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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Bewahrer der Christenheit, nicht diese Byzantiner. Da, sieh sie dir an, diese Memmen«, sagte er und spielte mit seinem Kurzschwert.
    »Wird Zeit, dass wir zum Kämpfen kommen«, bestätigte der andere.
    Alice wurde unwohl, wenn sie an bewaffnete Auseinandersetzungen dachte. Über jeden Schritt, den sie hinter sich gebracht hatte, war sie froh, jedoch vor dem Übergang in das von den Türken eroberte Gebiet ängstigte sie sich.
    Was hatte sie gehört, was wurde im Lager geflüstert? Der Armenkreuzzug, der sich bereits im Frühjahr auf den weiten Weg nach Jerusalem gemacht hatte, sei schon kurz nach Konstantinopel von den Seldschuken vernichtet worden. Ritter und Fußsoldaten – geschlagen und tot, Frauen und Kinder – alle ermordet.
    Siebzehntausend Menschen – an einem einzigen Tag!
    Und das war gerade einen Monat her.
    Das Grauen erfasste Alice und ließ sie zittern. Sie sah die Pilger noch vor sich, das Häufchen Arme, das sich an einem lauen, warmen Frühlingsmorgen um ihren Anführer Peter, den Einsiedler, geschart hatte. Ihm ging der Ruf der Heiligkeit voraus, obgleich er eine hässliche, stinkende Gestalt war auf einem noch hässlicheren Esel. Aufgeregt und ohne Schuhe hatten die Kinder auf dem Domplatz gestanden und zusammen mit ihren Eltern auf den Befehl zum Aufbruch gewartet. Und nun waren sie tot. Man erzählte sich, alle Kinder seien umgebracht worden. Nur schöne Jungfrauen und bartlose Jünglinge seien verschont und als Sklaven verkauft worden. Die anderen aber, die Säuglinge und die Frauen und Kranken und Priester und Alten – alle, die sich im Lager bei Civitot befunden hätten, seien abgeschlachtet worden.
    Sultan Kilidj Arslan war es, der das tat.
    Aber auch sie selbst würde denselben Weg gehen müssen wie die Leute Peters des Einsiedlers.
    Alice fürchtete sich.
    Sie wollte an etwas anderes denken.
    Seltsam war die Sache mit dem Sterben. Es konnte so schnell gehen. Vor einem Jahr hatte Martins Mutter noch gelebt. Nun war auch sie tot.
    Und seltsam, nein abscheulich war es, in dieser Reihe zu stehen und auf das Essen zu warten. Na, endlich ging es weiter. Diesem Abt hatte sie das zu verdanken. Wie sie ihn dafür verabscheute, den Vater zum Kreuzzug aufgehetzt zu haben. Nein, das durfte sie nicht denken. Welch eine Sünde. Sie müsste froh und dankbar sein, als ein Pilger Gottes nach Jerusalem zu gehen. Sicher würde sie für ihre bösen Gedanken bestraft werden. Wem sollte sie es beichten, dass sie sich nach ihrem Zuhause sehnte? Dafür würde sie nach dem Tode büßen müssen. Natürlich war es ein Segen, eine Gnade, für Jesus Christus Jerusalem, das himmlische und das irdische, zu erobern. Und Sterben für Jesus Christus war süß. Aber Alice mochte nicht sterben. Und während sie noch über den Tod nachdachte, schreckte sie auf.
    »In die Suppe kannst hineinpissen, so dünn ist sie«, hörte Alice eine Frauenstimme.
    Der Byzantiner verstand sie offenbar nicht, denn er lächelte die Schimpfende hilflos an. Im Vorübergehen, den Topf mit Suppe in der Hand, brummelte die Frau:
    »Männer. Zeigt es ihnen. Unser Herr Jesus Christus hat 5.000 Leute mit fünf Broten und zwei Fischen so satt gemacht, dass sie die übrig gebliebenen Brocken in Körbe sammelten, und euer Kaiser kann uns nicht mal trotz seiner Pracht genug zu essen geben?« Alice sah aufmerksam und mit Erstaunen dem Weib nach, das sich statt der Strümpfe Lumpen um die Füße gewickelt hatte.
    In diesem Moment drang der Duft von gebratenem Hammelfleisch in Alice’ Nase. Die byzantinischen Soldaten bereiteten ihr Nachtessen vor. Überall am Wegesrand loderten die Feuer auf, über denen das Fleisch auf Spießen gedreht wurde.
    Vorsichtig, damit sie auf dem glitschigen Boden nicht ausrutschte, ging Alice den Weg zu ihrem Wagen zurück, das Brot hatte sie fest unter den Arm geklemmt, den Topf mit der Suppe mit beiden Händen haltend. Im Schein der Feuer erblickte sie Bernhard von Baerheim, wie er sich lässig an einen Baum lehnte, einen Grashalm im Mund, und unverwandt ihr Kommen beobachtete.
    Ausweichen oder nicht? Alice entschloss sich, aufrecht an ihm vorbeizugehen, so als hätte sie ihn nicht bemerkt. Während sie sich ihm möglichst teilnahmslos näherte, fühlte sie seinen selbstsicheren, prüfenden Blick, als wollte er jede Faser ihres Kleides durchdringen. Sie merkte, wie sie rot wurde, und hatte plötzlich die entsetzliche Vorstellung, sie würde ein Bein nachziehen. Bloß nicht humpeln. Es war ihr, als würde er spöttisch

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