zahlte es sich in diesen Zeiten auch für die Juden aus, möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Er war sicher, dass es in diesen sorgfältig heruntergekommenen Häusern versteckte Räume gab, in denen ihre Bewohner dem Luxus

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