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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Sommernachtstraum .

NEUN
    Die Elfenkönigin
    In der Hitze der Nacht bewegte sich Magie auf leisen Sohlen.
    Die untergehende Sonne färbte einen Horizont rot. Diese Welt umkreiste einen zentralen Stern. Die Elfen wussten das nicht, und wenn sie es gewusst hätten, wäre es ihnen gleich gewesen. Solche Details spielten für sie nie eine Rolle. Das Universum hatte Leben an vielen seltsamen Orten entstehen lassen, aber auch das kümmerte die Elfen nicht.
    Auf dieser Welt war vielfältiges Leben entstanden. Bisher hatte ihm indes immer etwas gefehlt, das die Elfen für Potenzial hielten. Doch diesmal gab es Hoffnung.
    Natürlich gab es auch Eisen. Elfen hassten Eisen. Aber diesmal lohnte sich ein Risiko. Diesmal …
    Einer von ihnen gab ein Zeichen. Die Beute befand sich in der Nähe. Und dann sahen sie sie, in den Bäumen am Rand einer Lichtung zusammengedrängt, dunkle Punkte vor dem Rot des Sonnenuntergangs.
    Die Elfen bereiteten sich vor. Und dann begannen sie zu singen, in einer so hohen Tonlage, dass das Gehirn den Gesang ohne die Ohren hörte.
    »Greift an!«, rief Erzkanzler Ridcully.
    Die Zauberer, alle bis auf Rincewind, griffen an. Der spähte hinter einem Baum hervor.
    Der Elfengesang, eine kreative Dissonanz aus Tönen, die direkt den hinteren Teil des Gehirns erreichten, verklang abrupt.
    Die Gestalten drehten sich um. Mandelförmige Augen glühten in dreieckigen Gesichtern.
    Wer die Zauberer lediglich als die leidenschaftlichsten Esser der Scheibenwelt kannte, wäre überrascht gewesen, wie schnell sie sein konnten. Außerdem: Die Beschleunigung eines Zauberers auf seine maximale Geschwindigkeit dauert zwar eine Weile, aber dann lässt er sich kaum mehr aufhalten. Außerdem ist er mit einem großen Aggressionsmoment unterwegs. Die vielen Intrigen im Ungemeinschaftsraum der Unsichtbaren Universität geben jedem Zauberer ein Maximum an Boshaftigkeit, die nach einem Ziel sucht.
    Der Dekan erreichte den Gegner als Erster und schlug mit seinem Stab zu. Ein Hufeisen war am Ende befestigt. Der getroffene Elf schrie, wich fort und tastete nach seiner Schulter.
    Zwar befanden sich viele Elfen an diesem Ort, aber sie hatten nicht mit einem Angriff gerechnet. Und Eisen war so mächtig. Eine Hand voll Nägel entfaltete die gleiche Wirkung wie grober Schrot. Einige versuchten, Widerstand zu leisten, aber die Furcht vor dem Eisen erwies sich als zu stark.
    Die Klugen und die Überlebenden machten sich auf und davon. Die Toten lösten sich auf.
    Der Kampf dauerte weniger als dreißig Sekunden. Rincewind beobachtete ihn von seinem Platz hinterm Baum aus. Von Feigheit konnte keine Rede sein, sagte er sich. Dies war ein Job für Spezialisten, den man getrost den anderen Zauberern überlassen durfte. Wenn es später zu einem Problem kommen sollte, das Graupeldynamik oder Laubsägearbeiten betraf – oder wenn jemand Magie missverstehen wollte –, so wäre er gern bereit zu helfen.
    Hinter ihm raschelte etwas.
    Etwas stand dort. Was auch immer es sein mochte: Es erfuhr eine Veränderung , als Rincewind sich umdrehte und die Augen aufriss.
    Das erste Talent der Elfen bestand aus ihrem Gesang, der andere Geschöpfe in potenzielle Sklaven verwandelte. Das zweite war die Fähigkeit, nicht nur die Gestalt zu verändern, sondern auch die Art ihrer Wahrnehmung. Für einen Sekundenbruchteil sah Rincewind ein dünnes, hageres Etwas. Dann verschwamm das Bild vor seinen Augen und wurde zu einer Frau. Die Elfenkönigin stand vor ihm, in einem roten Gewand und zornig.
    »Zauberer?«, fragte sie. »Hier? Warum? Wie? Sag es mir!«
    Eine goldene Krone glitzerte in ihrem dunklen Haar, und Wut glühte in den Augen, als sie sich Rincewind näherte. Er wich zurück.
    »Dies ist nicht eure Welt!«, fauchte die Königin.
    »Du würdest staunen«, erwiderte Rincewind. »Jetzt!«
    Die Elfenkönigin runzelte die Stirn. »Jetzt?«, wiederholte sie.
    »Ja, ich habe jetzt gesagt«, bestätigte Rincewind und lächelte verzweifelt. » Jetzt . So lautete das Wort. Jetzt!«
    Eine halbe Sekunde lang wirkte die Königin verzweifelt. Dann machte sie einen Salto rückwärts, als der Deckel der Truhe dort zuschnappte, wo sie eben noch gestanden hatte. Sie landete dahinter, blickte zu Rincewind, zischte und verschwand in der Nacht.
    Rincewind richtete einen vorwurfsvollen Blick auf die Truhe. »Warum hast du gewartet? Habe ich dich etwa aufgefordert zu warten? Du stehst gern hinter Leuten und wartest darauf, dass sie dich bemerken, nicht wahr?«
    Er sah sich

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