Die Pilgerin
frisch gefällten Bäumen, die man nur teilweise vom Geäst befreit hatte, so dass die ineinander verhakten Zweige es den Angreifern unmöglich machten, sofort auf die Verteidiger loszugehen. Französische Soldaten schlugen mit Schwertern und Beilen auf das Holz ein, wurdenvon englischen Pfeilen hinweggerafft und durch nachdrängende Männer ersetzt.
Sebastian, Starrheim, Sepp und der einäugige Veteran waren den Pfeilen entkommen, mussten aber nun ihren Schwung bremsen und sich ebenfalls eine Gasse durch das Geäst hauen. Dabei bemerkte Sebastian, wie ihn ein Engländer ins Visier nahm, und riss im Reflex den Schild hoch. Der Pfeil durchschlug das Holz, doch die Aufwärtsbewegung lenkte ihn ab und ließ ihn harmlos davontrudeln. Zu einem weiteren Schuss kam der Engländer nicht, denn Sebastian übersprang das letzte Hindernis und schlug noch im Schwung seinen Kriegshammer auf den Helm des Gegners. Der mehr als fingerlange Dorn brach durch Eisen und Gebein, und als er ihn zurückzog, fiel der Bogenschütze in sich zusammen.
Längst hatte sich die Schlachtreihe der Franzosen aufgelöst. Wo der Widerstand am härtesten war, wurden die Krieger wieder den Hügel hinabgedrängt. An anderen Stellen überrannten sie die Engländer und stießen tief in deren dicht gestaffelte Reihen.
Selbst Starrheim, der über eine gewisse Kriegserfahrung verfügte, verlor die Übersicht und richtete seine Sinne jeweils auf den nächsten Feind. Dennoch behielt er seine drei Kampfgefährten im Auge. Sie schlugen sich prächtig und sorgten dafür, dass kein Engländer ihn von der Seite oder gar von hinten angreifen konnte. Noch während er zufrieden schnaubte, tauchte vor ihm ein baumlanger Kerl auf, parierte seinen Schwerthieb mit einer geschickten Bewegung und riss einen eisernen Streitkolben hoch. Für einen Augenblick sah er den tödlichen Hieb kommen. Da fegte Sebastians Kampfhammer die feindliche Waffe zur Seite und im gleichen Augenblick rammte Sepp dem Engländer die Spitze seiner Hellebarde in den Leib.
Der riesenhaft gewachsene Krieger riss die Augen auf, als könne er es nicht glauben, dass diese Ameisen ihm den Tod gebracht hatten, und sackte mit einem ersterbenden Laut zusammen. Sein Tod öffnete die Lücke, die Starrheim und die Männer hinter ihm sich gewünscht hatten. Nachdem ihr stärkster Kämpe gefallen war, begannen die Engländer auch an dieser Stelle zu weichen. Innerhalb kürzester Zeit durchstießen die Franzosen ihre Reihen und spalteten ihr Heer.
»Gut gemacht!«, hörten Starrheim und die anderen Aymer de Saltilieu rufen. Der Heerführer ergriff nun selbst das Banner und drang mit gezogenem Schwert auf die Feinde ein. Noch aber war die Schlacht nicht gewonnen, denn Walter of Graile hatte einen Teil seiner Truppen als Reserve zurückgehalten und warf diese nun in den Kampf.
Philippe de Saint Vith, dessen Trupp sich bisher nicht sonderlich bewährt hatte, sah die Angreifer zuerst. Mit einem bellenden Ruf riss er seinen Hengst herum und stürmte auf die englische Reserve los. Seine Freunde folgten ihm, obwohl sie nur ein gutes Dutzend waren und ihnen die zehnfache Übermacht entgegenstand.
»Zur Hölle mit Saint Vith! Der kostet uns den Sieg«, schimpfte Starrheim mit einem Mal.
Er hatte einen Augenblick verschnaufen und sich einen Überblick über das Kampfgeschehen verschaffen können, und gerade, als er sich entschieden hatte, mit seinen Leuten gegen eine der Stellungen anzugehen, die von den Engländern noch erfolgreich verteidigt wurde, sah er die Ritter um seinen ehemaligen Freund gegen die Entsatztruppe der Gegner anreiten. Zwar sah es so aus, als könnten Saint Vith und die Seinen die Engländer zersprengen, doch es war schnell zu erkennen, dass sie einer Kriegslist zum Opfer fallen würden. Noch während sie mit ihren langen Lanzennutzlos in der Luft herumstocherten, glitten die Feinde wie Fische im Wasser um sie herum und attackierten sie von allen Seiten. Die ersten Reiter wurden aus dem Sattel gerissen und mit Beilen, Schwertern und Spießen niedergemacht. Saint Vith ließ die nutzlos gewordene Lanze fallen und versuchte, sich mit wuchtigen Schwerthieben Raum zu schaffen, doch es waren einfach zu viele Hände, die nach ihm griffen.
Starrheim begriff, dass die schöne Erminolde de la Tour sich bald würde Witwe nennen können, und erwog einen Augenblick lang, ob er noch einmal um sie freien sollte. Dann aber wurde ihm klar, dass mehr auf dem Spiel stand, und drehte sich zu seinen Männern um. »Wer
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