Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
nickte. »Du hast mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen«, meinte sie anerkennend. »Und Bruder Biasta ist der Täter?«
»Wer sonst? Andernfalls käme nur noch der Gastwirt in Frage.«
»Das zu beweisen, verlangt ein äußerst sorgfältiges Vorgehen, Eadulf«, sagte Fidelma nachdenklich, ließ sich auf der Kante der anderen Bettstatt nieder und betrachtete sorgenvoll den Toten.
»Bruder Biastas Schuld steht doch aber so gut wie außer Frage«, beharrte Eadulf.
»›So gut wie‹ lässt viele Fragen offen«, erwiderte Fidelma.
»Aber …«
»Du vergisst, dass wir hergekommen sind, um herauszufinden, wer der tote Gesandte war und weshalb man ihn umgebracht hat. Was hätte ich darum gegeben, Bruder Ailgesach meine Fragen stellen zu können. Mein Gefühl sagt mir, das die Vorkommnisse hier in irgendeinem Zusammenhang miteinander stehen.«
»Jetzt aber steht Bruder Biasta unter Mordverdacht, da gibt es genug zu klären«, hielt Eadulf dagegen. »Möglicherweise ist er sogar der Mörder von beiden, von dem Adligen und von seinem Vetter.«
»Selbstverständlich befragen wir ihn«, versicherte ihm Fidelma. »Wir dürfen ihn nur nicht in die Enge treiben. Jedenfalls nicht gleich. Ich möchte erst herausfinden, was er sonst noch alles weiß. Vielleicht kann er was zu den beiden Fremden sagen, die gestern bei seinem Vetter übernachtet haben.«
»Wie also wollen wir vorgehen?«
»Wir werden so tun, als wäre uns nichts Befremdliches aufgefallen. Wir bleiben dabei, Bruder Ailgesach wäre an seinem Erbrochenen erstickt. Aber wir werden eine natürliche Neugier an den Tag legen und ein paar Fragen zur Person des Verstorbenen stellen; vielleicht können wir mit dem, was Bruder Biasta sagt, etwas anfangen.«
Eadulf meinte nur ironisch: »Wir werden also den Fisch an der Angel zappeln lassen. Doch ein Fisch ist glatt und schlüpfrig, weiß sich zu winden und ist, eh du dich versiehst, wieder vom Haken.«
»Da wir schon in Bildern sprechen, kommt mir ein Wort meines alten Mentors in den Sinn. Wenn du einen großen Fisch hast, der sich loszureißen versucht, lass ihn schwimmen. Seine Angst und Stärke arbeiten für dich. Warte, bis er schwach und erschöpft ist, dann ist er leichte Beute.«
Eadulf zuckte mit den Schultern. »Es sollte mich wundern, wenn der Fisch hier ein lohnender Fang sein sollte.«
»Machen wir uns ans Werk und lassen den Fisch zappeln«, schlug Fidelma vor und ging zur Tür.
In der Gaststube herrschte Schweigen, als sie zurückkamen. Bruder Biasta tat sich an einem Becher corma gütlich, auch Saer trank und gab sich gänzlich unbekümmert. Fedach Glas und seine Frau standen mit sorgenvollen Gesichtern dicht beieinander, und Gormán und Enda hatten in der Nähe der Tür Posten bezogen, als gelte es, Wache zu halten.
Wortlos suchten sich Fidelma und Eadulf einen Platz, dann rief Fidelma den Wirt zu sich heran, der erschrocken zusammenzuckte, als er seinen Namen hörte.
»Ich glaube, uns allen täte ein Becher corma gut.«
Eilig machte er sich daran, ihren Wunsch zu erfüllen. Fidelma wandte sich an Bruder Biasta. »Allem Anschein nach hat sich dein unglücklicher Vetter bewusstlos getrunken und ist dann an seinem Erbrochenen erstickt.«
Huschte über das Gesicht des Mönchs ein Ausdruck der Erleichterung? Er war im Nu wieder verflogen, so dass Eadulf sich nicht sicher war, doch beobachtete er den Mann genau.
»Erzähl, welcher Anblick sich dir bot, als du in die Hütte kamst«, forderte Fidelma ihn auf.
»Ich sah den Leichnam, was sonst?«, erwiderte Bruder Biasta irritiert.
»Ich meine, wie und unter welchen Umständen hast du ihn vorgefunden? Wir müssen ja Abt Ségdae als dem Obersten Bischof des Königreiches von dem Vorfall unterrichten.«
Bruder Biasta zog die Stirn in Falten. »Du musst dem Abt über den Vorfall Bericht erstatten?«
»Er hat schließlich Bruder Ailgesach auf diesen Posten entsandt«, bekräftigte Fidelma. »Am besten beginnen wir mit dem, was du uns über deinen Vetter zu erzählen weißt. Du hast schon gesagt, ihr hättet beide eure Ausbildung in der Abtei von Biorra erhalten. Zu welchem Clan gehört ihr?«
Bruder Biasta zögerte. »Muss ich diese Fragen unbedingt beantworten? Mein Vetter ist tot, ist leider seinem Laster erlegen.«
»Du weißt doch wohl sehr gut, dass im Falle eines selbst verschuldeten Todes – und seiner eigenen Charakterschwäche zum Opfer fallen würde als solcher gelten – es sich dem Gesetz nach um Selbstmord handelt«, machte Fidelma
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