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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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du hast mir in die Hände gearbeitet. Nach deinem kläglichen Ende wird es keinen mehr geben, der mich hindern kann, die Macht in Tremmlingen zu ergreifen!«
    Vor lauter Gier, Damian Laux zu demütigen, achtete Otfried nicht auf dessen Reaktionen und wurde völlig überrascht, als dieser mit einer blitzschnellen Bewegung sein Kurzschwert zog.
    Zum entscheidenden Schlag kam der junge Laux jedoch nicht mehr, denn der Anführer der Bayern hatte Acht gegeben und rammte ihm die Klinge unter der Achsel in den Leib. Damian sah ihn wie erstaunt an und rutschte ohne einen Laut von sich zu geben aus dem Sattel.
    Otfried starrte auf den Leichnam zu seinen Füßen und begriff jetzt erst, wie knapp er dem Tod entronnen war. Mit einem wütenden Schrei riss er seine eigene Waffe heraus und hackte damit auf Damians Leichnam ein.
    Die Bayern sahen ihm einen Augenblick lang zu, dann stupste der Anführer ihn mit dem Schaft eines Spießes an. »Wir müssen weiter! Ich habe keine Lust, mich mit den Kriegsknechten des Burgauer Vogts herumschlagen zu müssen. Wenn die begreifen, was hier geschehen ist, wird Habsburg gegen uns vorgehen und sich Tremmlingen selbst unter den Nagel reißen. Sollten die Herzöge von Österreich in ihrer Eigenschaft als Markgrafen von Burgau deiner Stadt die Fehde erklären, kann auch Herzog Stephan dir nicht mehr helfen.«
    Das sah Otfried ein. Widerstrebend ließ er von Damian ab und stieg auf dessen Pferd. »Auf nach Tremmlingen! Noch vor dem Abend muss die Stadt uns gehören.«

XI.
    Da ein Trupp von fast fünfzig Kriegern zu auffällig gewesen wäre, teilten die Männer sich auf und zogen auf verschiedenen Pfaden nach Tremmlingen. Im Gegensatz zu Damians Söldnern kamen sie rasch voran, denn sie waren gut mit Pferden versorgt, wenn zumeist auch zwei Mann auf einem Gaul sitzen mussten. Bis die Burgauer Amtsleute erfuhren, dass sich auf ihrem Gebiet ein Überfall ereignet hatte, würde die Truppe die Markgrafschaft längst verlassen und Tremmlingen erreicht haben.
    Um zu verhindern, dass die Stadtwachen ihnen die Tore vor der Nase zuschlugen, ritten Otfried und mehrere Söldner voraus. Otfried wählte das Neuburger Tor, obwohl er dazu halb um die Stadt herumreiten musste. Die beiden Torwächter kannten ihn und traten beiseite, um den Reiter nicht zu behindern. Otfried zügelte jedoch sein Pferd und blickte auf sie herab. »Gibt es Neues zu berichten?«
    Eine der Wachen lachte kurz auf. »Nichts, was Euch interessieren dürfte, Herr Willinger. Eine von Schrimpps Mägden hat gestern ein Mädchen geboren und behauptet steif und fest, Anton wäre der Vater. Das kann sie leicht sagen, denn der Gute weilt schon seit etlichen Monaten in der Ferne und kann nicht dagegensprechen. Aber wenn Ihr mich fragt, so tippe ich eher auf Meister Nodlers schmucken Gesellen. Der war nämlich genau vor neun Monaten für mehrere Tage bei Schrimpp, um dem Ratsherrn und seinen Söhnen neue Kleider anzumessen. Dabei hat er die Kleine wohl mit seinem speziellen Zollstock zwischen den Beinen gekitzelt.«
    Diese Art von Neuigkeiten interessierte Otfried nicht. Für ihn war nur wichtig, ob der Bürgermeister inzwischen etwas vonseinen Plänen erfahren und entsprechend reagiert hatte. Das schien jedoch nicht der Fall zu sein, sonst hätte der Torwächter nicht diesen Klatsch vor ihm ausgebreitet. Seine Worte erinnerten Otfried jedoch daran, dass bislang weder Anton Schrimpp noch Rigobert Böhdinger zurückgekehrt waren, von seiner Schwester Tilla ganz zu schweigen. Er verfluchte die drei, denn es wurde immer schwerer für ihn, dem alten Schrimpp und seiner Schwiegermutter die Abwesenheit ihrer Söhne zu erklären.
    »Es wird Zeit, dass die richtigen Leute hier das Sagen bekommen!« Otfried stieß eigentlich nur einen Gedanken aus, doch die Bayern schienen seine Worte als Aufforderung zum Handeln anzusehen, denn sie schwangen sich aus den Sätteln, packten die beiden Torwächter und sperrten sie in die Kellerstube, die für renitente Reisende gedacht war. Einer der Männer stieg die Treppe des Turmes hoch, setzte ein Horn an die Lippen und blies ein Signal.
    Noch während die Leute der umliegenden Gassen die Köpfe zu den Türen herausstreckten, um zu schauen, was denn los sei, ritt der Rest der Bayern in die Stadt ein.
    »Das ging ja wie’s Brezlbacken!«, rief ihr Anführer lachend. Er war Offizier und ein entfernter Verwandter Georg von Kadelburgs, und als solcher sah er sich schon als herzoglicher Vogt die Stadt beherrschen, auch wenn

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