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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erfand George Murray eine Version, die dem zurzeit auf der Scheibenwelt benutzten System nahe kommt: eine Anordnung von sechs Klappen, die geöffnet oder geschlossen werden konnten und so 64 verschiedene »Codes« ergaben, mehr als genug für das gesamte Alphabet, die Ziffern 0 bis 9 und etliche »Sonderzeichen«. Das System wurde weiterentwickelt, verschwand aber von der vordersten Front der Technik, als der elektrische Telegraph aufkam. Der Semaphor (auch »die Nachrichten« genannt) auf der Scheibenwelt hat es viel weiter gebracht, mit mächtigen Türmen auf den Hauptlinien, die Reihe um Reihe von Klappen enthalten, im Dunkeln mit Lampen bestückt, und die in beide Richtungen Nachrichten über den Kontinent strömen lassen. Es ist eine ziemlich genaue »Evolution« der Technik: Wenn es uns nicht gelungen wäre, Dampf und Elektrizität zu zähmen, könnten wir heute durchaus etwas Ähnliches haben …
    Das System hat sogar genug Kapazität, um Bilder zu übermitteln – im Ernst. Man überträgt das Bild auf ein 64 3 64-Raster von kleinen Quadraten, die schwarz, weiß oder in vier Abstufungen grau sein können, und dann liest man das Raster von links nach rechts und von oben nach unten wie ein Buch. Es braucht dazu nur die Information, ein paar schlaue Angestellte, die ein paar Kompressionsalgorithmen ausarbeiten, und einen Mann mit einem flachen Kasten mit 4096 Holzwürfeln darin, deren Seiten, jawohl, schwarz, weiß und in vier Abstufungen grau sind. Sie werden eine Weile brauchen, bis sie die Bilder zurechtsortiert haben, aber Angestellte sind billig.
    Digitale Botschaften sind das Rückgrat des Informationszeitalters – so nennen wir unsere Zeit in dem Glauben, wir wüssten viel mehr als alle anderen Menschen zu allen Zeiten. Die Scheibenwelt ist ähnlich stolz, sich im Semaphor-Zeitalter zu befinden, im Zeitalter der Nachrichten-Türme. Doch was genau ist Information?
    Wenn man eine Nachricht sendet, wird für gewöhnlich erwartet, dass man dafür bezahlt – denn wenn man es nicht tut, wird, wer immer die Arbeit der Nachrichtenübertragung erledigt, etwas dagegen einwenden. Es ist diese Eigenschaft von Nachrichten, die Ridcully Kummer macht, denn er hängt der Idee an, dass Akademiker Freifahrt haben.
    Die Kosten sind eine Art, Dinge zu messen, doch sie hängen von komplizierten Marktkräften ab. Was, zum Beispiel, wenn Ausverkauf ist? Das wissenschaftliche Konzept von »Information« ist ein Maß, wie viel Nachricht man sendet. Im Alltag scheint es ein ziemlich allgemeingültiges Prinzip zu sein, dass bei jedem gegebenen Medium lange Botschaften mehr als kurze kosten. Im Hinterkopf der Menschen sitzt also tief verankert der Glaube, dass Nachrichten quantifiziert werden können: Sie haben eine Größe . Die Größe der Nachricht sagt einem, »wie viel Information« sie enthält.
    Ist »Information« dasselbe wie »Geschichte«? Nein. Eine Geschichte vermittelt Information, doch das ist wahrscheinlich das am wenigsten Interessante an Geschichten. Die meiste Information bildet keine Geschichte. Denken Sie an ein Telefonbuch: eine Menge Information, starke Besetzung, aber ziemlich schwache Handlung. Was bei einer Geschichte zählt, ist ihre Bedeutung. Und das ist ein ganz anderes Konzept als Information.
    Wir sind stolz, im Informationszeitalter zu leben. Da leben wir wirklich, und das ist das Problem. Wenn wir jemals ins Bedeutungszeitalter kommen sollten, werden wir endlich verstehen, was wir falsch gemacht haben.
    Information ist kein Ding, sondern ein Konzept. Die menschliche Neigung, Konzepte zu reifizieren, hat jedoch viele Wissenschaftler dahin gebracht, Information als tatsächlich real zu behandeln. Und manche Physiker beginnen sich zu fragen, ob nicht vielleicht auch das Universum aus Information besteht.
    Wie ist diese Sichtweise entstanden, und wie sinnvoll ist sie?
    Die Menschheit hat die Fähigkeit, Information zu quantifizieren, 1948 erworben, als der zum Ingenieur gewordene Mathematiker Claude Shannon einen Weg fand zu definieren, wie viel Information in einer Nachricht – er zog den Begriff Signal vor – enthalten ist, die mithilfe eines Codes von einem Sender zu einem Empfänger übertragen wird. Mit einem Signal meinte Shannon Folgen von Binärzahlen (»binary digits« oder Bits, 0 und 1) von der Art, die in modernen Computern und Kommunikationsgeräten allgegenwärtig ist – und in Murrays Semaphor. Mit einem Code meinte er eine spezifische Prozedur, die ein ursprüngliches Signal in ein

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