Die Pforten der Ewigkeit
frönten, den sie sich durch ihre beharrliche, fleißige Arbeit erworben hatten.
»Nicht mehr lange«, sagte Rogers. Er nickte seiner Mutter und Adaliz zu. Ein paar Schritte voraus hatte er die passende Gassenöffnung erspäht.
Hartmann schaute überrascht auf, als Rogers ihn in die Gasse zog, aber Rogers legte den Finger auf die Lippen, und der bischöfliche Assistent verhielt sich still. Sariz und Adaliz eilten die dunkle, enge Gasse entlang und verließen sie am anderen Ende wieder. Rogers hingegen drückte sich mit Hartmann in die Nische einer zugemauerten Tür.
»Was …?«, begann Hartmann.
»Pssst!«
Etliche Herzschläge später schob sich ein Kopf vorsichtig um die Öffnung der Gasse herum. Rogers und Hartmann pressten sich, so eng sie konnten, an die Wand. Rogers hörte eine geflüsterte Konversation, dann kamen zwei Männer langsam herein und blinzelten in der düsteren, engen Schlucht. Einer von ihnen fluchte leise.
Rogers ließ sie so nahe herankommen, dass sie sein Versteck im nächsten Moment entdecken mussten. Dann trat er schnellen Schrittes in die Gasse hinaus. Hartmann hatte die Geistesgegenwart, ihm zu folgen. Die Männer schraken zusammen.
»Verirrt, meine Herren?«, fragte Rogers freundlich.
»Scheiße«, sagte einer der Männer und griff unwillkürlich an seinen Gürtel. Er war leer. Anders als in Milan funktionierten in Papinberc die Stadtregeln, und so trug niemand Waffen, der nicht eine Erlaubnis dazu besaß. Der Mann ballte eine Faust, aber als vom Gasseneingang her plötzlich Geschrei zu hören war, fuhr er herum.
»Das sind die Kerle«, sagte ein Mann in einem zerschlissenen Johannitermantel. »Ich hab es genau gesehen.«
Ein halbes Dutzend aufgebrachter Bürger drängte zur Gasse herein. Rogers Verfolger glotzten sie verständnislos an. Rogers packte die Hand des einen, bog ihm die Faust auf und drückte blitzschnell die Fibel hinein, die Godefroy vom Marktstand gestohlen und ihm so unauffällig übergeben hatte, dass es nicht einmal Hartmann aufgefallen war. Nun stand Godefroy in seinem dunklen Johanniterhabit da und deutete theatralisch auf die beiden Spitzel.
»Hä!?«, machte der eine von ihnen. Der andere, dem Rogers das Schmuckstück in die Hand gedrückt hatte, besaß die Dummheit, die Hand zu heben und nachzusehen, was er da plötzlich hielt. Der Goldschmied heulte auf.
»Das ist meine Fibel! Genau das ist sie!«
»Was, zum Henker …«, begann der vermeintliche Dieb.
»Helft uns, Männer!«, rief Rogers. »Sie wollten uns gerade die Börse abschneiden.«
Hartmann bewies, dass er bei aller äußerlichen Unauffälligkeit ein würdiger Gefährte war. »Ich bin der Assistent von Bischof Heinrich«, sagte er laut. » Mich wollten diese Kerle bestehlen. Mich! Zieht sie zur Rechenschaft!«
»Wir sind keine Diebe, ihr Idioten, wir sind …«, begann der eine von Rogers Verfolgern und brach ab. Seine Augen wurden schmal vor Wut. Hände packten ihn und seinen Kumpan und rissen sie herum. Rogers lächelte ihm ins Gesicht, als er noch einen letzten Blick über die Schulter warf.
»Zum Marktvogt. Bringt die Schweinehunde zum Marktvogt!«
»Ihr Narren, wir haben nichts gestohlen …«, stieß der Spitzel hervor, der wie zum Hohn immer noch die Fibel in der Hand hielt.
»Halt die Schnauze!«, schnappte der andere. »Wir kriegen dich, Trencavel!«, zischte er dann zu Rogers, konnte aber nicht mehr weitersprechen, weil eine beherzte Bürgersfaust sich in seinen Leib bohrte. Mit Geschrei und Gefluche wurden die beiden davongezerrt. Godefroy blieb am Gasseneingang zurück, im Eifer der Überführung eines gemeinen Diebs vergessen. Er zuckte mit den Schultern, als sei gerade nichts geschehen, was er nicht jeden Tag erlebte. Sariz und Adaliz traten zum anderen Ende der Gasse herein, gefolgt von Walter, der sie dort abgefangen hatte. Hartmann begann über das ganze Gesicht zu grinsen.
»Ihr seid ein Mann nach meinem Geschmack, Mesire«, sagte er.
»Ist es noch weit?«
»Nein, wir sind bald da. Ich darf Euch nochmals daran erinnern, dass selbst im Haus unseres Freundes Daniel bin Daniel nicht jeder weiß, wer sein Gast ist. Deshalb hat es auch die paar Tage gedauert, bis ein Treffen gefahrlos möglich war. Wir wollten Euch nicht die Schmach antun, Euch wie Verbrecher irgendwo auf einem einsamen Feld treffen zu müssen.«
»Ich verstehe das«, sagte Rogers, der in den letzten Tagen vor Ungeduld beinahe geplatzt war und sich nur durch die Warnung, dass er durch eine unbedachte
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