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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sagen wollte. Er spürte, wie ihn eine solche Eiseskälte ergriff, dass er zu zittern begann. Gabriel lächelte und wandte sich an ihn.
    »Wir haben uns solche Mühe gegeben, nur die dümmsten Knechte von Graf Rudolf zur Wache auf der Altenburg einzuteilen«, sagte er. »Wir mussten ja sicherstellen, dass du dich, deine Mutter und deine Schwester befreist. Wie hätten wir sonst darauf kommen sollen, wo dein Vater sich versteckt hielt? Wir sind euch einfach hinterhergeritten, Rogers, als ihr aus Brugg geflohen seid. In gewisser Weise kann man dem jungen Mann hier gar keinen so großen Vorwurf machen wie dir selbst, Rogers. Er hat eine Stunde lang nicht gemerkt, dass ich ihm gefolgt bin. Du hast es zehn Tage lang nicht bemerkt, und wir waren mit einem halben Heer unterwegs.«
    Gabriel lächelte erneut, dann stützte er sich freundschaftlich auf Rogers Schulter, während er sich erhob. Er ächzte und massierte sich den verlängerten Rücken. »Ah«, sagte er, »da kommt er ja.«
    Rogers starrte auf den Boden. Er hatte Mühe, sich gerade zu halten. Ihm war so schlecht, dass er sich am liebsten übergeben hätte.
    »Nicht deine Schuld«, sagte Ramons leise.
    »Wessen sonst?«, flüsterte Rogers mit tauben Lippen. »Wessen sonst?«
    »Das sind sie, ehrwürdiger Vater«, hörte er Rudolf sagen. Der Graf trat mit einem kleinen, schmalen Mann in das Rund, das von Rudolfs Soldaten freigehalten wurde. Die Menschenmenge wogte und drängte und bekam immer noch Verstärkung, obwohl die Wintersonne mittlerweile hinter die Dächer gesunken war und es kalt wurde in den Häuserschatten. Rogers, der in seiner eigenen Kälte fröstelte, stierte den Neuankömmling an. Rudolf machte eine Kopfbewegung, und die Soldaten, die nicht damit beschäftigt waren, die Gaffer zurückzuhalten, sanken auf ein Knie. Gabriel faltete die Hände, kniete sich vor den kleinen Mann und küsste dessen nachlässig hingehaltene Hand.
    »Es sind albigensische Ketzer«, sagte Rudolf. »Wir haben sie bis hierher verfolgt, wo sie sich im Haus eines Juden trafen. Ich schätze mich glücklich, ehrwürdiger Vater, Euch, der Kirche und Eurer Stadt den Dienst erweisen zu können, diese Läuse aus dem Pelz zu kämmen.«
    Bischof Heinrich wippte auf den Fußballen und starrte fassungslos um sich. Sein Kopf ruckte herum wie der eines Vogels, zu Graf Rudolf, der ihn um mehr als Haupteslänge überragte, zu Gabriel, der aufgestanden war und trotz seiner mittleren Größe immer noch auf den Bischof herabsehen konnte, und weiter zu der Menge, durch die ein Raunen gegangen war, als Rudolf gesprochen hatte. Rogers sah mehrere in der Menge, die die Fäuste auf sie richteten, Zeigefinger und kleinen Finger vorgestreckt als Zeichen gegen das Böse. Das Gefühl von Unwirklichkeit überkam ihn wieder, als er sich erneut daran erinnerte, wie ähnlich die Situation derer in dem namenlosen Dorf in Terra Sancta war. Schließlich heftete der Bischof den Blick auf die Gefangenen. Sein Mund verzog sich vor Abneigung, dann hob er eine behandschuhte Hand und schlug das Kreuz über ihnen.
    »Gott sei ihren Seelen gnädig«, sagte er und gab sich keinerlei Mühe, seine Worte nicht scheinheilig klingen zu lassen.
    »Es wäre nicht möglich gewesen ohne die Hilfe Eures Assistenten«, fuhr Rudolf fort. Des Bischofs Blick suchte ungläubig nach Hartmann, und Rogers wurde klar, dass er seinen Assistenten bis eben noch gar nicht wahrgenommen hatte. Hartmann erwiderte den Blick seines Herrn und wurde noch aschfahler. Sein Mund öffnete und schloss sich wieder. Rogers verstand, welche Gedanken dem bischöflichen Assistenten durch den Schädel fuhren. Bekannte er sich jetzt zu ihnen, stand Graf Rudolf in aller Öffentlichkeit als Lügner da und Bischof Heinrich als jemand, der der Ketzerei in seinem eigenen Haus nicht hatte Einhalt gebieten können. Die Situation würde sofort außer Kontrolle geraten. Nützen würde es niemandem, am allerwenigsten den Gefangenen. Das politische Geschenk, das Rudolf mit seiner Lüge dem Bischof machte, würde wenigstens dafür sorgen, dass Hartmann auf freiem Fuß blieb, unverdächtig und möglicherweise in der Lage, ihnen irgendwie zu helfen. Es sprach außerdem davon, wie sicher sich Rudolf fühlte, dass er es sich leisten konnte, den Assistenten als eigentlichen Feind im Spiel zu lassen. Hartmann senkte den Kopf und schien ebenso wie Rogers kurz vorher bereit zu sein, sich auf seine eigenen Füße zu übergeben.
    Bischof Heinrich drehte sich um und musterte das Haus,

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