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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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etwas zusätzlich Ironisches; ein paar Efeuranken waren über seinen Kopf gefallen und verdeckten nicht nur sein halbes Gesicht, sondern auch alle Lorbeerkränze, die der Verstorbene in Erinnerung irdischer Ehren möglicherweise trug.
    »Es sieht fast so aus, als habe man das Efeu absichtlich über sein Gesicht gelegt«, bemerkte ich.
    Fabius hinderte mich nicht daran, das so kunstfertig dekorierte Grün vorsichtig anzuheben. Die darunter verborgene Schädelwunde war von der Art, die Einbalsamierer schier verzweifeln läßt - praktisch unmöglich zu säubern und zu verschließen, zu groß, um sie subtil zu überdecken, zu tief und zu häßlich, um sie sich länger anzusehen. Eco stieß unwillkürlich ein angewidertes Grunzen aus und wandte sich ab, bevor er sich erneut über den Toten beugte, um einen genaueren Blick zu riskieren.
    »Widerlich, nicht wahr?« flüsterte Fabius und wandte sich ebenfalls ab. »Dabei war Lucius Licinius ein so eitler Mann. Eine Schande, daß er im Tod nicht besser aussehen konnte.«
    Ich wappnete mich für eine weitere Betrachtung des Toten. Ein oder mehrere Schläge mit einem schweren, spitzen Gegenstand hatten den oberen rechten Quadranten seines Gesichtes zerstört, Wangenknochen und Kiefer zertrümmert und das Auge ruiniert, das trotz aller möglichen Anstrengungen, es nach dem Tod noch zu schließen, blutverklebt einen Spalt geöffnet war. Ich betrachtete, was von dem Gesicht noch übrig war, und konnte mir einen gutaussehenden Mann mittleren Alters vorstellen, an den Schläfen leicht ergraut und mit markanter Nase und kräftigem Kinn. Die Lippen waren leicht geöffnet, so daß man die Goldmünze sehen konnte, die die Einbalsamierer auf seine Zunge gelegt hatten - die Gebühr für den Fährmann Charon, der ihn über den Styx bringen sollte.
    »Sein Tod war vermutlich kein Unfall«, äußerte ich einen ersten Verdacht.
    »Wohl kaum.«
    »Das blutige Ende einer Auseinandersetzung?«
    »Schon eher. Es geschah tief in der Nacht. Am nächsten Morgen fand man seine Leiche im Atrium. Die Umstände waren eindeutig.«
    »Ach ja?«
    »Ein entlaufener Sklave - irgendein Narr, der offenbar dem Beispiel des Spartacus folgen wollte. Irgendjemand wird dich noch genauer über die Details unterrichten.«
    »Es war die Tat eines entlaufenen Sklaven? Ich bin kein Sklavenjäger, Faustus Fabius. Warum hat man mich hierhergebracht?«
    Er sah erst den Toten, dann den sprudelnden Faun an. »Das wird dir jemand anders erklären.«
    Also gut. Das Opfer - wie hast du ihn genannt?«
    »Lucius Licinius.«
    »War er der Herr dieses Hauses?«
    »Mehr oder weniger«, erwiderte Fabius.
    »Bitte keine rätselhaften Andeutungen.«
    Fabius schürzte die Lippen. »Das war eigentlich Mummius Aufgabe. Ich habe mich nur bereit erklärt, dich zur Villa zu begleiten, aber es war nicht abgemacht, daß ich dir die Angelegenheit nach deiner Ankunft erläutern sollte.«
    »Marcus Mummius ist nicht hier. Aber ich bin hier, genau wie die Leiche eines Ermordeten.«
    Fabius verzog sein Gesicht. Patrizier oder nicht, er kam mir vor wie der Typ Mann, der es gewohnt ist, daß unangenehme Aufträge an ihm hängenblieben, und dem das gar nicht gefiel. Wie hatte er sich bezeichnet- Crassus linke Hand? »Also gut«, sagte er schließlich. »Sei's drum. Lucius Licinius und Crassus waren Vettern, enge Blutsverwandte. Soweit ich weiß, haben sie sich in ihrer Kindheit und Jugend kaum gekannt, aber das änderte sich, als sie erwachsen waren. Etliche Licinier wurden in den Bürgerkriegen getötet; und als sich die Dinge unter Sullas Diktatur wieder normalisiert hatten, formten Crassus und Lucius eine enge Partnerschaft.«
    »Keine Freundschaft?«
    »Es war eher eine geschäftliche Beziehung«, sagte Fabius lächelnd. »Aber für Marcus Crassus ist im Grunde alles geschäftlich. Wie dem auch sei, in jeder Beziehung muß es einen stärkeren und einen schwächeren Partner geben. Ich nehme an, du weißt genug über Crassus, und sei es nur durch Hörensagen, um zu erraten, wer der Unterlegene war.«
    »Lucius Licinius.«
    »Genau. Lucius war ursprünglich ein armer Mann, was er ohne Crassus Unterstützung auch geblieben wäre. Lucius hatte so wenig Fantasie; er war nicht der Typ, der eine Gelegenheit erkannte und beim Schöpfe packte, wenn man ihn nicht drängte. Derweil machte Crassus im Immobiliengeschäft in Rom fleißig seine Millionen - du kennst die Legende bestimmt.«
    Ich nickte. Als der Diktator Sulla in den Bürgerkriegen endlich

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