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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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er derzeit noch auf Otfried Willinger Rücksicht nehmen musste.
    »Wir haben bisher nur dieses eine Tor. Die ganze Stadt zu übernehmen dürfte schwieriger sein.« Otfried nickte dem anderen zu und lenkte sein Pferd ein wenig beiseite, damit die bayerischen Söldner die Spitze übernehmen konnten. Er hielt sich lieber im Hintergrund, denn ihm war wenig damit gedient, wenn einer von Laux’ Stadtbütteln oder ein aufgebrachterBürger ihm einige Zoll kalten Stahls zwischen die Rippen stieß.
    Trotzdem bemühte er sich auch aus dieser Position, die Kontrolle über die Aktion zu behalten. »Es wird weder geplündert noch geschändet!«, rief er den bayerischen Söldnern zu, die sofort lange Gesichter zogen.
    »Also das geht nicht!«, rief einer empört. »Ein bisschen Spaß müssen wir schon haben.«
    »Sobald Tremmlingen uns gehört, könnt ihr im städtischen Bordell mit den Huren feiern und mit den Weibern und Töchtern derer, die sich gegen uns stellen!« Otfried schrie es laut genug, um auch von den Städtern gehört zu werden. Nur ein Narr würde jetzt noch die Waffen gegen ihn und seine Männer erheben. Er sah sich auch sofort bestätigt, denn durch welche Gassen sie auch ritten, überall wurden die Türen zugezogen und von innen verriegelt. Ihm war es recht, denn Laux’ Anhänger konnten sich nun nicht mehr zusammenrotten – und was den Bürgermeister betraf, so würde dieser mit seiner Amtskette auch die Freiheit verlieren.
    Auf ihrem Weg durch die Stadt schlossen sich ihnen bayrische Soldknechte an, die Otfried schon vorher nach Tremmlingen geschmuggelt hatte, und seine eigenen Parteigänger verstärkten die Schar. Als sie Laux’ Anwesen erreicht hatten, war ihre Zahl auf fast hundert Köpfe angewachsen, und so stellten das Dutzend Knechte des Bürgermeisters und die wenigen Stadtbüttel, die sich zu ihm geflüchtet hatten, keine Gefahr mehr für Otfried Willinger und seine Pläne dar.
    Die Tür des Hofes war versperrt und wurde den Geräuschen nach wohl auch von innen verbarrikadiert. Otfried hörte, wie der Bürgermeister Anweisungen erteilte, erfuhr aber von seinen Zuträgern, dass mehrere Knechte und Mägde das Hausdurch die Hinterpforte verlassen hatten. Nach kurzem Überlegen gab er seinen Männern den Befehl, die Leute laufen zu lassen.
    »Ich will überflüssiges Blutvergießen vermeiden und die Bürger der Stadt nicht durch Gewalttaten gegen den durchlauchtigsten Herzog von Bayern aufbringen«, rief er dem Anführer seiner Schar zu.
    Der nickte zustimmend. »Das wird wohl das Beste sein, Willinger. Je weniger Aufsehen es gibt, umso weniger Leute scheren sich darum, was hier geschieht.«
    Otfried ärgerte sich, weil der andere ihn wie einen einfachen Bürger anredete, tröstete sich aber mit den Versprechungen, die Georg von Kadelburg ihm im Namen Herzog Stephans gemacht hatte. Sobald er die Stadt den Bayern übergeben hatte, würde er den Ritterschlag und weitere hohe Ehren erhalten.
    Mit diesem stolzen Gefühl lenkte er sein Ross vor das Tor und erhob die Stimme. »Gib auf, Laux! Du kannst dich nicht gegen mich behaupten. Die Stadt ist bereits in meinem Besitz. Entweder du weist deine Knechte an, uns das Tor zu öffnen, oder wir zünden es an. Solltest du uns zum Kampf zwingen, werden wir keine Gnade üben und alle töten, die sich hinter den Mauern deines Anwesens verbergen.«
    Es dauerte eine Weile, bis Antwort kam. In der Zwischenzeit erfuhr Otfried, dass sich der Flüchtlingsstrom aus dem Laux-Anwesen noch verstärkt hatte. Nun schlichen auch die Stadtbüttel durch den Hinterausgang ins Freie und suchten verschreckt das Weite.
    Koloman Laux sah schließlich ein, dass es für ihn keine andere Wahl gab, als zu kapitulieren, wenn er die wenigen Getreuen, die bei ihm geblieben waren, nicht der Willkür der Sieger ausliefernwollte. Mit einer Stimme, der anzumerken war, wie schwer ihn diese Entwicklung getroffen hatte, befahl er, die Barrikaden beiseite zu räumen und das Tor zu öffnen.
    »Du hast gewonnen, Willinger. Ich gebe auf!«
    Ein Unterton in Laux’ Stimme bewies Otfried, dass der Bürgermeister sich an die Hoffnung klammerte, mit Hilfe seines Sohnes und der neuen Söldner die Waagschale wieder auf seine Seite neigen zu können. Spöttisch lächelnd lenkte er Damians Pferd vor das Tor. Als die beiden Flügel aufschwangen und Laux heraustrat, fiel sein Blick als Erstes auf das Tier, wanderte dann den Reiter hoch und blieb auf Otfrieds zufrieden glänzendem Gesicht haften.
    »Was ist mit

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