Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
können nicht mehr zurück! Unser Weg ist schon viel zu weit fortgeschritten. Haben dich die Fledermäuse erschreckt?«
    »Ja«, keuchte sie. »Es ist genau wie damals …«
    Froben holte Zunderschwamm und Feuerstein aus seinem Mantel und versuchte wiederholt, eine Fackel anzuzünden, aber die Gerätschaften waren zu feucht.
    »Hör einmal, Teresa«, sagte er. »Die Fledermaus wird zwar seit der Antike mit dem Bösen in Verbindung gebracht, trägt angeblich das Blut des Teufels in sich, jedoch deutet ihr Erscheinen auch auf die Seele hin und auf gegenseitige Unterstützung.«
    »Ich habe mich mit der Mythologie ebenfalls beschäftigt«, gab sie unwirsch zurück. »Sie deutet zwar auf die Seele hin, aber auchauf den Tod. Dass sie nur in der Dunkelheit fliegt und nur dort gut sieht, heißt, dass sie zu den Unwissenden gehört und niemals das Licht der Wahrheit erblicken wird.«
    »Glaubst du denn, dass du es jemals erblicken wirst?«
    »Darum sind wir doch aufgebrochen!«
    Die Pferde wurden unruhig, traten von einem Bein auf das andere und schnaubten.
    »Wir können nicht umkehren«, beschied Froben. »Wenn wir in der Dunkelheit zurückgehen, stürzen wir womöglich in eine der Schluchten und brechen uns die Beine, wenn nicht Schlimmeres. Dann wäre die Prophezeiung wahrlich erfüllt. Der einzige Weg führt hinauf.«
    Teresa gab sich geschlagen. Müde, mit immer den gleichen zweifelnden Gedanken im Kopf, folgte sie ihrem Vater durch die Finsternis. Aus dem Nebel begannen sich winzige Tröpfchen zu lösen, die allmählich in Regen übergingen. Ihre Kleider wurden feucht, schließlich waren sie schwer vor Nässe. Der Regen vermischte sich mit Schnee, das Treiben wurde immer heftiger. Ein Wind kam auf, der bald in ein heulendes Inferno überging.
    Teresa rutschte mehr voran, als dass sie auf zwei Beinen ging, hielt sich schließlich am Schweif von Frobens Pferd fest. Unten in der Schlucht konnte sie Wasser tosen hören, das vorher nicht da gewesen war. Sie erinnerte sich, wie sie sich in den Bergen der Helvetier verirrt hatte. Nur nicht aufgeben, hatte sie gedacht. Weit entfernt, etwas erhöht, sah sie ein Licht brennen. Sie musste träumen. Doch je weiter sie gingen, rutschten, stolperten, desto näher kam dieses Licht. Es war wie eine Stimme, die sie zu sich rief, die Geborgenheit, Wärme und Heimat versprach.

3. Buch: Das Geheimnis

23.
    Sie näherten sich dem Kloster Montserrat auf einem Weg, der direkt am Abgrund der Schlucht entlangführte. Ein Fehltritt, und es wäre um sie geschehen gewesen. Wie konnten die Mönche sich bloß an so einem verlassenen, schwindelerregenden Ort niederlassen! Der Sturm tobte unvermindert weiter, der Regen peitschte Teresa ins Gesicht. Das Kloster war von einer Mauer umgeben, und bald erreichten sie eine Pforte, die Einlass gewährte. Eine im Wind flackernde Fackel steckte in einer Mauernische, wie zum Trost für einsame, erschöpfte Wanderer der Nacht.
    Teresa klammerte sich an das Halfter ihres Pferdes, während Froben an einer Schnur zog, die eine kleine Glocke betätigte. Das Läuten fuhr Teresa in die Glieder wie das Gedröhn einer Kirchturmuhr. Eine Zeitlang rührte sich überhaupt nichts, dann wurde das Trappeln von Schritten hörbar. Das Tor öffnete sich einen Spaltbreit, und eine spitze Nase tauchte auf.
    » Quien esta ?«, fragte eine barsche Stimme.
    »Somos Pelegrinos que quieren una Habitacion por la Noche« , entgegnete Froben.
    Die Tür wurde aufgezogen. Ein verschlafener Mönch in dunkler Kutte blickte ihnen entgegen.
    »Kommt herein«, sagte er. »Bei uns gibt es immer ein Nachtlager für Fremde, sofern sie in guter Absicht kommen. Wer ist das an Eurer Seite?«
    »Mein Sohn Tereso«, antwortete Froben.
    Teresa musste an sich halten, um nicht in sich hineinzukichern. Inzwischen war ein zweiter Mönch aufgetaucht, dem der erste die erschöpften Pferde übergab. Froben und Teresa wurden in eine Zelle geführt, in der breite, mit Stroh gefüllte Matratzen lagen. Teresasank, ohne ein weiteres Wort zu sagen und ohne sich darum zu bekümmern, was sonst noch geschehen würde, auf eines dieser Lager nieder, wickelte sich in eine Decke und schlief – mit dem Getöse des Windes in den Ohren – auf der Stelle ein.
    Am anderen Morgen erwachte Teresa von einem Geräusch. Sie fuhr auf und wusste gleich, wo sie sich befand. Der Laut war von ihrem Vater gekommen, der friedlich auf dem Rücken lag und schnarchte. Sie stand leise auf, zog ihre zerknitterte, leicht muffig riechende

Weitere Kostenlose Bücher