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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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war, um dem Herzog Vorwürfe zu machen, er habe die Stadtmauer von Konstantinopel angegriffen und seine Leute hätten sieben Byzantiner erschlagen.
    Doch noch während sie ihre Überlegenheit mit erhobenem Haupte auskosteten, hatten Alexios’ Soldaten angegriffen, geschickt, kampferprobt und dem Kaiser bis in den Tod ergeben. Unter dem Donnern der Pferdehufe waren sie in das Lager hineingestürmt und alle, Kinder, Frauen, Knechte, Fußsoldaten und eben auch Ritter, waren fluchtartig auseinandergestoben. Bernhard schämte sich unsäglich über diesen Ehrverlust. Und nicht nur das, fraglich war es doch auch, inwiefern sie im Kampf gegen die Türken bestehen würden. Bernhard wehrte den Gedanken ab.
    Er wandte sich wieder der Zeremonie zu, die so peinvoll war. Er sah sich in dem Saal um, der mit seinem Thron, dem Gold, den Edelsteinen und Bildern unsäglich glanzvoller, prächtiger war als alles, was jeder dieser edelsten Ritter im Gefolge des Herzogs sich nur hätte vorstellen können. Selbst Wilhelm der Eroberer hatte seine ersten Burgen in England aus Holz errichten lassen. Der Tower, den er sich endlich in London erbauen ließ, war sicher winzig und unansehnlich gegen diese stolze Pracht und unglaubliche Größe.
    Und nun diese unermesslich hohen, mit Möbeln, Teppichen, Kleinoden, Springbrunnen, aus denen nicht Wasser, sondern Parfum oder Wein sich heiter sprudelnd ergoss, überladenen Säle, diese Kirche, die Hagia Sophia, in der der Patriarch unter der Kuppel, auf der Jesus als Pantokrator, als Weltherrscher, dargestellt war, den Gottesdienst zelebriert hatte – und neben ihm stand Kaiser Alexios und gab sich als Beherrscher der Welt. Es war erniedrigend, voll Wut verfolgten die Männer die Zeremonie.
    Eine Flügeltür, ein Portal, wurde geöffnet zu einem Saal, der vor Kerzenlicht erstrahlte, sodass sich das Gold der Leuchter im Glas der Römer gleißend spiegelte. Gedeckt waren zweizinkige Gabeln, von denen Bernhard nicht wusste, ob sie zum Vorlegen oder zum Aufspießen der Fleischstücke gedacht waren. Aß man hier etwa nicht mit den Fingern? Es duftete wundervoll, wenn auch fremd. Prinzessin Anna erschien und bat mit majestätischer Geste die Gäste zu Tisch. Selbstredend als Letzter trat Alexios an die Stirnseite des Tisches, erst jetzt setzte man sich, der Herzog und sein Bruder je an einer Seite des Kaisers, der außerordentlich freundlich wirkte.
    Natürlich, so überlegte Bernhard, ist Alexios misstrauisch, ob Gottfried eroberte Gebiete an ihn zurückgeben wollte. Aber andererseits besaß er in dem Heerführer aus dem fernen Niederlothringen einen Verbündeten, der ihm die Seldschuken vom Leibe halten würde. Fast vor den Toren Konstantinopels, waren sie ihm in beängstigende Nähe gerückt. Sollten diese Fremden, diese Papsttreuen, sich statt seiner mit ihnen schlagen. Geschwächt würde dieses Turkvolk durch so einen Krieg allemal. Und das sollte ihm nur willkommen sein, denn Byzanz hatte sich von der verlorenen Schlacht von Mantzikert noch nicht erholt und würde sich vielleicht auch niemals erholen.
    Trotzdem demonstrierte Alexios seinen Reichtum und seine Macht. Hinter jedem Ritter stand ein Lakai, um ihn zu bedienen – die größte Aufmerksamkeit, Höflichkeit und Ehre verbunden mit der größtmöglichen Überwachung. Denn jeder Diener wirkte so, als könnte er sehr wirkungsvoll zuschlagen.
    Das allerdings versuchte womöglich auch Prinzessin Anna. Wie sie ihn musterte. Höflich, aufmerksam, spöttisch zugleich. Klug sah sie aus, sie wirkte, als könne sie nicht nur lesen und schreiben, vielmehr als mache sie von diesen Fähigkeiten durchaus Gebrauch. Doch auch wenn sie die Tochter von Kaiser Alexios war, durfte sie als Frau einen Mann nicht so ansehen. Niemals. Bernhard richtete sich hoch auf. Niemals würde Alice einen Mann so herausfordernd, so seine Männlichkeit abschätzend, betrachten.

    Ach, Alice. Sie war fort. Alice hatte ihn verlassen.
    Nun lächelte die Prinzessin ihm auch noch huldvoll zu. Bernhard lächelte zurück. Nein, Alice lächelte zwar nicht huldvoller, aber schöner.
    Er musste sie wiederhaben. Er musste Alice wiederhaben.
    Er hätte es sich denken können, dass sie sich von ihm trennen wollte, als ihn gestern Nachmittag dieser Priester ansprach: ›Mein Sohn, Ihr habt lange nicht gebeichtet.‹ Was ging es ihn an? Natürlich ging es den Priester etwas an.
    Den ganzen Nachmittag war er im Lager herumgelungert und hatte immer daran denken müssen, dass gerade in diesem

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