Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
scherzhaft meinte, verzog aber trotzdem das Gesicht. »Weder von wahrhaft noch von fromm kann die Rede sein, Lady. Doch es steht mir nicht an, ihn zu verdammen.«
»Du brauchst mit deiner Meinung nicht hinterm Berg zu halten«, versicherte ihm Fidelma, hellhörig geworden. »So oder so, wir wollten ohnehin zum Gasthaus, auch wenn Bruder Ailgesach nicht dort wäre.«
Saer war der Tote auf Endas Pferd aufgefallen, und er ging nicht auf Fidelmas Bemerkung ein.
»Ist einer aus eurer Gruppe zu Schaden gekommen, Lady?«
»Nicht gerade aus unserer Gruppe«, erwiderte sie. »Der Tote ist ein Fremder, den wir gefunden haben. Wir wissen nicht einmal, wer er war oder was ihn in diese Gegendführte. Deshalb haben wir ihn hierher zur Kapelle gebracht, denn es wäre wider das Gesetz, einen Fremden der Gier von Wölfen, Krähen oder sonst welchen Aasfressern zu überlassen.«
»Auch wenn Bruder Ailgesach nicht da ist, würde ich jetzt vorschlagen, wir schaffen den Leichnam in die Kapelle, dort kann er keinen Schaden nehmen. Komm, Krieger«, forderte er Enda auf, »ich helfe dir, ihn herunterzuheben.«
Beide nahmen den Toten und trugen ihn ins Dunkel der Kapelle. Fidelma saß ab und ging ihnen hinterher.
»Vielleicht kannst du uns sogar weiterhelfen, Saer«, meinte sie, denn sie hatte eine Idee. »Nimm doch mal das Tuch vom Gesicht des Toten, Enda. Und du, Saer, schau ihn dir genau an, könnte ja sein, er ist dir schon mal irgendwo begegnet. Möglicherweise ist der Mann sogar kürzlich hier entlanggekommen?«
Der Zimmermann folgte der Aufforderung, meinte dann aber achselzuckend: »Auf der Straße hier sind ständig Fremde von Durlus nach Cashel oder in umgekehrter Richtung unterwegs.«
»Sieh noch mal genau hin. Er war ein junger Adliger, reich und auffällig gut gekleidet.«
Saer beäugte erneut die blassen, blutleeren Gesichtszüge. »Da ist eine gewisse Ähnlichkeit mit einem, der vor etlichen Tagen zu Bruder Ailgesach wollte. Aber beschwören kann ich es nicht.«
»Eine Ähnlichkeit? Tatsächlich?«, drängte ihn Fidelma.
Der Zimmermann schüttelte den Kopf. »Dass es wirklich dieselbe Person ist, kann ich nicht beschwören. Als ich neulich hier vorbeikam, sah ich, wie Bruder Ailgesach die Kapelle gemeinsam mit einem jungen Mann betrat. Er war reich gekleidet. Vielleicht war es dieser hier. Ich habe nichtbesonders darauf geachtet, war auf dem Weg zum Gasthaus.«
»Und du hast nichts weiter gesehen? Weißt du, ob er auf einem Pferd unterwegs war?«
Zu ihrer Enttäuschung schüttelte Saer abermals den Kopf und wiederholte nur: »Tut mir leid, Lady.«
»Und du hast Bruder Ailgesachs Besucher kein zweites Mal gesehen?«
»In den letzten Tagen war ich nur in meiner Hütte und im Wald, um Bretter für das Dach hier zurechtzusägen.« Er wies mit dem Daumen zum Dach der Kapelle. »Das Dach muss neu gedeckt werden, es ist undicht.«
»Es hat wohl auch sonst niemand dir gegenüber einen Durchreisenden erwähnt, der irgendwie aufgefallen wäre?«
»Wie gesagt, ich war nur in meiner Hütte und im Wald und habe Bretter zugeschnitten. Ich habe mit Bruder Ailgesach kurz gesprochen, als ich wegen der Dachreparatur hier war. Da hat er nichts von irgendwelchen Besuchern gesagt.«
Fidelma nickte nachdenklich. »Dann bleibt uns nichts weiter übrig, als das Wirtshaus von Fedach Glas aufzusuchen und mit Bruder Ailgesach zu reden. Du hast uns sehr geholfen, Saer.« Sie drückte ihm etwas in die Hand, und dankend hob er die Hand an die Stirn. Sie traten aus der Kapelle, saßen auf, und Fidelma ritt ihren Begleitern voran nordwärts zur Handelsstraße.
»Wenn der Zimmermann sagt, dieser Bruder Ailgesach sei oft in der Schenke, dann scheint er den Ratschlag zu beherzigen, den der heilige Paulus dem Timotheus gab«, brach Eadulf das Schweigen. Fidelma, die mit ihren Gedanken woanders war, sah ihn fragend an. »Wie meinst du das?«
»Trinke nicht mehr Wasser, sondern brauche ein wenigWein um deines Magens willen. Erster Timotheus 5, Vers 23«, scherzte Eadulf, doch Fidelma lächelte nicht einmal. Bald hatten sie das bruden oder Wirtshaus von Fedach Glas erreicht, es lag dicht an der Hauptstraße.
Gormán kannte es und machte sie darauf aufmerksam, dass es nicht zu den erstklassigen Wirtshäusern gehörte, die es an den Hauptwegen des Königreichs gab. Männer und Frauen gleichermaßen konnten diese Herbergen oder Wirtshäuser führen. Genau genommen, waren es öffentliche Häuser, die von dem Landbesitzer, auch vom Stammesfürsten
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