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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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diesem schmalen Lager, wo er ihre Wärme und Nähe – und gelegentlich ihren weichen Körper – spürte, konnte er sich kaum beherrschen, sie nicht an sich zu pressen und eins mit ihr zu werden.
    Andererseits wusste er einfach nicht zu deuten, was sie für ihn empfand. Seitdem er ihr geboten hatte, weiterhin als Leon aufzutreten, hatte sie die Rolle des Knappen gehorsam und pflichtbewusst weitergespielt, ihm aber mit keinem Zeichen verraten, ob und welche Gefühle sie für ihn hegte. Oder war da einmal so etwas wie Sehnsucht in ihrem Blick gewesen, damals in Genua, als sie fortgelaufen war und er sie am Strand gefunden hatte?
    Robyn unterdrückte ein Stöhnen, denn nun spürte er den leichten Druck ihres Oberschenkels an seiner Hüfte. Heiße Wellen der Erregung schossen durch seine Lenden. Hart biss er die Zähne aufeinander und versuchte, seinen Gedanken eine andere Richtung zu geben. Rief sich Bilder von seinen Fahrten und Missionen vor Augen, gefährlichen Situationen, in denen er nur knapp mit dem Leben davongekommen war. Es half nichts. Dann probierte er es damit, an Frauen zu denken, die ihm ihre Gunst geschenkt hatten. Schöne Frauen, die sich willig an ihn geschmiegt hatten … Aber diese Vorstellung machte alles noch schlimmer!
    Und seine Qual wurde noch verstärkt, als durch die dünne Wand zur Nachbarkammer Laute zu hören waren, die nur eins bedeuten konnten: Dort gab sich ein Paar den Freuden der Liebe hin, die ihm und Leonor verwehrt waren. Erregtes Stöhnen drang an sein Ohr, gefolgt von freudigen Jauchzern und schließlich lustvollen Schreien. Dann endlich war Ruhe, doch in ihm ebbte das Verlangen keineswegs ab.
    Immer wieder stieg das Bild Leonors vor seinem geistigen Auge auf. Groß, schlank, geschmeidig, mit nachtschwarzem Haar – wie mochte sie aussehen, wenn sie es offen trug und es ihren nackten Körper wie einen seidigen Schleier umspielte, über ihre schönen, festen Brüste fiel? Und dann ihre wohlgeformten Schenkel, die in den Beinlingen so gut zur Geltung kamen. Oh, wie gern hätte er sich zwischen diese Schenkel gelegt, sich mit Leonor vereinigt … Sie genommen – zärtlich, leidenschaftlich, wild. Hätte mit ihr die höchsten Wonnen der Lust erlebt. Gepeinigt ballte Robyn die Hände zu Fäusten. Um sich abzulenken von den fleischlichen Wonnen, dachte er an ihre Augen, die in der seltenen Farbe von Amethysten leuchteten … Nie zuvor hatte er eine Frau mit solchen Augen gesehen. Aber es war nicht allein ihre Schönheit, die ihn anzog und die er bewunderte. Auch ihr Mut und ihr starker Wille faszinierten ihn. Wie viele Fährnisse hatte sie ganz allein gemeistert, hatte es gewagt, sich als Mann zu verkleiden, und kühn den Piraten getrotzt …
    Ach, würde sie mir doch nur ein Zeichen geben, damit ich weiß, was sie für mich empfindet.
    Würde morgen, wenn er sie zum Grab des heiligen Paulus brachte, wirklich ihr letzter gemeinsamer Tag sein? Durfte er sie überhaupt sich selbst überlassen? Gewiss, sie war stark und mutig – aber was stand ihr bevor, wenn sie ihre Pilgerfahrt beendet hatte? Würde sie allein den weiten, gefährlichen Heimweg antreten? Müsste er nicht wenigstens dafür sorgen, dass sie sich einer Pilgergruppe, die gen Norden reiste, anschloss? Und was erwartete sie daheim?
    Robyn dröhnte und schmerzte der Kopf ob all der quälenden Fragen. Erschöpft schloss er schließlich die Augen und fiel alsbald in einen dumpfen Schlaf, aus dem er jedoch, so schien es ihm zumindest, nur einige Augenblicke später wieder durch das Läuten der Kirchenglocken gerissen wurde.

28. KAPITEL
    In Anbetracht des wenig schmackhaften Essens, das in dem Albergo geboten wurde, hatten Robyn und Leonor beschlossen, auf ein Frühmahl zu verzichten und sich auf dem Weg zum Grab des heiligen Paulus zu stärken.
    Wie schon am Abend zuvor mussten sie durch schmale Gassen voller stinkender Abfälle reiten, um die sich magere Katzen und streunende Hunde balgten, die jedoch beim Anblick des riesigen Tarras’ Reißaus nahmen. Auch wenn kaum Licht in diese Straßenschluchten fiel – so hohe Häuser kannte Leonor aus Freiburg nicht –, war es trotz der frühen Stunde bereits drückend heiß. Und obwohl sie sich zuvor nacheinander – jeweils während der andere den von der Wirtin so großspurig erwähnten Abort aufgesucht hatte –, so gut es ging, mit dem kaltem Wasser in der Waschschüssel gereinigt hatten, trat ihnen der Schweiß aus allen Poren.
    Die Menschen, die ihnen entgegenkamen,

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