Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
Wäscherinnen und auch die verheirateten Frauen, man hörte so allerhand, wenn man nach Einbruch der Dunkelheit durchs Lager ging.
»Sagen musch i’ es dir, wast selbscht genau weischt. Der Ritter ist ein schöner Mann. Aber er ist adelig. Heiraten wird er di’ nimmer.«
Alice schoss das Blut in die Wangen. Sie schämte sich und gleichzeitig war sie empört ob dieser Zumutung, vor allem jedoch, weil sie wusste, dass die Frau die Wahrheit sprach.
»Ich bin Jungfrau«, antwortete sie möglichst würdevoll.
»Ja, ja«, gab die andere zerstreut zurück. »Des waren wir alle mal. Des gibt sich noch.«
Alice wollte etwas einwenden, wurde jedoch von der Frau unterbrochen.
»I’ will dir den Ritter auch nicht ausreden. Ausreden kann man so einen Mann keiner. I’ will dir nur helfen, dass du nischt gleich ein’ Balg bis nach Jerusalem mitschleppen muscht.«
Alice wurde rot.
»Nu, erschrick nicht. Die Männer müssen kämpfen und dürfen kei’ Furcht haben und für uns Frauen ist dies nun unser Kampf. Darfscht nicht zugrunde gehen an dem Ritter. Bischt erst schwanger und dein Bauch wird so dick, dass er nicht mehr darf oder keine Lust mehr auf dich hat, wird er dich sitzen lassen. Also, Honig is net gut. Mögen Männer nicht, verzeih. Aufs Gefühl verlassen und die Tage errechnen …« Die Frau schüttelte den Kopf.
»Der Sadebaum, ja. Darfscht nur ganz wenig davon nehmen, sonst bischt tot.
Sechs Tropfen und du bischt bei de Engelein. Komm mit in mein Zelt. Darfscht aber niemand was davon sagen. Auch dem Ritter nit. Sonst krieg i’ mit dem Priester Ärger. Ist dem Mann sowieso einerlei, wie du es machst. Hauptsache, du lässt ihn, wie er will.«
Die beiden waren nun beim Zelt angekommen und verschwanden im dunklen Inneren.
In die letzte Glut auf dem Boden legte Hildegard Reisig und kleine Äste, sodass eine Flamme züngelte, und schob einen Eisenkessel mit 3 Beinen über das Feuer. Alice war es unheimlich zumute. Was war, wenn die Frau etwas falsch machte und sie an dem Gift starb? Dazu murmelte die Frau noch Unverständliches. Alice wollte, entschlossen, Jungfrau zu bleiben, gerade aufstehen und fortgehen, als die Frau ihr Gemisch gebraut hatte, es ganz vorsichtig in ein feines Glasfläschchen goss und mit einem Glaspropfen fest verschloss.
»Ist gut, Mädche’. Das Fläschchen kannst mir später wiedergeben. Von mein’ Mann aus Selymbria. Ischt ein kostbar Ding, zerbrich es nicht vor Aufregung. Ischt der Menschheit Lauf. Unser Frauen Los ist dienen und leiden. Wirscht sehen. Macht aber nichts.«
Die Frau hob den Kopf und lauschte. »Mei’ Mann kommt. Geh nu.«
Die Zeltplane wurde zur Seite geschoben und herein trat ein untersetzter, jedoch sehr kräftiger Mann, dessen Gesicht dicht von einem blonden Bart bewachsen schien. Über der Schulter trug er einen blökenden Hammel. Er ließ das Tier zu Boden gleiten und sagte:
»Frau, bereite das zu.«
Alice drückte das Fläschchen an sich und verließ grüßend das Zelt.
In ihrem Wagen angekommen, verwahrte sie es gut neben dem Schlafmohn. Es war ihr sonderbar, dass sie offenbar ausgezogen war, um Gifte zu sammeln.
Alice überlegte, ab wann sie wohl etwas von dem Sadebaum nehmen sollte. Jetzt schon? Es erschien ihr verfrüht. Sie wollte auf den Abend warten und dann entscheiden. Dass Bernhard nun irgendwo in den Vorstädten war, Menschen überfiel, vielleicht verwundete und plünderte, daran mochte sie nicht denken, das wollte sie sich nicht so genau vorstellen. Und wenn die Leute sich wehrten und er verwundet würde? Alice schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich nicht.
Am Abend erwartete sie ihn. Doch es erschien nur der Koch des Grafen von Baerheim, von Bernhard geschickt, um ihr und ihrem Vater eine mit Korinthen, Datteln und Pistazien gefüllte Ente sowie Brot und Wein zu überbringen. Am darauffolgenden Tag ließ sich Bernhard auch nicht blicken, jedoch erhielt der Vater eine Pelzdecke aus Bärenfell.
So ging es Tag für Tag, solange die Männer morgens mit Balduin zum Plündern auszogen, immer erhielt Alice am Abend durch einen Boten Geschenke.
Alice wurde von Tag zu Tag unruhiger, ungeduldiger. Sie sehnte Bernhard herbei und wünschte gleichzeitig, er werde niemals kommen.
Tatsächlich erschien eine Gesandtschaft des Kaisers Alexios, diesmal nicht gekleidet in kostbare bunte Gewänder, sondern in kriegerischer Aufmachung, in Rüstung mit Schwertern und Lanzen, begleitet von Soldaten. Ohne viel Aufhebens zu machen, ohne irgendwelche Zeremonien
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