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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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Trauer, sondern mit Freude und Genugtuung erfüllt. Endlich stand er nicht mehr in dessen Schatten, denn der alte Graf, ihrer beider Vater, hatte den Sohn und Erben aus erster Ehe immer vorgezogen und ihn, den Jüngeren, fast wie einen Bastard behandelt. Der ich ja vielleicht auch bin, dachte Lothar, denn zwischen ihm und seinem Vater bestand keinerlei Ähnlichkeit.
    Bastard hin, Bastard her, nun war er der Graf von Eschenbronn! Konrad und sein Erbe waren tot, und seine Witwe war mit dem Pilgerpack verschwunden. Inständig hoffte er, sie nie mehr zu Gesicht zu bekommen. Noch besser wäre es gar, wenn sie auf der langen, gefährlichen Reise ums Leben käme. Dann könnte er auch noch die Hände auf ihre Mitgift legen, die, wie er wusste, sehr stattlich war und seine finanzielle Notlage überbrücken würde, bis er endlich wieder beim Würfelspiel gewann. Irgendwann musste ihm Fortuna doch erneut hold sein. Seine Pechsträhne dauerte bereits viel zu lange.
    Wieder hob er den Pokal an die Lippen, stellte fest, dass er leer war, goss sich aus der Kanne nach und nahm einen weiteren kräftigen Schluck.
    Womit sollte er sich den Rest des Tages vertreiben? Die Verwaltung der Burg und der Ländereien interessierte ihn nicht – im Gegensatz zu Konrad, der sich stets selbst um seinen Besitz gekümmert hatte. Dafür hatte er einen, wie er glaubte, fähigen Verwalter eingestellt.
    Und so gab es nur zwei Möglichkeiten für ihn, sich zu zerstreuen: das Würfelspiel und seine Geliebte in Freiburg. Fernanda war eine heißblütige Spanierin, die es nach Freiburg verschlagen hatte und die sich so hervorragend in den Liebeskünsten auskannte, dass diese ihn nicht nur befriedigten, sondern ihn immer noch nach mehr verlangen ließen. Er hatte sie aus dem „Frauenhaus“, wie man die einschlägigen Etablissements nannte, geholt und ihr zwei Zimmer in der Stadt eingerichtet, wo sie ihm allein zu Diensten sein sollte.
    Dass die geschäftstüchtige Fernanda, darauf bedacht, möglichst viel Geld zu verdienen, allerdings weiterhin andere Freier beglückte, ahnte er jedoch genauso wenig, wie dass sein Verwalter zwar tatsächlich tüchtig, aber auch gewieft war und einen Teil der Einkünfte Eschenbronns in den eigenen Taschen verschwinden ließ.
    Also auf nach Freiburg, beschloss Lothar, um der Langeweile zu entgehen.
    In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, die, noch bevor er „Herein“ rufen konnte, auch schon von seinem Haushofmeister geöffnet wurde, an dem sich zwei kräftige Büttel und ein Mann in schwarzer Amtstracht vorbeidrängten.
    Der Haushofmeister hob entschuldigend die Hände. „Verzeiht, Herr Graf, dies ist Luitpold Harmsdorf, Mitglied des Freiburger Magistrats. Er ließ sich nicht …“
    Lothar erhob sich aus seinem Armstuhl, trat zu dem Besucher und gab sich jovial. „Willkommen auf Burg Eschenbronn. Was kann ich für Euch tun?“ Die beiden Büttel ignorierte er, fragte sich jedoch irritiert, warum der Magistrat sie mitgebracht hatte.
    Luitpold erwiderte würdevoll, wie es seinem Amt angemessen war: „Lothar von Eschenbronn, ich denke nicht, dass Ihr etwas für mich tun könnt – außer mir nach Freiburg zu folgen.“
    Lothar sah ihn überrascht und auch hochmütig an: „Zwar hatte ich mich soeben entschlossen, in die Stadt zu reiten, wüsste jedoch nicht, warum ich dies in Eurer Begleitung tun sollte?“ Verblüfft bemerkte er, dass die beiden Büttel sich links und rechts von ihm postiert hatten, und fing die irritierten Blicke seines Haushofmeisters auf, der die Situation offensichtlich ebenso wenig zu deuten wusste wie er selbst.
    „Nun, ganz einfach aus dem Grunde, weil Ihr angeklagt seid, den Baron Kuno von Attenfels heimtückisch ums Leben gebracht zu haben, und demzufolge unter Arrest steht.“

24. KAPITEL
    O bwohl Leonor schon lange nicht mehr auf einem so bequemen Lager geschlafen hatte, taten ihr am Morgen, als sie aufwachte, alle Glieder weh. Erst spät war sie in Gedanken an den Chevalier eingeschlummert, wieder und wieder gepeinigt von Zweifeln, ob er sie ebenso begehrte wie sie ihn und ob ihr überhaupt die Erfüllung in seinen Armen zustand.
    Oder entsprangen ihre Gefühle für Robyn de Trouville nur der Dankbarkeit, weil er ihr das Leben gerettet und sie unter seine Fittiche genommen hatte? Nein, die Antwort auf diese Frage kannte sie: Dankbar war sie ihm, aber Dankbarkeit fühlte sich anders an als die Emotionen, die ihr so sehr zu schaffen machten …
    Was hatte es nur zu bedeuten, dass er

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