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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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abzuwarten, verschwanden die Herren im Zelt Herzog Gottfrieds. Ihr Auftrag war kurz und bündig: Sie hatten den Unwillen Alexios’ über die Plünderungen kundzutun und Gottfried zum Treueid zu bewegen, zumindest aber zur Beendigung der Raubzüge durch die Vorstädte Konstantinopels.
    Die Gespräche schienen den gewünschten Zweck jedenfalls teilweise erfüllt zu haben. Es wurde bekannt, Herzog Gottfried leiste zwar nicht den Treueid, sei aber einverstanden, dass das Heer weiter weg von Konstantinopel nach Pera verlegt werde. Noch am gleichen Tag ritten Herolde durch das Lager und forderten die Pilger in vielen Sprachen auf, sofort die Zelte abzubrechen und sich für den Abmarsch bereitzuhalten. Als Gegenleistung sei die Blockade von Lebensmitteln aufgehoben, Kaiser Alexios habe zugesagt, sie mit ausreichend Nahrung zu versorgen.
    Alice war erleichtert, der ständige kalte Winterwind und der Regen, überhaupt das Leben draußen, nur geschützt durch den Wagen, machten ihr zu schaffen. Selbst am Feuer wurden ihre klammen Hände nicht mehr warm. Dort in Pera aber konnten sie in einem richtigen Haus wohnen. Hinter vorgehaltener Hand wurde allerdings getuschelt, der Kaiser erweise ihnen keine Wohltat, sondern könne das westliche barbarische Heer dort besser durch seine ihm treu ergebenen und absolut hörigen Soldaten überwachen.
    Nach einer Nacht, die die meisten Kreuzfahrer draußen im Nieselregen auf dem Erdboden verbracht hatten, setzte sich das Heer Gottfrieds beim ersten Morgengrauen in Bewegung nach Pera, wohin viele Adelige bereits am Vorabend aufgebrochen waren.
    Beim Anblick der hohen Stadtmauer begannen allerdings die Männer zu fluchen, Pera schien eher ein Gefängnis zu sein als ein Ort der Gastfreundschaft. Was wäre, wenn Alexios die Stadttore hinter ihnen schließen und jegliche Verbindung mit der Außenwelt, insbesondere mit den erwarteten übrigen Kreuzfahrerheeren, abschneiden würde? Zusammengepfercht würden sie auf engstem Raum leben, ständig bewacht von Alexios’ Soldaten. Nur Herzog Gottfried und der hohe Adel hätten ganze Paläste für sich.
    »Kannscht bei uns wohne’. Mir helfe’ di’ mit dein’ Vater«, hatte Hildegards Mutter Alice Mut zugesprochen.
    Doch während Alice den Wagen durch das Tor in die Stadt hineinlenkte, war Bernhard herangeritten, hatte sie gegrüßt und aufgefordert, ihm zu folgen. Sie hielten vor einem einstöckigen Haus nahe der Stadtmauer, wo schon Knechte des Grafen darauf warteten, den Vater durch die Küche, vorbei an zwei Kammern, die schmale Treppe hinauf in einen weitläufigen Raum zu tragen, in dem bereits für den Kranken ein Bett bereitstand. Stöhnend und erleichtert ließ der Vater sich in die weichen Kissen niedersinken. Abwartend stand der Ritter dabei, verabschiedete sich von dem Vater mit einem Kopfnicken und wurde von Alice die Treppe hinunterbegleitet, hinaus auf die mit Steinen gepflasterte Straße. Bernhard saß auf, beugte sich zu Alice und raunte ihr zu:
    »Wenn es dir recht ist, lasse ich heute Abend nach der Messe ein Bad für dich richten.«
    Alice erschrak. Dann roch sie an sich und nahm einen stechenden, unangenehmen Geruch wahr. Ihr Kleid stank und war besonders am Saum mit Dreck bespritzt. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie seit Monaten, seit ihrem Aufbruch von Passau, keinen Badezuber mehr benutzt hatte.
    Sie nickte und erwiderte: »Es scheint nötig zu sein.«
    »Ich werde eine Frau zu dir schicken, die wird dir den Weg zeigen.«
    Damit gab er seinem Pferd die Sporen und war im Gedränge verschwunden.
    Alice sah ihm nach. Gedankenverloren bemerkte sie, dass Pera von Menschen fast überquoll. Die kleine Stadt war auf die unabsehbare Menge von Pilgern und die sie bewachenden Soldaten des Kaisers Alexios nicht vorbereitet.
    Verdutzt blieb sie noch eine Weile stehen. Alice wollte sich auch erst einmal klar werden, was sie ihrem Vater sagen sollte. Und überhaupt. Wie sollte das aussehen, ein Bad? Sollte sie sich etwa auskleiden und nackend in den Badezuber steigen? Was wäre mit dem Geldbeutel unter ihren Röcken? Sollte sie ihn vorher verstecken? War er denn sicher bei der Witwe Tryphosa, bei der sie einquartiert waren? Würde die nicht heimlich ihr Gepäck durchsuchen? Sie müsste den Beutel so an ihrer Kleidung festnähen, dass sie ihn unauffällig mit auszog.
    Und überhaupt. Was bedeutete dieses Angebot eines Bades?

    Von dem Gottesdienst abends bekam Alice kaum etwas mit, was allerdings kein Wunder war, denn auch die sie

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