Die Philosophen der Rundwelt
zu sein?«, in dem er dasselbe darlegte. Wir können uns vorstellen, wie es ist, ein Mensch zu sein, der sich – zumindest oberflächlich – wie eine Fledermaus verhält, doch wir haben keine Ahnung, wie die Fledermaus es empfindet, und es ist fraglich, ob sich Menschenwissen jemals in diese Richtung erweitern lassen wird.
Wahrscheinlich verstehen wir Fledermäuse sowieso falsch. Wir wissen, dass die Fledermäuse Echoortung verwenden, um ihre Umgebung wahrzunehmen, ganz ähnlich einem U-Boot, das einen Sonar benutzt. Fledermaus oder U-Boot senden scharfe Schallimpulse aus und hören die zurückkommenden Echos. Aus diesen können sie »berechnen«, wovon der Schall zurückgeworfen wird. Wir nehmen naturgemäß an, dass die Fledermaus auf Echos auf dieselbe Weise reagiert, wie wir es tun würden: dass sie sie hört. Wir erwarten naturgemäß, dass die Qualia der Echoortung bei der Fledermaus den menschlichen Qualia ähneln, die von Klangmustern erzeugt werden, von denen das reichhaltigste die Musik ist. Wir stellen uns also vor, wie die Fledermaus dahinfliegt, begleitet von unglaublich raschen Rhythmen wie auf Bongo-Trommeln gespielt.
Das könnte jedoch eine falsche Analogie sein. Echoortung ist der wichtigste Sinn einer Fledermaus, also ist der »richtige« entsprechende Sinn eines Menschen dessen wichtigster Sinn, das Sehen, nicht das Hören. Die Ausgabe der Nature vom August 1993 zeigt ein Titelbild mit einer Fledermaus, dazu die Überschrift »Wie Fledermausohren sehen«. Dies bezieht sich auf einen technischen Artikel von Steven Dear, James Simmons und Jonathan Fritz, die entdeckt hatten, dass die Neuronen in jenem Teil des Fledermausgehirns, die die zurückkommenden Echos verarbeiten, auf sehr ähnliche Weise wie die Neuronen in der menschlichen Seh rinde verschaltet sind. In Begriffen der Neuralarchitektur sieht es ganz so aus, als benutze das Hirn der Fledermaus die Echos, um ein Bild ihrer Umgebung aufzubauen. Analog dazu benutzen heutzutage U-Boote Computer, um eine Folge von Echos in eine dreidimensionale Karte des umgebenden Wassers umzuwandeln. Figments of Reality entwickelte diesen Gedanken weiter, um Nagels Frage teilweise zu beantworten:
[Im Grunde] sehen Fledermäuse mit den Ohren, und ihre Sonar-Qualia können durchaus unseren visuellen ähneln. Schallintensität kann sich den Fledermäusen als eine Art »Helligkeit« vermitteln, und so weiter. Vielleicht »sehen« die Sonar-Qualia der Fledermaus die Welt in Schwarz, Weiß und Grautönen, doch sie könnten auch verschiedene feinere Eigenschaften der Schallreflexionen auffangen und lebhaft darstellen. Die nächste Analogie bei Menschen ist Textur, die wir mit dem Tastsinn wahrnehmen, doch die Fledermaus könnte nach dem Schall fühlen. Beispielsweise werfen weiche Gegenstände den Schall schlechter als harte zurück. Fledermäuse können also durchaus Schall-Texturen »sehen«. Wenn dem so ist – und hier soll unsere Analogie nur ein sehr grobes Mittel sein, den Gedanken auszudrücken –, könnte das Sonar-Qualium einer weichen Oberfläche für den Geist der Fledermaus »grün« aussehen, das für harte rot, das für flüssige Oberflächen wie eine Farbe, die nur Bienen sehen können, und so weiter …
Auf der Rundwelt sind derlei Feststellungen nichts als geraten, wenngleich sie sich auf Analogien der Neuralarchitektur stützen. Auf der Scheibenwelt wissen Hexen, wie man sich als Fledermaus, als Hund, als Käfer fühlt. Und die Werwölfin Angua riecht in Farben, was unserer Annahme sehr nahe kommt, dass Fledermäuse in Bildern hören und Texturen »sehen«. Doch selbst auf der Scheibenwelt fühlen die Hexen nicht wirklich, was es heißt, eine Fledermaus zu sein. Sie fühlen, wie es ist, ein Mensch zu sein, der die Sinnesorgane und die neuralen Mechanismen einer Fledermaus »geborgt« hat. Eine Fledermaus fühlt sich vielleicht ganz anders, wenn keine Hexe in ihrem Geist per Anhalter mitfliegt.
Obwohl wir nicht sicher wissen können, wie man sich als Tier oder als eine andere Person fühlt, ist der Versuch in mehrerlei Hinsicht von Nutzen. Wie gesagt, die Fähigkeit, um die es hier geht, ist Einfühlungsvermögen: imstande zu sein, zu verstehen, wie sich eine andere Person fühlt. Wir haben bereits gesehen, dass dies eine wichtige soziale Fähigkeit ist und dass sie uns, auf andere Weise zu einem anderen Zweck verwendet, eine Chance gibt festzustellen, wenn wir belogen werden. Wenn wir uns in den anderen hineinversetzen und erkennen, dass er
Weitere Kostenlose Bücher