Die Philosophen der Rundwelt
»Hypothese« belegt, doch weniger formal gesehen, ist es die Theorie, die man zu überprüfen versucht. Und man braucht eine Methode, um sie zu überprüfen, ohne zu schummeln. Der wirksamste Schutz gegen Schummeln ist es, im Voraus zu sagen, welche Ergebnisse man erwartet, wenn man ein neues Experiment durchführt oder eine neue Beobachtung macht. Das ist »Vorhersage«, kann jedoch etwas betreffen, was bereits geschehen ist, aber noch nicht beobachtet wurde. »Wenn man auf diese neue Weise rote Riesensterne betrachtet, wird man feststellen, dass sie vor einer Milliarde Jahre folgende Eigenschaften hatten: …« ist in diesem Sinne eine Vorhersage.
Die naivste Beschreibung der wissenschaftlichen Methode ist es, dass man mit einer Theorie beginnt und sie experimentell überprüft. Dabei wird die Methode als einschrittiger Prozess dargestellt, doch nichts könnte der Wahrheit ferner sein. Die wirkliche wissenschaftliche Methode ist eine Wechselwirkung zwischen Theorie und Experiment, eine Komplizität, bei der jeder Teil den anderen viele Male modifiziert, je nachdem, was die Wirklichkeitstests unterwegs ergeben.
Eine wissenschaftliche Untersuchung beginnt wahrscheinlich mit einer seltsamen Beobachtung. Der Wissenschaftler denkt darüber nach und fragt sich: »Warum ist das geschehen?« Es kann auch das bohrende Gefühl sein, dass das herkömmliche Wissen Löcher hat. So oder so, der Wissenschaftler formuliert eine Theorie. Dann überprüft er (oder wohl eher ein Kollege) diese Theorie, indem er einen anderen Umstand findet, unter dem sie gelten könnte, und herausarbeitet, welches Verhalten sie dann vorhersagt. Mit anderen Worten, der Wissenschaftler entwirft ein Experiment, um die Theorie zu überprüfen.
Möglicherweise hegen Sie nun die Vorstellung, er müsste nun versuchen, ein Experiment zu entwerfen, das seine Theorie bestätigt.* [* In den Fernsehnachrichten hören wir immer wieder von Wissenschaftlern, die eine Theorie »beweisen«. Entweder haben die Leute, die das Programm machen, Medienkunde studiert und keine Ahnung davon, wie Wissenschaft funktioniert, oder sie haben Medienkunde studiert und scheren sich nicht darum, wie Wissenschaft funktioniert, oder sie hängen immer noch der altmodischen Bedeutung des englischen Wortes »to prove« (beweisen) an, welches »prüfen« bedeutete.] Das ist jedoch keine gute Wissenschaft. Gute Wissenschaft besteht darin, dass man ein Experiment entwirft, welches die Theorie widerlegt – falls sie falsch ist. Einen großen Teil der Arbeit eines Wissenschaftlers macht also nicht die »Feststellung von Wahrheiten« aus, sondern der Versuch, den eigenen Ideen den Garaus zu machen. Und den Ideen anderer Wissenschaftler. Das meinten wir, als wir sagten, dass uns die Wissenschaft davor zu bewahren versucht, etwas zu glauben, das wir gern glauben möchten oder wovon eine Obrigkeit oder Autorität sagt, es sei wahr. Es klappt nicht immer, doch das zumindest ist das Ziel.
Dies ist die wichtigste Eigenschaft, die Wissenschaft von Ideologien, Religionen und anderen Glaubenssystemen unterscheidet. Religiöse Menschen sind oft verärgert, wenn Wissenschaftler einen Aspekt ihres Glaubens kritisieren. Sie übersehen dabei, dass Wissenschaftler ihren eigenen Ideen und denen anderer Wissenschaftler gegenüber ebenso kritisch sind. Religionen dagegen kritisieren fast immer alles außer sich selbst. Der Buddhismus ist eine hervorzuhebende Ausnahme: Er betont die Notwendigkeit, alles in Frage zu stellen. Doch das geht vielleicht zu weit, um von Nutzen zu sein.
Natürlich befolgt kein wirklicher Wissenschaftler unbeirrbar diese ideale wissenschaftliche Methode. Wissenschaftler sind Menschen, und ihre Taten folgen in gewissem Grade ihren eigenen Vorurteilen. Die wissenschaftliche Methode ist die beste, die die Menschheit je hervorgebracht hat, um diese Vorurteile zu überwinden oder es doch zu versuchen. Das heißt nicht, dass es immer gelingt. Menschen sind schließlich Menschen.
Am nächsten kommt HEX der echten Wissenschaft mit Phokian dem Berührten und seiner langen und umständlichen Untersuchung von Antigonos’ Theorie des trabenden Pferdes. Wir hoffen, dass Sie bisher von keinem dieser beiden Herren gehört haben; soviel wir wissen, haben sie nie existiert. Doch die Krabbenzivilisation hat ja auch nicht existiert – was die Krabben nicht hinderte, ihren Großen Sprung Seitwärts zu vollführen. Unsere Geschichte hier ist nach wirklichen Ereignissen modelliert, doch wir
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