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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gewähren zu lassen. Tilla hob schon das Glas, um es gegen die Wand zu feuern und ihrer Wut Luft zu machen, ließ es aber doch wieder sinken, denn es war einfach zu wertvoll. Dann lächelte sie bitter, denn in ihr hatte sich die Hausfrau bemerkbar gemacht, die den Haushalt ihres Vaters in den letzten Jahren vor seinem Tod geleitet hatte, und während sie das Glas abstellte, fand sie, dass sie das gute Essen unmöglich verkommen lassen durfte. Sie trat zur Tür und rief nach einem Diener. Als dieser erschien, wies sie auf die Platten und befahl ihm, diese zu nehmen und ihr zu folgen. Ihre Begleiter hatten bestimmt Hunger, und sie war auch noch nicht gesättigt.

VI.
    Nachdem Graf Gaston ihm die sicher geglaubte Beute aus den Händen genommen hatte, stapfte Hugues de Saltilieu missmutig die Treppe hinab und trat auf den Burghof hinaus, auf dem Knechte und Mägde geschäftig umhereilten. Unter ihnen befanden sich auch einige hübsche Mädchen, die ganz so aussahen, als könnten sie ihm die nächste Stunde versüßen. Noch während er sich überlegte, welcher von ihnen er befehlen sollte, ihm zu folgen, sah er, wie sich zwei Männer erschrocken in eine Ecke drängten, als wollten sie sich vor ihm verstecken.
    Sein Blick folgte ihnen und er wurde rot vor Zorn, als er seine beiden ehemaligen Söldner entdeckte, die von Felicia de Lacaune zur Flucht überredet worden waren. Mit ein paar langen Schritten überwand er die Entfernung zu ihnen und funkelte sie zornig an. »Verfluchtes Gesindel! Ihr seid ja immer noch auf dieser Welt.«
    Obwohl sie zu zweit waren, zitterten die beiden Männer vor dem zornigen Ritter und wichen noch weiter vor ihm zurück. Saltilieu riss einem von ihnen das Schwert aus der Scheide und rammte ihm die Klinge in den Leib. Noch während der Mann röchelnd zusammensank, beschrieb die Waffe einen Kreis in der Luft und trennte dem Zweiten den Kopf von den Schultern. Zufrieden blickte Saltilieu auf seine Opfer herab. Der Geköpfte war bereits tot und der andere würde die nächste Stunde nicht überleben. Damit war zumindest ein Teil der Schmach getilgt, die seit Felicia de Lacaunes erfolgreicher Flucht sein Banner beschmutzte.
    Hätte Gaston Fébus sich nicht überraschenderweise mit dem König von Frankreich versöhnt, wäre ihm aus dieser Angelegenheit ein Feind erwachsen, der ihn den Kopf hättekosten können oder zumindest einen Teil seiner Güter. Obwohl er dem gütigen Geschick hätte dankbar sein müssen, dachte der Baron nicht daran, Gnade walten zu lassen. In seinen Augen waren die beiden Männer hier nur die Ersten, die ihren Preis für Felicias Flucht bezahlt hatten. Sie selbst würde sein Weib werden und damit ihm untertan. Mit dem österreichischen Grafen und dessen Begleitern stand die Rechnung jedoch noch offen. Saltilieu drohte mit der Faust in die Richtung, wo er die Kammer wusste, in der die Pilgerschar untergebracht worden war, schleuderte die blutige Klinge weg und schritt durch das Gesinde, das sich mit weit aufgerissenen Augen um ihn versammelt hatte.

VII.
    Von einem Fenster aus hatte Felicia den Tod der beiden Männer mit angesehen und war kreidebleich geworden. Jetzt wandte sie sich Hugues Vetter Aymer zu, der von seinen Gefühlen getrieben ihre Nähe gesucht hatte.
    »Mit diesem Mann will mein Oheim mich vermählen! Bei Gott, da wäre es noch besser, ich würde mir selbst den Tod geben.« Sie schlug dabei die Hände vor das Gesicht und brach in Schluchzen aus.
    Aymer de Saltilieu starrte in den Burghof hinab und krampfte die Rechte um den Knauf seines Schwertes. »Bei der Liebe, die ich für Euch empfinde, werde ich Euch vor diesem Schicksal bewahren.« Seine Waffe glitt mit einem schabenden Geräusch aus der Scheide und er trat auf die Tür zu, um seinen Verwandten zu suchen und niederzuschlagen.
    Doch ehe er die Kammer verlassen konnte, war Felicia de Lacaunebei ihm und fasste ihn am Ärmel. »Ich beschwöre Euch, nichts Unvernünftiges zu tun. Wenn Ihr Euren Vetter tötet, macht Ihr Euch den König von Frankreich zum Feind und müsst zu den Engländern fliehen.«
    »Niemals!« Aymer hasste die Inselbewohner beinahe noch mehr als den Teufel, denn sie waren nach Frankreich gekommen, um das schöne Land zu verwüsten. Allein der Gedanke, Edward, dem Prinzen von Wales, Treue schwören zu müssen, erfüllte ihn mit Abscheu.
    Felicia de Lacaunes Blick klärte sich und zwei scharfe Kerben erschienen an ihren Mundwinkeln. »In einem habt Ihr Recht: Hugues muss sterben. Doch weder

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