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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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mit ihr sprechen wollen, Ehrwürdige Mutter.“
    Ehrwürdige Mutter, Ehrwürdige Mutter … wie sie diese Anrede hasste. Sie war erst Mitte zwanzig – und würde niemals Mutter sein.
    „Nun, wenn die Person edlen Geblüts ist, so wird sie doch gewiss ihren Namen und den des Geschlechts, dem sie entstammt, genannt haben.“
    Gerlinde schüttelte den Kopf. „Nein, sie gab nur ihren Taufnamen preis.“
    „Und wie lautet der? Heraus damit – muss man dir denn alles aus der Nase ziehen, Schwester? Ich denke, eine Bußnacht wird dir auf die Sprünge helfen.“
    Oje, eine Bußnacht. Gerlinde sank noch mehr in sich zusammen. Zwölf Stunden kniend auf hartem Stein in der eiskalten Kapelle …
    „Verzeiht, Ehrwürdige Mutter, dass ich Euch nicht sogleich den Namen genannt habe. Die junge Frau heißt Mathilde.“
    „Mathilde, Mathilde … Das sagt mir nichts. Indes, was sollen wir hier noch lange herumstehen. Wohlan denn, führe das Mädchen zu mir. Doch ich verdoppele die Strafe, wenn sie nicht wirklich edlen Geblüts, sondern nur irgendeine Bettlerin ist.“
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Mathilde auf das vergitterte Guckfenster im Klosterportal, dessen hölzerne Lade die Schwester Pförtnerin ihr vor der Nase zugeschlagen hatte. Zuvor hatte diese, nachdem sie ihr ihren Namen genannt und um Obdach für die Nacht gebeten hatte, einige Worte gemurmelt, die sie aber nicht recht verstanden hatte. Wollte man sie etwa hier in der einbrechenden Dunkelheit und im strömenden Gewitterregen stehen lassen und ihr den Einlass verwehren? Das widersprach jeglichem christlichen Gebaren.
    Zu Tode erschöpft, war sie nach einem nicht enden wollenden, langen Fußmarsch in brütender Hitze, gefolgt von einem Unwetter, endlich vor den Mauern von St. Odilia angekommen. Die Ereignisse vor ihrer Flucht aus Burg Mazagran und besonders die Enttäuschung ihrer Hoffnung, auf Eschenbronn bei ihrer Cousine Leonor Hilfe zu finden, hatten sie zermürbt. Erfahren zu müssen, dass Graf Konrad und sein Sohn einer Seuche zum Opfer gefallen waren und Leonor sich auf einer Pilgerreise nach Rom befand, hatte sie zutiefst erschüttert. Und dann hatte der neue Graf auch noch behauptet, sie sei eine Betrügerin, die sich als Verwandte Leonors ausgäbe, und sie von einem Diener aus der Burg werfen lassen. Dieser hatte ihr den Weg zum Kloster gewiesen.
    Jetzt war eine Unterkunft hinter den schützenden Mauern des Konvents alles, was sie sich in diesem Augenblick wünschte. Ein Stück Brot oder eine warme Suppe, ein Nachtlager im Trockenen … Und nun schien man ihr sogar das verwehren zu wollen.
    Ihre Füße bluteten und schmerzten. Zwar hatte ihr unterwegs ein Reiter angeboten, bei ihm aufzusitzen. Das lüsterne Glitzern in seinen Augen, das sie so sehr an ihren Gemahl erinnerte, wenn er sie fesselte, um sie zu züchtigen und dann seine Begierde an ihr zu stillen, hatte sie jedoch ablehnen lassen. Kurz hatte sie sogar befürchtet, der Reiter würde sie mit Gewalt auf sein Pferd zerren, doch er war mit einem anzüglichen Grinsen und einer obszönen Geste weitergeritten, nicht ohne ihr zuvor noch zuzurufen: „Wirst schon noch auf dem Rücken strampeln und dann bereuen, dass du mich abgewiesen hast, du hochmütiges Luder.“
    Verzweifelt zog Mathilde erneut an dem Klingelstrang neben der Pforte. Einige Zeit verstrich, schlurfende Schritte näherten sich, dann wurde das Guckloch wiederum geöffnet.
    „Oh, bitte, lasst mich doch ein, Ehrwürdige Schwester“, flehte Mathilde. „Ich bin völlig durchnässt und erschöpft. Gewährt mir Obdach für die Nacht.“
    Wiederum murmelte die Nonne etwas Unverständliches. Schließlich vernahm Mathilde zu ihrer Erleichterung, wie ein schwerer Riegel zurückgeschoben wurde. Die rostigen Angeln quietschten, als sich die Pforte öffnete.
    „Tretet ein“, forderte die Ordensfrau sie mit leiser Stimme auf. „Ich werde Euch sogleich zur Mutter Oberin führen.“
    Dass die Äbtissin höchstselbst sie sehen wollte, fand Mathilde zwar seltsam, deutete es aber als ein gutes Zeichen.
    Hätte sie gewusst, was sie hier im Kloster erwartete, wäre sie wohl durch Nacht und Regen in den Wald geflohen.
    Robyn erwachte mit schmerzenden Gliedern. Zwar hatte er schon des Öfteren auf seinen weiten Reisen auf einem Strohsack geschlafen, doch war selbst ihm, dem abgehärteten Ritter, ein bequemes Lager mit einer weichen Matratze lieber. Sein Blick wanderte zu der Pritsche, auf der Jérôme mit offenem Munde schnarchte. Gut – der

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