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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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verantwortungslos, denn welches Leben könnte sie Hanno bieten? Wovon sollten sie sich ernähren? Ihr Handelshaus hatte sich in nichts aufgelöst, sie hielt nur noch das Geld, das eigentlich Martin gehörte, unter ihrem Rock verborgen. Das reichte wohl gerade für eine Schiffspassage nach Italien und den Weg zurück nach Passau. Sie müsste sich irgendwie als Krämerin durchschlagen. Vielleicht mit einer Kiepe ins Gebirge wandern und an entlegenen Orten Haarnadeln, Kämme und Bänder oder dergleichen verkaufen.
    Nein, sie würde doch ins Kloster gehen und Nonne werden und Hanno der Obhut seines Vaters anvertrauen. Schließlich liebte er seinen Sohn, soweit ihm das als Graf und Ritter und Mann geboten schien.
    »Alice!«, hörte sie hinter sich jemanden ihren Namen rufen. »Alice!«
    Sie drehte sich um und erschrak vor Freude. Bernhard ritt auf sie zu, angetan mit Kettenhemd und Schwert, aber ohne Helm. Ihr eigenes Pferd führte er am Zügel. Er sprang ab und fasste sie am Arm.
    »Ich habe dich gesucht«, warf er ihr vor. »Du begibst dich unnütz in Gefahr. Mach das nicht noch einmal.«

    Als Bernhard und Alice wieder beim Lager ankamen, ohne dass sie sich ausführlich versöhnt hatten, wie es sonst nach kleineren Streitigkeiten zwischen ihnen üblich war, erblickten sie eine Menschenmenge, die in einem Kreis um etwas herumstanden, das anscheinend auf dem Boden lag. Sie stellten sich dazu und Alice reckte den Hals vor Neugierde. Sie konnte zwar nichts erkennen, erblickte aber schräg gegenüber die Frau, die Männerkleidung trug. Einige Kinder drängelten sich an ihr vorbei, sodass sich ihr brauner Umhang verschob und Alice ihr Kettenhemd aufblitzen sah.
    »Sie lebt wirklich wie ein Mann und hat sogar ihren Bogen dabei«, flüsterte Alice Bernhard zu.
    »Findest du das gut?«, fragte er zurück.
    »Ruhe!«, erscholl es in das allgemeine Gemurmel, Rufen und Schreien.
    »Ruhe!«, wiederholte der Bischof von Apt, der inmitten des Kreises zusammen mit dem arabisch sprechenden Ritter stand. Er hätte sich seine zweite Aufforderung ersparen können, denn augenblicklich trat Stille ein. Alice hörte die japsenden, aufgeregten Atemzüge der Frau neben sich.
    Der Bischof bückte sich und hielt eine tote Taube weit über sein Haupt, sodass jeder sie sehen konnte.
    »Gott ist mit uns«, begann er. »Diese Taube flog über unser Lager. Es ist eine Brieftaube, wie die Ungläubigen sie so geschickt züchten. Ein Habicht hat die Taube erfasst und sie fiel, Gott sei gepriesen, in der Nähe meines Zeltes nieder. Ein Brief war an ihrem Bein befestigt, in dem der Statthalter von Akkon alle Muslime Palästinas auffordert, Widerstand gegen uns zu leisten und gegen uns zu kämpfen.«
    Atemloses Schweigen, dann Ausbrüche der Wut, des Zorns und der Androhung des Kampfes.
    »Wieso denn das?«, wunderte sich Alice. »Der Statthalter von Akkon hat uns selbst keinen Widerstand geleistet und die Schonung seiner Felder mit reichlich Verpflegung für unser ganzes Heer erkauft.«
    »Man spielt hier im Osten ein doppeltes Spiel, mit der Zunge freundlich, mit dem Herzen hassen«, erwiderte Bernhard. Er zog die Stirn kraus.
    »Was habt Ihr?«, flüsterte Alice. »Es ist noch einmal gut gegangen. Ich denke, es ist ein Geschenk des Himmels, dass ausgerechnet Pfingsten, dem Fest der Aussendung des Heiligen Geistes, diese Brieftaube in unsere Hände fällt.«
    Bernhard schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, dass die Fatimiden in Ägypten ebenfalls solche Brieftauben erhalten und deswegen ein Entsatzheer so schnell wie möglich nach Palästina schicken, um uns noch vor der Einnahme Jerusalems zu schlagen. Wenn uns ein feindliches Heer aber während der Belagerung Jerusalems erreicht und uns einkesselt, dann sind wir vernichtet, so kurz vor dem Ziel, buchstäblich vor den Mauern der Stadt Jesu Christi.«
    Alice saß das anrückende Heer Kerboghas vor den Mauern Antiochias noch in den Knochen.
    »Wenn wir überleben wollen«, fuhr Bernhard fort, »müssen wir in kürzester Zeit Jerusalem erobern. Eine längere Belagerung ist tödlich.«
    Alice sah das ein. Es packte sie wieder die Angst vor der Zukunft, die sie zu besänftigen suchte mit freundlichen Vorstellungen.
    Was wäre, so sinnierte sie, wenn sie und Bernhard in Jerusalem blieben, er als Herr und sie als Mutter seines Sohnes. Was wäre, wenn in Jerusalem ein Pfingstwunder geschähe und der Heilige Geist sie mit der Gnade erfüllte, wie die urchristliche Gemeinde zu leben:
    ›Alle aber, die gläubig

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