Die Pilgerin
erwiesen.« Sebastian klopfte auf eine große Börse, die an seinem Gürtel hing. Es klingelte golden und der Größe nach war mehr Geld darin, als die meisten Menschen in ihrem gesamten Leben zu sehen bekamen. Ein Mann, der mit einem solchen Schatz gut umzugehen verstand, konnte ein Vermögen machen. Wenn Sebastian in dieser Beziehung nur ein wenig seinem Bruder nachschlug, würde er in wenigen Jahren ein reicher und angesehener Bürger sein.
Sebastians Bericht war jedoch noch nicht zu Ende und sein Lächeln wurde selbstgefällig, als er auf das gut handgroße gestickte Wappen auf seiner Brust zeigte. Es stellte einen gepanzertenArm mit einem Streitkolben in der Faust in Silber auf schwarzem Grund dar, und darüber leuchteten fünf silberne Sterne. »Seine Majestät hat mir dieses Wappen verliehen und dazu das Recht, mich Hidalgo von Kastilien zu nennen. Damit zähle ich zum niederen Adel. Na, was sagst du jetzt?«
Tilla blickte ihn ungläubig an. War das der gleiche Sebastian, der daheim so vehement die Bürgerrechte verteidigt und gegen die Anmaßung des bayerischen Adels gewettert hatte? Dann aber begriff sie, dass er sich nur äußerlich verändert hatte, denn in seinem Blick lag nicht jener überhebliche Stolz, mit dem die hohen Herrschaften über das gemeine Volk hinwegblickten. Vielmehr wirkte er wie ein Lausbub, dem wieder einmal ein herrlicher Streich gelungen war.
»Wappen und Titel hast du dir gewiss redlich verdient«, antwortete sie und spürte, dass sie es ehrlich meinte. Als er sie grinsend fragte, ob diese Neuigkeit nicht noch einen weiteren Kuss wert wäre, streiften ihre Lippen flüchtig seinen Mund. Dann aber musste sie ihn mit den anderen teilen.
Blanche zupfte an seiner Pelerine, die sich stark von den alten, von Sonne und Wind ausgebleichten Mänteln unterschied, die Tilla und ihre Begleiter trugen. »Erzähle mir von Herrn Rudolf!«, flehte sie ihn an.
Sebastian bedauerte es sichtlich, sein Gespräch mit Tilla unterbrechen zu müssen, doch er begriff, dass er dem kleinen Plagegeist nicht würde entkommen können. »Starrheim war der Tapferste von allen, natürlich nach mir!«
Er zwinkerte dabei den anderen zu, damit sie nicht auf den Gedanken kamen, er wolle sich zu Unrecht rühmen, und begann dann einen längeren Bericht über den Kriegszug. Entgegen Saltilieus Einschätzung war es im letzten Herbst nicht mehr zu der erwarteten Entscheidungsschlacht gekommen.Heinrich von Trastamara war es gelungen, einen großen Teil Kastiliens unter seine Kontrolle zu bringen, während sein Gegner sich nach Toledo hatte zurückziehen müssen, um dort neue Kräfte zu sammeln. Die Entscheidung zwischen den Halbbrüdern war auch nicht in einer offenen Feldschlacht gefallen, sondern durch die Belagerung der Burg Montiel und eine Hinterlist des späteren Siegers. Heinrich von Trastamara hatte König Pedro mit Versprechungen aus Montiel herausgelockt und ihn dann während einer Unterredung eigenhändig erschlagen.
Vater Thomas fuhr auf. »Das war nicht die Tat eines edlen Königs!«
Sebastian hob beschwichtigend die Hand. »Einer der beiden Thronanwärter musste sterben, und ich bin froh, dass es nicht der war, auf dessen Seite ich gekämpft habe. Außerdem kann ich Herrn Heinrich verstehen. Sein Halbbruder hat seine Mutter Doña Leonor de Guzmán, eine Dame aus höchstem kastilischen Adel, kaltblütig ermordet. Dann hat er Heinrich und seinen Geschwistern gnadenlos nachgestellt, um auch sie zu vernichten. Ein Leben voller Gefahr und Hass mag einen Mann zu Taten treiben, die anderen Menschen unvorstellbar und abstoßend erscheinen.«
Vater Thomas verzog angeekelt das Gesicht. »Das mag sein! Aber das entschuldigt kein unedles Handeln.«
Sebastian riet ihm jedoch händeringend, seine Meinung für sich zu behalten, solange er in Kastilien weilte. »Herr Heinrich ist zwar als Sieger aus diesem Streit hervorgegangen, doch in Andalusien und hier in Galizien gibt es noch viele Anhänger seines Halbbruders, die eine von Peters Töchtern auf dem Thron sehen wollen. Man könnte Euch leicht für einen Freund dieser Leute halten.«
Widerwillig nickte der Pilgerführer. »Ich werde, was dieses Thema betrifft, mich nicht weiter äußern, denn davon hängt mehr ab als nur mein eigenes Leben. Schließlich bin ich für das Wohlergehen dieser braven Leute verantwortlich und auch für deines, du dummer Junge. Wie oft hast du gesündigt? Sage es offen und ehrlich!«
Sebastian blickte ihn mit großen Augen an.
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