Die Pforten der Ewigkeit
in dem Ramons sich versteckt gehalten hatte. »Hier habt Ihr die Ketzer gefunden?«
Rudolf nickte und gab überzeugend einen Menschen ab, der einem anderen eine peinliche Nachricht nur ungern eröffnet.
»Das ist das Haus von Daniel bin Daniel, dem reichsten … Kreditgeber …«, der Bischof brach ab.
»Man weiß ja, dass die Juden ebenso wie die Ketzer die Feinde unseres Glauben sind«, sagte Rudolf. »Es liegt nahe, dass sie sich zusammentun, besonders in einer Stadt, in der ein Mann wie Ihr Recht und Gesetz darstellt, weil sie sonst keine Chance haben.«
»Ich werde ihn enteignen«, murmelte der Bischof, ohne auf Rudolfs Schmeichelei einzugehen. »Und vertreiben. Oder verbrennen. Ich werde ihn enteignen und sein ganzes Vermögen einziehen …«
Rudolf zwinkerte Gabriel heimlich zu, um dessen Lippen ein feines Lächeln spielte. Beiden war anzumerken, dass sie das Gleiche dachten wie Rogers: Hier erkannte gerade jemand, dass er seiner Schulden ledig geworden war. Zugleich fühlte er neue Beklemmung, dass der Jude, der so freundlich zu Yrmengard gewesen und ihren Klosterbau unterstützt hatte, nun auch unter das Wagenrad geriet. Falls es einen göttlicher Gnade versicherte, wenn man sich dafür einsetzte, dem Herrn ein neues Kloster bauen zu helfen, dann war die göttliche Gnade im Fall Daniel bin Daniels augenblicklich abwesend. Rudolf jedenfalls war jemand, der einen unverhofften Vorteil für sich zu nutzen wusste.
»Ich bin Graf Rudolf von Habisburch«, sagte er. »Ich habe diese Ketzer seit langem gejagt. Bitte lasst mich Eurem Dom eine Stiftung ausloben zum Dank an den Herrn dafür, dass meine Jagd hier endlich endet. Und seid versichert, dass Ihr in mir stets einen treuen Verbündeten haben werdet, ehrwürdiger Vater. Wart Ihr nicht lange Zeit der Notar von Kaiser Federico?«
»Äh …«, machte der Bischof, kurzfristig aus den schönen Gedanken gerissen, die seine plötzliche Schuldenfreiheit und Rudolfs Versprechen einer Stiftung ihm offensichtlich beschert hatten.
»Auch ich war einer von den des Kaisers treuesten Vasallen«, sagte Rudolf. »Aber der Kaiser ist nicht mehr, und das Reich taumelt im Bruderstreit zwischen seinen Söhnen. Es wird einen neuen Kaiser geben, ehrwürdiger Vater, und er wird nicht mehr der Feind der Kirche sein, sondern ihr bester Freund. Treue Verbündete, so wie wir …«
Der Bischof, der unschlüssig zu wippen begonnen hatte, hörte damit auf. Er erstarrte förmlich, während die Saat, die Rudolf in sein Ohr träufelte, aufging. Dann leuchtete sein Gesicht auf.
»Treue Verbündete«, sagte er. »Fürwahr. Graf Rudolf, sagtet Ihr?«
Rudolf deutete auf den flammendroten Löwen auf seiner Brust. »Das Haus ist Habisburch«, sagte er freundlich.
Der Bischof zögerte noch einen winzigen Moment, dann bewies er, dass er noch immer für plötzliche politische Manöver der richtige Mann war. Er hielt Rudolf die Hand mit dem Bischofsring zum Kuss hin, und als Rudolf sich wieder aufrichtete, reichte er ihm die Hand. Beide Männer hielten den Händedruck so lange, bis aus der Menge plötzlicher Applaus ertönte und irgendein Speichellecker in Hochrufe ausbrach, die sich in der Meute ausbreiteten wie Feuer. Der Bischof und der Graf lächelten sich an.
Rudolf wandte sich um und deutete auf seine Gefangenen.
»Holt die Pferde und setzt sie drauf«, sagte er. »Wir befreien Papinberc vom Ketzergestank.«
Als sie auf den Pferden saßen, fühlte Rogers sich so niedergeschlagen wie noch nie zuvor. Eine Schwäche erfüllte ihn, die ihm schwindlig werden ließ. Wenn ihn die Menge vom Rücken des Gauls gezogen und gevierteilt hätte, hätte er sich nicht gewehrt. Er sah den Triumph, mit dem Rudolf sich auf sein Ross schwang, sah ihn winken und in der Menge nochmals Beifall hervorrufen und fühlte nichts dabei, was schlimmer gewesen wäre als die Schwärze, die ihn umgab.
Dann drehte sich das Pferd, auf dem sein Vater saß, plötzlich auf der Stelle, nur von Ramons Schenkeldruck gelenkt, schleuderte den Soldaten, der es am Zügel geführt hatte, zu Boden. Die Menge schrie auf. Ramons’ Pferd machte einen Satz in die freie Fläche hinein, die sich um den Bischof gebildet hatte, und blieb mit schlitternden Hufen stehen. Der Bischof warf sich auf den Boden, die Arme über dem Kopf gekreuzt, und jaulte: »Erschießt ihn, um Gottes willen, erschießt ihn!«
Armbrüste und Bogen richteten sich auf Ramons, aber keiner der Soldaten wollte ohne Rudolfs Befehl auf Ramons schießen. Rudolf
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