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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hielt. So wenig konnte es nicht sein, denn er hatte widerspruchslos in diese Heiratspläne eingewilligt. Vielleicht aber hatte er Mademoiselle Felicia durchschaut und glaubte, die Ehe mit einem solch groben Patron sei das Richtige, um sie zu zähmen. Sie empfand die Verbindung der intriganten Edeldame mit Saltilieu als die passende Strafe dafür, dass diese sie und ihre Begleiter auf ihrer Flucht mit Vorbedacht dem Zorn des Barons ausgeliefert hatte.
    Ein Teil ihrer Gedanken musste sich auf ihrem Gesicht widergespiegelt haben, denn Graf Gaston lachte leise auf und sah sie mit neuem Interesse an. »Hattest du vorhin Angst, ich würde dich nur von Saltilieu wegholen, um dich an seiner Stelle zu benutzen?«
    Tilla wurde rot. »Nun, ich …«
    Sie brach ab, als Gaston Fébus in ein Lachen ausbrach. »Keine Sorge, mein Kind!«, sagte er. »Ich gebe zu, ich habe mit diesem Gedanken gespielt, denn du bist wirklich eine interessante Frau. Keine Schönheit, aber um eine solche in mein Bett zu bekommen, muss ich nur die Hand ausstrecken. Eine Frau wie du hingegen …«
    Er musterte Tilla noch einmal durchdringend und winkte dann ab. »Für Balgereien im Bett mögen die Schönheiten genügen. Dich benötige ich für ernsthaftere Dinge.«
    Tilla fühlte sich ein wenig beleidigt, weil der Graf ihre weiblichen Reize als nebensächlich abtat, konzentrierte sich aber auf seine Worte.
    »Es geht um mein Mündel Blanche. Ich könnte ihr diese Pilgerfahrt verbieten, doch das würden mir der Bischof und die Priester übel nehmen, und ich kann mir keinen Ärger mit der Kirche leisten. Natürlich könnte ich auch einen Trupp meinerSoldaten als Pilger verkleidet mitschicken, doch nur mit Stöcken bewaffnet können sie nicht viel bewirken. Also muss ich ebenso wie ihr auf Gott und den heiligen Jakobus vertrauen, dass sie euch beschützen.« Gaston Fébus schwieg einen Moment und bohrte seinen Blick schier in Tillas Augen.
    »Dir übertrage ich die Sorge um mein Mündel. Achte darauf, dass es Blanche unterwegs an nichts mangelt und sie keine Unbedachtsamkeiten begeht. Sie ist in einem schwierigen Alter und vermag in einem Augenblick mehr zu versprechen, als sie im nächsten einzuhalten bereit ist. Du hast eben Saltilieu erlebt. Er ist nicht der einzige Mann, für den das Nein eines Weibes nicht zählt.«
    Tilla brauchte eine ganze Weile, um das Gehörte zu verarbeiten. »Ihr ladet mir eine große Last auf die Schultern«, antwortete sie vorsichtig. »Wäre es nicht besser, die Sorge um Blanche jemand zu übertragen, der sie besser meistern könnte – Graf Starrheim zum Beispiel?«
    »Starrheim ist ein junger Mann und Blanche zu leicht bereit, ihn einzufangen. Die beiden würden sich paaren, bevor sie länger als drei Tage gezogen sind.«
    »Und das soll ich verhindern?« Tilla lachte freudlos auf und schüttelte den Kopf. »Monseigneur, diese Macht besitze ich nicht.«
    »Du bist stärker, als du denkst. Ich habe die Mienen deiner Begleiter gesehen. Ihre Augen richten sich auf dich, auch die eures Anführers. Wenn du Starrheim sagst, dass er Blanche in Ruhe lassen soll, wird er es tun. Dem Mädchen kannst du ein paar Ohrfeigen geben, wenn es dir nicht gehorchen sollte, und es ohne Abendessen ins Bett schicken. Ach ja, sie wird bei dir schlafen, damit sie nicht in Versuchung kommt, sich zu Starrheim zu gesellen. Ich will damit nicht sagen, dass ich etwas gegenden Habsburger-Spross hätte. Wäre er nicht verlobt, würde ich ihn wohl noch am heutigen Tage mit Blanche vermählen. Doch in dieser Situation würde eine Liebschaft zwischen den beiden nur ihren Ruf ruinieren, und dafür ist mir die Nichte meines alten Freunds Coeurfauchon zu schade.«
    Gaston von Béarn machte eine Handbewegung, die Tilla anzeigte, dass alles gesagt sei, und stand auf, ohne von den Köstlichkeiten vor ihm genascht zu haben.
    »Ihr werdet morgen weiterziehen! Bis dahin wird Blanche fertig sein.« Mit diesen Worten verließ er den Raum. Sein Gefolgsmann deutete eine leichte Verbeugung vor Tilla an und folgte ihm auf dem Fuß.
    Tilla blieb als Opfer widerstrebender Gefühle zurück. Der Aufgabe, die Graf Gaston ihr aufgehalst hatte, fühlte sie sich nicht gewachsen, denn als Bürgerliche besaß sie nicht die Autorität, über Blanche oder gar über Starrheim zu bestimmen. Der Habsburger hatte sich inzwischen gut genug erholt, um sich einen weichen Frauenleib zu wünschen, den er umarmen konnte, und in ihrer schwärmerischen Verehrung war Blanche gewiss bereit, ihn

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